nicht hin, den Bedarf des Landes zu decken. Um so mehr müssen mir darauf bedacht sein, unseren Schah zu hegen und wenn möglich Zu vermehren. Das traurige Beispiel anderer Länder, die ihren Waldreichtum vergeudeten, sollte uns schrecken. Denn auch mit der Berechnung des Geldwertes ist die Bedeutung des Waldes nicht erschöpft. Hängt doch sogar die Kulturfähigkeit eines Landes von der Bewaldung ab! Sie allein ist imstande, den Flugsand zu befestigen, sie schützt an den Meeresküsten das fruchtbare Ackerland vor dem schädlichen Einfluß heftiger Winde.
Am allerwichtigsten ist die Bewaldung der Berge. Wo menschlicher Unverstand, von kurzsichtigem Eigennutz verleitet, die Berge entblößt hat, da versiegen die Quellen. Den Boden ausdörrende Trockenheit wechselt mit gefahrbringenden Wasserstürzen- die mit unheimlicher Kraft und Schnelligkeit des Menschen Wohnung und Wirtschaft Zerstören. Es fehlt eben der Wald, der das vom Himmel fallende Wasser ausspeichert und tropfenweise den Rinnsalen zuteilt. Wie groß der klimatische Einfluß des Waldes ist, läßt sich schwer feststellen, aber seine lokale Bedeutung ist erwiesen. Beispiele dafür gibt es auch bei uns. Das traurigste ist wohl das der Nehrungen am Frischen und am Kurischen Haff. Dort vernichtete der Flugsand nach dem Niederschlagen des Waldes ganze Dörfer. Mit unendlicher Mühe und gewaltigen Kosten werden jetzt die öden Sandflächen aufgeforstet. Ähnliche Folgen hat die Entwaldung im Westerwald, im Flachland von Hannover, am Niederrhein, in Schleswig-Holstein und in Westpreußen gezeitigt.
Die Erkenntnis dieser Bedeutung des Waldes ist noch nicht alt. Aber sie hat bereits zu energischen Maßregeln geführt, die sich nicht nur auf die Erhaltung unserer Waldbestände beschränken, sondern darüber hinaus durch Aufforstung von Odländereien neue Waldgebiete schaffen. Dagegen ist die Sorge um drohenden Holzmangel schon einige Jahrhunderte alt. Bereits im 16. Jahrhundert veranlaßte sie staatliche Verbote des Abholzens ohne nachfolgende Aufforstung. Und auch jetzt noch nimmt der Staat das Recht in Anspruch, die Forstwirtschaft der Waldbesitzer zu überwachen. Er geht dabei von der richtigen Ansicht aus, daß dem zeitigen Besitzer nur die Nutznießung zusteht, während der Wald als ewiges Kapital den Nachkommen erhalten bleiben muß.
Die Zeit ist noch nicht lange verschwunden, in der man den Wald nur als Jagdgebiet einschätzte. Erst als man seine volkswirtschaftliche Bedeutung erkannte, entstand die Wissenschaft, die empirisch die Grundsätze der Forstwirtschaft sammelte und theoretisch ausgestaltete. Sie ist manche Irrwege gewandelt und wohl auch heute noch nicht über alle Jrrtümer hinaus. So gelingt es ihr z. V. noch immer nicht, bei der Verjüngung des Waldes die Gefahren zu vermeiden, die durch Kahlhieb großer Flüchen hervorgerufen werden. Es ist durchaus nicht so leicht, wie man vielleicht annehmen könnte, Hunderttausende junger Vaumpflanzen zu freudigem gleichmäßigen Wachstum zu bringen und sie vor den vielen Feinden zu schützen.
Denn der Wald hat auch Feinde, böse Feinde, deren der Mensch nicht immer Herr zu werden vermag. Völlig machtlos ist er gegenüber den schädlichen Einflüssen der Witterung und Naturereignissen, die mit elementarer Kraft Hereinbrechen. Sie vernichten manchmal in wenigen Stunden alte prächtige Bestände. So fallen alljährlich viele Tausende von Bäumen den Stürmen zum Opfer. Sie hätten noch Jahrzehnte wachsen können, bis die Reihe an sie kam, gefällt zu werden. Nun liegen sie da, entwurzelt oder gar in der Mitte geknickt und gebrochen. Am meisten gefährdet ist die Fichte, vom Volksmund fast überall Tanne genannt. Sie treibt keine Pfahlwurzel wie die Kiefer, Äe mehr als metertief senkrecht in den Boden eindringt, sondern streckt ihre Wurzeln wagerecht in der Humusschicht aus. Dabei ist sie von unten bis oben mit Ästen bedeckt, die zahllose Nadeln tragen und dem Druck des Windes eine breite Ängriffsfläche bieten.
Auch Schnee und Frost find zwei mächtige Waldverderber. Wohl ist es ein prächtiger Anblick, wenn der dunkelgrüne
Nadelwald schneeverweht mit dicken weißen Linien umsäumt ist; aber mit Sorge sieht der Forstwirt die großen Schneeflocken bei Windstille dicht herniederfallen. Er weiß, daß sie sich zu einer Last anhäufen, unter der viele Bäume zusammen - brechen müssen. Hierdurch ist in erster Reihe die Kiefer gefährdet. Sie wird, um einen schnellen und schlanken Wuchs zu erzielen, in dichten Beständen gepflanzt, in denen der einzelne Baum sich nur behauptet, wenn er sich im Wachstum nicht von seinen Brüdern überflügeln läßt. So schießen denn die Kiefern rank und schlank in die Höhe, und der Verband gibt ihnen Schutz. Nur gegen den Schnee nicht. Auf der kleinen Krone häuft sich ein Klumpen auf, unter dessen Druck der Stamm sich zu biegen beginnt. Nun ist sein Schicksal besiegelt. Immer tiefer neigt sich der Wipfel unter der Last, bis der Stamm mittendurch bricht.
Wie Schüsse einer Treibjagd knallt's bei solchem stillen Schneefall in den Schonungen, und jeder Knall ist der Todes - schrei eines jungen Baumes. Aber auch die älteren leiden darunter; sie verlieren starke Äste, und in die Wunde dringt der Frost bis zum Mark. Im Gebirge kommt noch die Lawinengefahr hinzu. Donnernd saust eine Schneemasse von vielen tausend Zentnern bergabwärts, alles mit sich fortreißend, was auf ihrem Wege steht.
Das unheimlichste Naturereignis, das dem Walde Vernichtung droht, ist der Brand. Im Sommer, wenn in der Hitze Gras und Kraut verdorrt ist, wird der Funke, der aus dem Schornstein der Lokomotive fliegt, das achtlos fortgeworfene Streichholz, mit dem sich ein Wanderer die Pfeife angezündet hat, zum verheerenden Brande, der vom Winde angefacht mit unheimlicher Schnelligkeit große Bestände vernichtet. Nach vielen tausend Hektar bemißt sich z. B. die Fläche, die in dem heißen, regenarmen Sommer des Jahres 1904 von Feuer vernichtet wurde.
In vielen Fällen gelingt es, ein Bodenfeuer, das im hohen Bestände ausbricht, durch Ausschlagen mit grünen Ästen oder durch Aufschütten von Sand Zu bewältigen. Die alten Stämme, deren dicke Rinde etwas ankohlt, überstehen die Gefahr ohne ernstliche Schädigung. Aber wenn das Feuer zu spät bemerkt wird oder starker Wind seinen Fuß beflügelt, dann sprühen die Funken auf und fliegen davon, das Feuer überholt sich selbst. Nun springt es gierig an eine haushohe Kiefernschonung heran. Dort ist der Boden mit trockenen Ästen bedeckt, neben jedem grünen Baum stehen zwei, drei abgestorbene, die wie Kienfackeln auflodern. Bis über die Wipfel schlägt die Lohe empor....
Vergeblich sucht der Mensch in solchen Fällen dem Walde Hilfe zu bringen. Dem entfesselten Element ist er nicht gewachsen. So wurde im Sommer 1904 in Schlesien ein Revier, das in der Windrichtung eine Ausdehnung von vierzehn Kilometern hatte, innerhalb weniger Stunden völlig vernichtet. Tausende von Menschen kämpften vergeblich mit dem Feuer, das so schnell mit dem Winde lief, daß es rückst gelang, einen Streifen abzuholzen. Auch das letzte Mittel, ein Gegenfeuer, versagte, denn es entzog sich der Macht des Menschen und zog mit Sturmesbrausen davon.
Nicht ganz so gefährlich ist das Feuer, das sich in torfigen Moorboden einfrißt. Es läßt sich meistens durch genügend tiefe und breite Gräben Zum Stillstand bringen. Aber es ist hartnäckig; Tage, ja Wochen schwelt es im Boden, und jeder heftige Wind schürt es zu Heller Flamme, die neue Gefahr droht. Jammerbar ist das Schicksal der Bäume, die auf
solchem Boden stehen! Das Feuer frißt ihnen die Wurzeln ab, bis die Stämme kreuz und quer übereinander stürzen, und nun selbst anfangen zu brennen. Schaurig schön ist solch Waldbrand, namentlich nachts, aber traurig, unendlich traurig! Was redliche Mühe mit Sorgfalt erzog und Jahrzehnte behütete, wird in wenigen Stunden vernichtet. Und es ist so traurig, einen stolzen Waldriesen in Feuersglut sterben zu sehen!
Manche Menschen haben kein Mitleid mit der Pflanze. Sonst könnten sie nicht aus kurzsichtigem Eigennutz ganze Be-