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sich aus dem Staube zu machen. Aber er wollte nicht feig scheinen, er lud alle seine Gewehre und stellte an jedes Fenster eines. Jndeß trat ihm die Idee, abzureisen, doch täglich näher, und als der Bote, den er zu Szentas um Fortsetzung der Mode- Zeitung geschickt hatte. Zwar Zwei Blätter brachte, aber Zugleich die Botschaft, daß Szentas übermorgen nach Klausenbnrg zögen, so meinte er bei sich, daß ihm wohl auch nichts übrig bleiben würde, als ein Gleiches Zu thun.
Jedoch wollte er sich vorerst noch mit einem Nachbar besprechen, von dem er sicher glaubte, daß er aushalten würde, wenn ja Einer in der Gegend. Kereszti ließ daher satteln, ritt zum alten Goba Peter, der Gutsbesitzer und Prokurator Zugleich war und fast nur die Prozesse der walachischen Unter- thanen gegen ihre Herren geführt hatte, daher bei den Walachen in gutem Ansehen stand.
Aber der Mann hatte sich auch schon geflüchtet, nachdem ihn seine früheren Klienten nahezu ausgeplündert.
Jetzt wurde ihm bedenklich zu Muthe und er trat den weiten Rückweg an.
Als er etwa noch eine Stunde von seinen: Hause entfernt war, kam er in's Abenddnnkel hinein; er mußte im Schritt reiten. Plötzlich donnerte ihm aus Ziemlicher Entfernung ein „Halt! wer da?" „Line j68te?« „Wer ist es?" entgegen. Joska hielt sein Pferd an. Bald war er von Puskaträgern in Opin- tschen umringt, die ihn Zn ihrem Lieutenant, ebenfalls einem Walachen, brachten.
Eine Patrouille des Hatzeger Landsturms war's. Kereszti kannte keinen der Helden, keiner derselben ihn.
Da Herr von Kereszti vollkommen walachisch sprach, so ging das Verhör, dem er unterzogen wurde, leicht von Statten; aber die Folgen waren doch fatal, da er absteigen mußte und in einen ziemlich entfernten Ort geführt wurde, wo der Tribun im Quartier lag. Dieser aber war nicht zu Hause, und obwohl die Ortsleute bestätigten, daß Herr von Kereszti nicht allzu weit von hier wohne, ein ruhiger Mensch und, wie der walachische Ortsrichter selbst angab, ein ungefährlicher Narr sei, der keinen Schaden thue, so mußte er doch die Nacht dort Znbringen, während der Herr Lieutenant selbst zum Tribun ritt und sich hiezu das Pferd Joska's nicht allzu artig ausbat.
Erst des andern Tages gegen acht Uhr kam der Tribun auf Joska's Rosse angeritten und machte diesem den Vorschlag, ihm das Pferd Zu verkaufen, da er es sehr gut brauchen könne. Joska nannte den Preis und der Tribun stellte ihm einen Schuldschein über dreihundert Gulden aus, welcher nach Verlaus eines Jahres Zahlbar sein sollte, übergab
Herrn von Kereszti und fügte bei, daß der Herr nun frei sei und hinziehen könne, wohin er wolle.
Ungläubig sah Herr von Kereszti das Dokument an, suchte die unleserliche Unterschrift zu euträthseln und hätte es dem Herrn Befehlshaber gerne vor die Füße geworfen — aber Klugheit rieth ihm, gute Miene zu machen; er erbat sich einen Passirschein, Zog, als er ihn hatte, den Hut tief ab, machte sämmtlichen Herren submisse Komplimente und trollte sich zu Fuße heim.
Zu Hause packte er das Nöthigste ein, übergab dem tauben Biro die Schlüssel, erlaubte der alten Haushälterin, da sie in Thränen gebadet ihren Herrn beschwor, sie nicht von dem fürchterlichen Volke massa- kriren zu lassen, mitzufahren, und reiste mit Hülse des Passirscheines, der ihm gute Dienste leistete, nach Klausenburg ab.
Kereszti war ein Gewohnheitsmensch; die erste Zeit siel ihm das halb städtische Leben schwer, aber nach einigen Wochen sing es an, ihm zu behagen. Er hatte einen stillen Winkel im Kasino entdeckt, wo er ungestört lesen konnte; dort saß er alle Vormittage und ftudirte sich in die verwickelten Fragen hinein, die sein Vaterland bis auf den Grund aufgewühlt hatten, und Nachmittags verarbeitete er den Stoff mit Gleichgesinnten bei der türkischen Pfeife und beim schwarzen Kaffee. Abends besuchte er Szentas und bat Karoline, ihm auf dem Klaviere vorzuspielen, was sie auch gerne that; manchmal fand er auch Major Solymossy mit seiner Gattin Jlka dort; die Herren hatten einen sichern Berührungspunkt: die Jagd, und ergingen sich in Projekten für die Zeit, wo man wieder dem edlen Waidwcrke würde obliegen können.
Jlka schien sehr zufrieden zu sein und die alte Freundschaft Zu Karolinen war offenbar wieder erwacht. Solymossy meinte, Taroczi habe gar nichts Soldatisches an sich, sonst hätte er nicht so unsicher in der Welt herumtappen können, war aber froh, daß es so kam, denn er habe es dadurch sehr gut getroffen.
In diesem Kreise fand sich Kereszti behaglich. Niemand widersprach ihm, Niemand war ihm überlegen, was er sagte, wurde als Orakel hingenommen, und im Grunde war auch Alles, was er redete, grnndgescheidt, praktisch und hatte dabei immer Nachklänge civilisirten Lebens und westländischer Anschauungen. Es beirrte ihn nicht, daß Karoline den Csardas öfters spielte, als gerade wünschenswerth, nicht, daß Herr von Szenta die Geschichte vom Grasen Feri und Mendel mit neuen Variationen zum zehnten Male vorbrachte und Feri den nobelsten aller lebenden Menschen nannte, der sehr reich sein müsse, um solche Stückchen anfzusühren, der aber doch wisse, sein Geld zu verwenden;, „in Wohlthaten, amieo!" pflegte er zu sagen, „in Wohlthaten!"
„Ja, zu sechs Prozent," antwortete stets Kereszti, was Herrn von Szenta aus dem Texte brachte und woraus er gewöhnlich die Antwort gab, daß es doch jammerschade sei, daß Graf Feri nie daheim bleibe und man ihn daher nie genießen könne.
Nach und nach, wie gesagt, gewöhnte sich Kereszti an dieses Leben so sehr, daß ihn der Brief seines Verwalters, worin dieser anzeigte, daß die Wirren, daher auch die Gefahren nahezu vorüber seien, er daher recht bald nach Hause kommen möge, unangenehm berührte. Kereszti schrieb ihm auch gleich Zurück, daß er vorderhand — es war Juni 1849 geworden — noch nicht nach Hause kommen könne, daß der Herr Udvar Biro daher das Nöthige thun solle, um die Wirthschaft in Gang zu bringen.
Dem ersten Brief folgte ein zweiter; prinzipielle Fragen seien zu lösen — schrieb der Hofrichter —