Heft 
(1890) 36
Seite
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Helgoland Deutsches Kond.

ist ein seltener Fall in unserer Zeit, daß ein Stück europäisches Land ^ nicht infolge eines blutigen Wassenganges, sondern lediglich durch freie diplomatische Vereinbarung aus dem Besitze des einen Staates übergeht in den eines andern. Der yochbedeutsame Vorgang, die Uebergabe der Insel Helgoland seitens Englands an Deutschland, hat sich in den Tagen des 9. und 10. August dieses Jahres abgespielt mit dem ganzen Ernst und der Würde, wie sie einem solchen Akte heute zukommen. Helgoland ist jetzt von Rechtswegen das, was es auch unter englischer Herrschaft thatsächlich gewesen deutsches Land.

Schon bei dem ersten Bekanntwerden des deutsch-englischen Abkommens, in welchem die Abtretung Helgolands an Deutschland vorbehaltlich der Ge­nehmigung des britischen Parlaments ausgesprochen war, hat dieGarten­laube" wie sie zuversichtlich glaubt, im Sinne aller ihrer Leser der hohen Freude und Genugthuung des deutschen Volkes über diese friedliche Wiedergewinnung eines verloren gegangenen Stückes deutscher Erde Ausdruck gegeben. Es bleibt ihr heute nur noch die Aufgabe, die Feierlichkeiten kurz zu schildern, unter denen dasGrüne Eiland" in den Verband des Deutschen Reiches ausgenommen wurde, und von denen unsere Abbildungen die her­vorragendsten Züge scstzuhalten bestimmt sind.

Noch am Abend des 8. August wußte man auf der Insel nicht genau, um welche Stunde die Uebergabe erfolgen würde. Nur, daß der folgende Tag, der Sonnabend, für die Förmlichkeit ausersehen sei, das wußte man, und daß der erste Sonntag des deutschen Helgolands ihm den Besuch seines Kaisers bringen werde. Auf der ganzen Insel herrschte geschäftiges Treiben; im Konversationshause des Seebades rüstete man sich für die Festmahlzeiten, und der Fremdenzustrom war ein ungeheurer, fast zu groß für die bescheidenen Räume, die zur Verfügung standen.

Schon herrschte völlige Dunkelheit, da wurden an den üblichen Stellen Plakate angeheftet, in welchen der englische Gouverneur Barkly den Bewohnern der Insel Mittheilnng machte, daß am 9. August nachmittags IU 2 Uhr der Vertreter des deutschen Kaisers, der Staatssekretär'v. Boetticher, eintreffen würde,

ZI

Die Ileöergaöe der Inset im Harten des Honverneurs.

UM von Helgoland Besitz zu ergreifen. Er forderte die Beamten und Einwohner auf, sich zu der angegebenen Zeit an der Landungsbrücke einzufinden und dort den Minister zu empfangen.

Und so geschaht. Zur vorgeschriebenen Stunde erschienen in Sicht der Insel die deutsche KorvetteVictoria" und der AvisoPfeil"; beide Schiffe umfuhren die Insel und bald nach 3 Uhr brachte ein Boot des

XXXVIII. Nr. 36.

Der Kaiser vetritt Kekgotand.

Pfeil" die deutschen Beamten an die Landungsbrücke. Ta kam außer dem Minister der Korvettenkapitän Geißler, der künftig die militärische und die maritime, und der Geheimrath Wermuth, der die bürgerliche Verwaltung der Insel führen soll, und mit ihnen verschiedene andere höhere Beamte., Nach kurzer Begrüßung ging es sofort hinauf nach dem Ober­lande, nach dem Garten des Gouverneurs, wo englische Matrosen