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Deutsche Roman-Bibliothek.
ein, die ohnehin nicht Zu seinen Gunsten ansfallen konnten.
In Widdin verließ sie ihn, um nach Hause zu gehen; dort hatte sie den Tod ihres Vaters erfahren.
Kaum zu Hause angelangt, erschien Doktor Varga mit seinen Propositionen. Es blieb ihr nichts übrig, als sie anzunehmen.
Auch hier zögerte sie noch, aber ihre Zweifel schwanden bald, als sie hörte, daß Taroczi entschlossen sei, Eszter heimzuführen; sie verpachtete ihre Güter und reiste nach Konstantinopel.
Herr von Bermiansky bewarb sich dort um eine Anstellung, aber ohne Moslim zu werden, ging es nicht, und hiezu fehlte die Energie. Als Jda dort anlangte, fand sie ihn nahezu in Verzweiflung und Noth.
In Konstantinopel wurden sie getraut und bald darauf reisten sie nach Paris ab.
Dorthin schrieb ihr Herr von Kereszti, daß die jüngere Linie der Marosfalvys die Herausgabe der avitischen Güter fordere und wahrscheinlich, ja fast gewiß reüssiren würde, da ja Jda keinen Bruder habe und mit ihr die ältere Linie erlösche. Da das Allodvermögen ein sehr kleines war, so traf sie diese Nachricht schwer, um so schwerer, als Herr von Bermiansky's Eigenschaften auch im 6omits äss Rekuzisg bald durchschaut worden waren und eine Rolle für ihn nicht in Aussicht stand.
In Paris war es, wo sie mit Graf Feri wieder zusammenkam, der ihr schwere Vorwürfe über ihre unpraktischen Entschlüsse machte. Sie bat ihn, seinen Einfluß geltend zu machen, daß sie und ihr Gemahl die Bewilligung zur Rückkehr erhielten. Graf Feri sagte zu, that aber nichts.
Es verflossen Jahre, bis eine Amnestie die Rückkehr ermöglichte. Von der Nothwendigkeit gedrängt, trat sie das Ehepaar an.
Die jüngeren Marosfalvys hatten gesiegt. Jda blieb bloß ein Gut und die Entschädigung für Super- ädifikate im Betrage von etwa zwölftausend Gulden. Diese Rente reichte nicht mehr hin, um in Paris zu leben.
Jda zog mit ihrem Manne auf das kleine Gut.
Sie war kaum mehr zu erkennen. Ihr Kopf hing etwas nach vorwärts, sie lachte nie; ihr Augenwinkel war konstant zu eng geworden-, sie schielte förmlich; auf ihre Kleidung hielt sie nicht das Geringste und ihr Mann durfte auch den Mund nicht öffnen, ohne gerügt zu werden. Sie blieb kinderlos.
Die Nachbarn gaben sich alle Mühe, Jda wieder in die Welt zu bringen. Vergebens. Nur einmal sah man sie noch; das war beim Leichenbegängnisse des Herrn von Szenta, des guten alten Herrn, den alle Leute liebten. Am offenen Grabe stand sie neben Eszter, neben Jlka und neben Taroczi!
Kereszti's Kopf steckte tief zwischen den Achseln, er sagte lachend zu Karolinen: „Da steht er mit seinen drei Weibern!"
Karoline warf ihm einen vorwurfsvollen Blick
zu und Kereszti zog die Augenbrauen hoch in die Höhe!
Man ging nach der Ceremonie in's Haus Karo- linens, wo das Todtenmahl statt hatte.
„Haben Sie gelesen," fragte Kereszti Herrn von Taroczi, „was der ,Közlöny' gestern brachte?"
„Nein," antwortete Taroczi, der seinen ältesten Sohn, ein hübsches Bürschchen von fünf Jahren, an der Hand hielt. „Was gibt es Neues?"
„Feri ist im Duell erschossen worden," antwortete Joska. „Lesen Sie doch die unbegreifliche Notiz; er hat sich schlagen müssen, heißt es dort, ich kann das nicht glauben."
„Möglich ist Alles," antwortete Taroczi, drehte sich um und sah Eszter neben Jda stehen. Eszter hatte Jda's Hand in der ihren und beiden Frauen flössen die Thränen über die Wangen.
Taroczi hob seinen Buben in die Höhe und wollte, daß ihn Eszter küsse, aber Jda drehte ihn herum und hielt den armen Kleinen lange, viel zu lange umschlungen, denn der kleine Miska fing heftig zu weinen an.
Siebenzehntes Kapitel.
Ewig jung.
In der Rue de Seize, rechts, bevor mau zum Hotel gleichen Namens kommt, befindet sich eine Blumenhandluug. Ein Garten eo miniature, echt französischer Chik! Wie der kleine Raum benützt ist! Alles, was die Hortikultur liefern kann, steht dort im geschmackvollsten Ensemble und Bouquets liegen bereit; man möchte sie alle kaufen!
Mitten drinnen sitzt eine korpulente Frau in den besten Jahren, sie ist in blaue Seide gekleidet und trägt eine Haube mit blauen Schleifen.
„Madame Fichere" steht auf dem Portale des Gewölbes.
Ein junger Mann in blauer Blouse tritt ein und trägt ein halbes Dutzend Töpfe in den Armen. Nachdem er die Schwelle überschritten, sieht er sich um, stellt die Blumen auf den Tisch, nähert sich der Frau, die lächelnd ihren Kopf erhebt und ihm den Mund hinreicht. Er drückt ihr einen tüchtigen Schmatz auf. Sie lacht; er grinst sie selig an.' Nochmals schaut er um sich — noch sind sie allein.
„Nun werden Sie mich doch heirathen?" sagte der Gärtnerbursche zu seiner Herrin.
„Freilich," antwortete sie gedehnt, indem sie fortfuhr, das Bouquet zu binden, das sie eben in der Arbeit hatte, „freilich."
„Aber wann denn?" fragte der Bursche.
„Das werden wir schon sehen," erwiederte sie, „noch kann ich's Dir nicht sagen."
„Bald, Madame?" entgegnete er, die Mütze in der Hand drehend.
„Ja, bald," sagte sie, „vielleicht schon nächstens, aber bestimmen läßt sich's noch nicht, Du bist jedenfalls ein charmanter Bursch."
Es blieb indeß beim löslichen Bande.