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Deutsche Nornan-Sibliothek.
befahl, ihm eine Flasche Champagner Zu bringen, und bestellte ein Souper. Man brachte Beides.
Wieder wurde Taroczi ruhiger, als er sich gestärkt hatte, schrieb dann einen Brief an Eszter, worin er ihr anzeigte, daß er ihre Nachricht erst spät erhalten, ob des Todes seines alten, lieben, treuen Freundes bis in die tiefste Seele erschüttert sei und auch gleich abreiscn werde, sie möge ihn daher erwarten, er werde sich bloß in Pest kurze Zeit aufhalten und hoffe, sie bald zu sehen.
Wie gesagt, hatte sich Taroczi vorgenommen, Jda wachend zu erwarten, aber das Fleisch ist schwach, der Wein that seine Wirkung. Er schlief ein. Zwei- oder dreimal fuhr er auf; unheimliches Gejohle drang von der Straße herauf — er schlief wieder ein. Um zwei Uhr legte er sich zu Bette; er hatte neben sich nichts gehört.
Um ein Uhr aber war Jda nach Hause gekommen, sie hatte Taroczi's Brief auf dem Nachttische gefunden. „Ich werde ihn morgen lesen und mir mit seinen Grillen nicht die Nacht verderben," dachte sie, legte sich schlafen und löschte das Licht aus. Sie hörte noch, wie Taroczi zu Bette ging, und wunderte sich, daß er so spät nach Hanse gekommen sei.
Um sechs Uhr wurde Taroczi geweckt; er stand auf, kleidete sich an und horchte an der Verbindungsthür feiner Frau; es war dort mäuschenstille. Man hatte seine Koffer bereits hinabgetragen; selbst der Lärm, den die Träger machten, brachte kein Leben in das Nebenzimmer. Schon stand er auf dem Sprunge, hinabzusteigen in den Hof, er hielt aber an, öffnete die Thür, die zu seiner Frau Schlafgemach führte, trat zu ihrem Bette, ergriff ihre Hand und sagte:
„Jda — Du bleibst zurück?"
Jda erwachte, sie rieb sich die Augen, die gewaltig schielten. „Was willst Du?" fragte sie.
In dem Augenblicke sah er seinen Brief un- eröffnet daliegen.
„Du hast das Schreiben gar nicht gelesen?" fragte er.
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„Laß mich in Ruhe, ich bin schläfrig," antwortete sie wirklich schlaftrunken.
„Ich reise heim!" sagte er feierlich.
„Laß mich in Frieden!" stieß sie heraus und drehte sich der Wand zu.
„Also Du gehst nicht mit?" flüsterte er zwischen den Zähnen. „Jda, ich warte bis Abends, wenn Du mit mir kommst!"
Sie blieb liegen und gab keine Antwort.
„Jda," rief er, „wir sehen uns nimmer wieder — nimmer!"
„Meinetwegen!" war ihre kurze Antwort.
Taroczi ging fort, stieg die Treppe hinab, setzte sich in den bereit gehaltenen Wagen und reiste ab.
Kaum hatte Taroczi das Zimmer Jda's verlassen, als diese aufsprang, Licht machte und den Brief erbrach. Sie las Eszter's Zeilen; ihr erster Gedanke war, ihrem Manne zu folgen. Erst als sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, las sie Taroczi's Nachschrift. Bis sieben Uhr konnte sie nicht fertig sein; also Abends, dachte sie. Da fiel ihr das zweite Papier auf, das im Umschlag steckte. Es war die Geldanweisung. „Also hält er es für möglich, daß ich dableibe, während er reist?" Sie ballte Brief und Anweisung in einen Knäuel und warf diesen weit von sich weg. „Er hat weder Verstand, noch Gefühl," sagte sie sich selbst; „er will mich von sich entfernen," dachte sie darauf, und es dauerte nicht lange, so war er ein schlechter Mensch in ihren Angen, der sie gar nicht verdiene. „Ans Nimmerwiedersehen!" hatte er gesagt. „Es sei!" Das war der Schluß ihrer Gedanken.
Noch etliche Tage und die Wirren in Wien nahmen einen Verlauf, der selbst für Jda zu stark war. Sie entschloß sich, nach Hause zu reisen. Ein ehemaliger Gardist, jetzt Honvedhanptmann, ein Exaltado ersten Ranges, gab ihr das Geleite bis Pest.
Mehr als ein Jahr verging, ehe man von ihr hörte, nicht Taroczi, nicht Marosfalvy wußten, was ans ihr geworden.
(Schluß folgt.)
Aus der neuen deutschen Lyrik.
An die weißen Rosen. Ron Hermann v. Bequignolles.
(Ungedruckt.)
Kennt ihr die Mär vom Röslein weiß,
Das roth ward über Nacht?
Ls blühte, aller Rosen Preis,
Lin Blümchen einst wie Schnee und Lis.
6) Röslein, habe Acht.
In stiller Nacht bei Röschens Strauch Lin Flüstern wurde laut.
Durch Busch und Dorn ging warmer pauch — Ls küßten wohl nach altem Brauch Sich Bräutigam und Braut.
Schneeröschen ward so warin zu Sinn Von unbekannter Glut, palb schämte sich's, halb horcht' es hin, Und dann, so wahr ich ehrlich bin, Ward's plötzlich — roth wie Blut.
Am andern Morgen — Alles lacht — tVar's nicht mehr weiß wie Schnee, Stand da in Purpurglutenpracht. — Ihr weißen Röslein, habet Acht,
Daß euch's nicht so ergeh'.