nun nochmals ihnen auferlegten Mühsal der Aistage und Einrichtung, daß dies die dritte Einwvhnurrg Gottes in der Welt sei, wie sie nach der Bibel stattfinden müsse, ehe das tausendjährige Reich allen Prüfungen der Auserwählten ein Ende bereite. Und triumphirend konnte er dann bald auch auf den großen Owen verweisen, der mit allen seiner: Geldmittel!: nichts von seiner: kommunistischen Glückseligkeitsverheißungen erreicht habe, während er, der Erleuchtete Gottes, auch zum dritten Mal seinen Getreuen den christlichen Staat der Bruderliebe und Gütergemeinschaft herrlich auferrichte.
Ir: der That erstand Economy glänzender, als die beiden Gründungen vorher gewesen waren. Die Häuser wurden aus Backsteinen erbaut, es gediehen die angelegten Obstgärten und Weinberge, die Aecker und Weiden. Es gab auf der Rappscher: Kolonie das beste Vieh, die besten landwirtschaftlichen Maschinen, aufblühende Fabriken und Gewerbebetriebe. Der große Wohlstand war allen ersichtlich und weit und breit stand die Gemeinde wegen ihrer Leistungskraft wie wegen der Sparsamkeit, Rechtschaffenheit, Wvhlthätigkeit, Gastfreundschaft und strengen Ehrbarkeit ihrer Bewohner in hohem Ansehen. Diese waren jetzt unzweifelhaft Millionäre, und doch lebten sie wie Sklaven, indem nicht nur ihre spartanisch einfachen Leibesbedürfnisse, sondern auch ihr Seelenleber: ganz nach der unbedingten Willkür ihres Patriarchen bestimmt und geregelt wurden.
Rapp und sein Adoptivsohn bewohnten dagegen das größte und festeste Haus in Economy, hielten zu ihrem Vergnügen vier- prächtige Pferde, aßen und tranken köstlich und arbeiteten fast gar rächt mehr. Rapp fühlte sich als König in seinem selbsterschaffenen Reich und ließ sich daher von seinen Unterthanen reichen, was er brauchte. Sein Wille als der eines göttlicher: Gesandten galt als unumstößliches Gebot, und er verkündete ihr: sowohl in der: Predigten, die er zweimal wöchentlich abhielt, wie abends in den gemeinsamen Unterhaltungen, die mit Gebet und Gesang begonnen und beschlossen wurden.
Mehr und mehr ging es freilich mit der Mitgliederzahl der Gemeinde, die mit tausend etwa ihrer: Höhepunkt erreicht hatte, rückwärts, theils durch Tod, theils wegen der zum Dogma gewordenen Ehelosigkeit, theils weil die Jüngeren es nach Erreichung ihrer Volljährigkeit vorzogen, die Kolonie zu verlassen, obgleich sie sich damit ihrer Anrechte auf deren Vermögei: ent- schlugen und gewöhnlich für ihre zehn- bis fünfzehnjährige Arbeitsleistung nur mit einem Hundertdollarschein unter arger: unchristlichen Flüchen abgespeist wurden. Auch fuhr der böse Geist in manches Haus und brachte den Glauben an Rapps Verheißungen vom Gottesreich ins Wanken. Als endlich das verkündigte Erfüllungsjahr 1829 kam und sich nichts erfüllte, brach mehrerer: die Geduld und sie verließen Economy.
Da ereignete sich etwas, was Rapp sogleich mit der ihn: eigenen Klugheit zur Beschwichtigung der Zweifler benutzte. Aus Europa lief ein bogenlanges Schreiben ar: ihn ein mit der Einleitung: „Friede, Gnade und Barmherzigkeit, wie auch Heil und Segen werde den: alten Patriarchen Georg Rapp und seiner: Mitvorstehern, wie auch der ganzer: in Gott vereinigter: Gesellschaft der Harmony zu Theil." Dieses Schreiben kündigte Rapp die nahe Ankunft des wahren Gesalbter: Gottes an, der bei ihn: den Thron des neuen Jerusalems aufrichter: wolle, und war unterzeichnet von dem Geheimsekretür des Propheten Proli, den: 1)r. Göntgen profanen Namens.
Rapp war immerhin noch Schwärmer genug, um zunächst an der: neuen Gottgesandten und die von ihm angekündigte Aufgabe zu glauben; jedenfalls hielt er es für seinen Zwecken förderlich, die Sache in seiner Gemeinde so darzustellen, daß Christus zuerst im Geist und, wenn er durch den Dienst dieses seines Gesandten Proli die Guten olle gesammelt habe, dann auch leibhaftig erscheinen werde. Er antwortete daher dem europäischer: Propheten, daß er ihn hofsnungsfreudig erwarte, wobei er freilich mit Schlauheit verschiedene Frager: that, deren Beantwortung er zuvor erwarten müsse. Proli, von dessen abenteuerlichem Treiben und Leben die „Gartenlaube" im Jahre 1867* eine ausführliche Schilderung unter dem von ihn: geführten Titel eines „Herzogs von Jerusalem" gebracht hat, beliebte nicht, den: amerikanischen Patriarchen Bescheid darauf zugehen zu lasser:, und darüber ge-
* Nr. 21 und 22.
^ rieth besser: Gemeinde ir: rächt geringe, für Rapp höchst verdrieß- ! liehe Unruhe. Dein: es trieben ir: seinen: Reich ersichtlich Zweifel ! und Unzufriedenheit aus religiöser: wie aus sehr egoistischer: Ursachen ! einer Krisis zu, die das Werk seines Lebens zu vernichten drohte.
! Er athmete daher auf, als er endlich nach zwei Jahren vor:
! New-Pork die Nachricht amtsmäßig erhielt, daß Proli, nunmehr ! königliche Hoheit Erzherzog Maximilian vor: Este sich zeichnend,
! als „Gesalbter Gottes vom Stamme Juda und vor: der Wurzel ^ David", sich persönlich und zwar zuerst incognito unter dem Namen ^ Graf Leor: bei ihm einsteller: werde. In dieser Mittheiluug wurde ^ auch zu verstehen gegeben, daß der mit vornehmen: Gefolge an- ! kommende Prinz in: Besitze großer Geldmittel sei, und das Ge- ^ rücht drang zr: Rapp, Graf Leor: habe rächt weniger als ^ sechs Millionei: Thaler, um das himmlische Reich der Herrlichkeit ^ mit allem irdischer: Glarrze einznrichten. Dieser Umstand be i stimmte Rapp, den Gast mit aller ihm wegen seiner göttlicher:
! Eigenschaft gebührender: Auszeichnung zu empfange:: und allem j zu vertraue::, was er ihn: so feierlich angekündigt hatte.
! Im Oktober 1831 kam der als Graf Leon verkappte Reichs- j gründer mit seinem Gefolge von 46 Personen au und wurde > auf Rapps Veranstaltung mit Pauken, Trompeter:, Hörnern und i Pfeifer: empfangen. Ganz Economy war in Freuden und Wonne,
! da nur: die Zeit des Harrens und der irdischer: Mühsal zu Ende i sein sollte. Proli, der königliche Herr, der schöne Prophet mit dem bärtiger: Christusgesicht, der seine, liebenswürdige Schwärmer, welcher das Glück der Menschheit in den Falter: seines wallender: Gewandes trug, wurde vor: alt und jung als der Gottgesaudte verehrt, und man bereitete ihm mit seiner: Leuten ein so angenehmes Leben, wie er es beanspruchte.
Von der: sechs Millionen irdischer: Thalerr: sah man jedoch nichts, und bald merkte Rapp, daß er vor: einem abgefeimten Schwindler ausgebeutet wurde. Er konnte wohl nach gewisser: Anzeichen schließen, daß Proli, nachdem er ir: Europa seine mystischer: Pläne nicht hatte durchführen können, nur nach Amerika gekommen sei, um sich bei der: schwärmerischen schwäbischer: Bauer:: von Economy in Anseher: zu setzen, ihren Patriarchen zu ver ! drängen und dessen Gut sich auzueigneu. Schon schwur auch ein Drittheil der Gemeinde mehr auf der: Grafen Leor: als auf der: alten Rapp, und diesen: wurde es wahrscheinlich, daß eine Revo- ! lution in dem heiligen Economy ausbrechen, der fremde Aben- ^ teurer als Usurpator sich ar: die Spitze seiner Anhänger stellen ^ und das Kastell mit dem Bundesschatze stürmen werde. Da entschloß er sich zur rechter: Zeit noch, so schwer es ihr: auch au- kam, in den Schatz zu greifen und sich vor: der Prolischeu Einquartierung loszukaufen. Der schöne Prinz trieb die Abfinduugs- ^ summe bis auf 105 000 Dollars, weil er etwa 250 Gemeinde Mitglieder mit sich nehmen wollte und diese ihren Arrtheil aus ! Rapps Kasse ausgezahlt erhalte:: mußten. Damit zog er endlich ! ab, um die Gründung seines himmlischen Reiches nach Philipps- ! bürg am Ohio, nur zehn englische Meilen von Economy, zr:
^ verlegen. Diese so gefährliche konkurrirende Nachbarschaft war ! natürlich dem schwäbischer: Gottgesandter: nichts weniger als arr- ' genehm; aber schon nach zwei Jahren wurde ihm die hohe Ge- ! nugthuung, daß Prolis Koloräeversuch wie einst der Owensche - schmählich verkrachte und der bankerotte Gründer dann auch spurlos ^ verschwand.
! Wie stand nur: Rapp wiederum ir: der: Augen der ihn: treu ! Gebliebenen da! Ware:: ihm auch durch der: Einbruch Prolis ! eir: paar Hundert abtrünnig geworden und verloren gegangen,
^ so hielt die verkleinerte Gemeinde doch desto zuverlässiger zr: ihr::.
^ Sie fühlte sich noch inniger mit ihn: und unter sich verwachsen,
' als Rapps Adoptivsohn Reichert 1834 starb und somit das ge- ! sammelte Vermögen, als Familienfideikommiß für ihr: hinfällig,
^ nach seinem Tode lediglich Gemeindeschatz Werder: mußte.
^ Fortan blieb auch die Kolonie vor: neuen Stürmen ver- ^ schont, und trotz ihres fortschreitender: Rückgangs ar: Mitgliedern gedieh sie immer mehr. Mit dieser Thatsache mußten sich die ' Gemeindeangehöriger: über die Täuschung bezüglich der Ankunft ^ des Heilandes zur Eröffnung des tausendjährigen Reiches trösten.
Am 7. August 1847 starb Joh. Georg Rapp als eir: nennzig- ^ jähriger Greis ir: den: Glauben, daß sich doch nächstens seine Weissagung erfüllen werde, und ir: den: Bewußtsein, daß er seiner Aufgabe gerecht geworden sei und das Urbild einer christ ! liehen Gemeinde wieder aufgestellt habe. Sein Werk blieb auch