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(1885) 46
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Lösliche Bande von B. Ada.

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auch habe er Einquartierung und, wie er höre, wünsche die Regierung, daß der Herr das Amt eines Stuhlrichters übernehme, er bäte daher, recht bald zurückkommen zu wollen.

Noch immer zögerte Herr von Kereszti; er saß Vormittags im Kasino, und man hätte ihn öfters laut lachen hören können, wenn er von entscheidenden Siegen der Honveds las und von vollster Nieder­lage der Feinde, wenn er nicht eben allzu abseits von dem eigentlichen Lesesaale gesessen wäre.

Mittags ließ er sich's Wohl sein bei Louis' Küche, dessen grüne, kalte Sauce ihm sehr gut mundete, und nach dem Essen nahm er sich kein Blatt vor's Maul und las seinen alten Bekannten tüchtig die Leviten. Der Muth war ihm gewachsen, der Ausgang des Konflikts ließ für ihn keinen Zweifel über und er sprach so klar und verständig, daß den Exaltirtesten nichts übrig blieb, als Zu schweigen.

Bald darauf erhielt er ein Schreiben vom Kom­mandanten der österreichischen Truppen, welches ihn aufsorderte, die Leitung des Komitats, in welchem er wohnte, zu übernehmen.

Er zeigte es allen seinen Bekannten und sprach sich dahin aus, daß ihm nichts übrig bleibe, als dem Ruse zu folgen. Niemand hatte den Muth, zu widersprechen. Als er Abends erzählte, welche Mission ihm drohe, Zögerten Alle, ihre Meinung abzugeben; nur Karoline sprach sich unbedingt dafür aus. Man leiste dem Vaterlande den größten Dienst, äußerte sie sich, wenn man helfe, Ordnung zu machen, es handle sich nicht um die Art der Ordnung, bloß um Ordnung, welche immer; jede müsse als willkommen betrachtet werden; sie sei der Meinung, daß Derjenige dem Vaterlande den größten Dienst erweise, der nicht Egoist sei, sondern der Nation helfe, indem er der Ordnung diene.

Tags darauf erhielt Karoline einen Brief, worin sie Kereszti fragte, ob sie sich entschließen könnte, die Mission, die er annehmen wolle, mit ihm zu theilen; er könne ihr nicht viel, aber doch eine sorgenfreie Existenz und eine Zukunft bieten, wie sie in früheren Zeiten von Siebenbürger Frauen nicht verschmäht worden sei; was seine Person beträfe, so würde er ihr für ihren Zustimmenden Entschluß stets und immerdar dankbar bleiben und sein. Er bat sie, sich die Sache zu überlegen, da er Wohl ein alter Bursche sei und seine Grillen habe, aber häusliche Ordnung zu schätzen wisse, und schloß damit, daß er eine ablehnende Antwort zwar sehr bedauern würde, aber natürlich fände und diese an ihrem Verhältnisse gar nichts zu ändern im Stande wäre, weßhalb er hoffe, daß ihm ihr Haus auch künftig nicht verschlossen bleiben werde.

Karoline kam der Brief wie vom Himmel ge­fallen. Sie ging zu ihrem Vater und bat ihn, den Brief Zn lesen. Dieser that es in gewohnter gravi­tätischer Weise, und nachdem er die Brillen zurecht gelegt, las er; inmitten des Lesens schaute er seine Tochter bedeutsam au und am Schluffe sagte er zu ihr:Ja, diesen Antrag mußt Du annehmen." Da­bei rückte er die Brillen abwärts, schaute über sie hinüber und lächelte so freundlich und gutmüthig,

daß Karoline nicht umhin konnte, ihm um den Hals zu fallen und ihre Zustimmung zu geben.

Der Vater übernahm es, Kereszti's Brief Zu beantworten; er that es nach einer langen Einleitung in wohlgesetzter Rede, formell so richtig, daß die Zeit Louis XIV. damit Zufrieden gewesen wäre.

Nun kam Herr von Kereszti selbst, dem seine Zukunft wieder liebenswürdig erschien, seit er an sie denken konnte, ohne an Fritzi erinnert zu werden; versprach seiner Braut, sich alle Gar^ongewohnheiten abzugewöhnen, und reiste ab, die Hochzeit bis dahin vertagend, wo wieder Licht in die staatlichen An­gelegenheiten gebracht sein würde.

Im Herbste 1849 wurde die Hochzeit gefeiert und Herr von Kereszti führte feine Frau auf das Gut der Marosfalvy, welches er mittlerweile ge­pachtet hatte.

Fünfzehntes Kapitel.

K ü ck k ehr zum Alte n.

Kaum vierundzwanzig Stunden hielt sich Taroczi in Pest aus; nur ein paar Freunde sah er; sie schilderten ihm die Lage überaus schwarz. Kopf und Herz wurden ihm gleich schwer. Noch versuchte er es, sich mit einer der leitenden Persönlichkeiten in Verbindung zu setzen, aber Niemand war zu finden, die Verwirrung hatte einen überhohen Grad erreicht.

Trostlos stellte sich ihm die allgemeine, trostlos die eigene Lage dar. Ihm bangte um das Vater­land, und was fein Geschick betraf, so fühlte er, daß nichts als Chaos herrsche. Den einzigen An­haltspunkt für den Augenblick gewährte ihm Eszter's Brief. Er konnte zwar nur mit Zagen an die Heimat denken, an den Verlust Szabo Gyuri's, an die Wirren, welche Eszter zur Bitte zwangen, die sie gethan. Dessenungeachtet bot ihm der Gedanke an Eszter einen Ruhepunkt und mit Sehnsucht maß er die Distanz zwischen Pest und feinem Geburts­orte, es drängte ihn heim, so wie es ihn fortdrängte aus der ungarischen Hauptstadt.

Gerne hätte er Verhaltungsregeln mit sich ge­nommen, aber er hielt es nicht länger aus, miethete einen Wagen und fuhr so schnell als möglich nach Hanse.

Nach drei Tagen langte er in Maros Vasarhely au, wo er den politischen Stand der Dinge in Siebenbürgen näher erklärt erhielt. Die soziale Be­wegung der Massen hatte er schon während der Reise zu sehen Gelegenheit gehabt und war nicht wenig darob erschrocken.

Er eilte heim; sein erster Gang war zu Eszter. Er fand sie auf ihrem gewöhnlichen Platze. Als er eintrat, ging es wie ein Lichtschein über ihr Gesicht; als ihr aber Taroczi die Hand reichte, als ihm die Thränen in die Augen traten und die Worte fehlten da erschloß sich auch ihr Thränenquell, sie be­deckte ihr Gesicht mit beiden Händen und schluchzte laut. Taroczi war tief ergriffen. Alles, was ihm widerfahren, zauberte das böse Gedächtnis; vor seine Seele, und wenn er sich dießmal weniger fassen konnte als sonst, gab er sich doch auch weniger Mühe, seiner Bewegung Herr zu werden. Für ihn, der von der langen Reise noch dazu körperlich au-