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ja auch in kulturell angeblich höher stehenden Zeiten nicht gerade ungewöhnlich ist, so scheint einem fast die Stellung der Frau in jenen fernen strengen Zeiten würdiger, in denen sie doch wenigstens — der begehrte Teil war.
Als der Frauenkauf auch in seiner symbolischen Form den Völkern nicht mehr bekannt und bewußt war, ergab sich rasch jene poetische Umdeutung der Sitte, die uns heute geläufig ist. Auch sie trägt längst die ehrwürdige Patina zweier Jahrtausende an sich, und in römischen Müdchentrüumen spielte der „Ring an ihrem Finger" keine andere, keine mindere Rolle als bei unseres Ehamisso bräutlichem Mädchen.
Ursprünglich ist dieser ^nnu1u8 pronudu8 (Verlobungsring) der Römer ein eiserner Reifen gewesen. Später bei steigendem Luxus wurden am Hochzeitstage kostbare Ringe geschenkt, und auch der Berlobungsring suchte neben seinem hohen symbolischen Wert — das Verlöbnis, nicht wie bei uns die Hochzeit war der eigentlich bindende Akt — einen Geschenkwerl darzustellen. Den bekam er durch geschnittene Steine oder edle Goldschmiedearbeit — und er brauchte ihn wohl, um unter den anderen Ringen nicht völlig zu verschwinden, die die schlanken Hände der eleganten Römerin überluden: sechzehn Ringe allermindestens — zwei für jeden Finger, der Mittelfinger blieb frei — gehörten zur Toilette, und zwar für jede Jahreszeit andere!
Ost wiesen aber auch besondere Merkmale auf die innerliche Bedeutung dieses Ringes hin. Bereinigte Namen und Initialen, symbolische Darstellungen, zarte Inschriften sollten mahnen und grüßen:
,,^mo w — ama me" (Ich liebe dich — liebe du mich) lautet eine solche Inschrift, und durch eine andere wird der Ring als „pi§nu8 amorm",
Liebespfand, bezeichnet. Die verschlungenen Hände, die Brautring des Mittelalters auf antiken Ringen vor.
Die Germanen haben die Ringsitte möglicherweise von den Römern übernommen und wohl mit heimatlichen Gebräuchen verschmolzen. Sicher ist, daß ursprünglich kein Ringwechsel stattfand, sondern nur die Braut einen Ring bekam. In dem Epos — um 1030 — wird dieser Ring noch auf dem
Schwertgriff überreicht, ein Symbol für die Herrschergewalt des Mannes, unter die sich das junge Weib begab. Später ward dann die gegenseitige Ringgabe als Zeichen des eingegangenen Verlöbnisses allgemein.
Eine der lieblichsten Szenen im Gudrunliede schildert, wie Gudrun und Herwig — ihr Verlobter und Befreier — einander an den Ringen erkennen, die sie in glücklicheren Tagen getauscht:
„Sie sah auf seine .Hände, er trug ein Ringelein,
Das hielt gefaßt in Golde von Mali den Stein.
Der schönste, den ihr Auge auf Erden je gekannt,
Einst trug ihn die schöne Frau Gudrun an ihrer eignen Hand.
Sie lächelte vor Freuden, dann sprach das Mägdelein:
Dies Gold ist wohl bekannt mir! Vor Zeiten war es mein.
Nun sollt Ihr das auch sehen, das mir mein Friedet sandte
Als ich viel armes Mägdlein mit Freude war in meines Vaters Lande."
AM.
Abb. 8. Elisabeth Tücher.
Gemälde von A. Dürer.
als anmutigstes Symbol den zieren, kommen ebenfalls bereits
Die christlichen Kirchen übernahmen die Sitte des „Mahlrings" (Vermählungsring) in ihr Zeremoniell der Trauung, aber es gibt auch Trauungsvorschriften, in denen die Ringe gar nicht erwähnt werden — unbedingt nötig waren sie also nicht. Ja, die christliche Sekte, die von sich behauptet, das reinste Christentum zu überliefern — die puritanische — verfolgte eine Zeitlang die Trauringe als „heidnischen Unfug". Aber ob gesegnet oder verflucht — von den ältesten Tagen bis aus die unseren erhielt der Ring immer tiefere, immer bindendere Bedeutung in der Beziehung zwischen Mann und Weib.
Material, Wert, Form der Ringe wechseln in den verschiedenen Zeiten. Gold wurde immer bevorzugt — seiner sprichwörtlichen Reinheit wegen. „Wie der Ring sey von guttem Gold, so solle sein der Mann gar hold" heißt es in
einem alten Gedicht. Aber auch Silber ist nicht selten (Abb. 1, zugleich ein schönes frühes Beispiel eines Traurings mit religiöser Inschrift), daneben vereinzelt Bronze und Eisen. Aus Eisen waren auch die Eheringe, die 1813 die deutschen Frauen gegen ihre goldenen eintauschten, um den Erlös dem Vaterlande zu opfern. Viele dieser Ringe tragen Aschenurnen eingraviert und entsprechende Inschriften: „Eingetauscht zum Wohle des Vaterlandes", „Gold gab ich für Eisen 1813" usw. Im modernen Griechenland kommen ein goldener und ein silberner Ring bei der Trauung in Anwendung. Anekdotenhaft wird von den sonderbarsten Materialien berichtet, daß sie zuweilen bei heimlichen oder beschleunigten Trauungen zu den Ringen herhalten mußten, die die fehlenden richtigen Ringe ersetzen sollten. Da gibt es Lederringe, eilig aus dem Handschuh der Braut zurechtgeschnitten, beinerne Vorhangringe u. a. m. Auch der Ring des Kirchenschlüssels mußte mitunter als Stellvertreter dienen.
Der Wert der Ringe dürfte zuzeiten recht bedeutend gewesen sein, wenigstens sieht sich die Obrigkeit an verschiedenen Orten veranlaßt, fürsorglich gegen den überhandnehmenden Luxus einzuschreiten. So lautet eine alte Nürnberger
Polizeiverordnung:
„ . . so man aber Praut und Preitigam zu Kirchen fürt, so mag ir ains dem andern ein Mabelring geben, doch das ir yetweders Mabelring mitsampt dem Slain darinnen über zehen Gnldin nit kost noch wert sey!"
Andere Verordnungen richteten sich gegen die Mode, zwei Ringe zu schenken, oder gegen die allzu große Kostbarkeit der Steine. Der glatte steinlose Reifen kommt zwar anscheinend
als Trauring in allen Zeiten wenigstens vereinzelt vor, daneben oder statt seiner wurden aber auch (besonders im 15. bis 17. Jahrhundert) Ringe mit Edelsteinen geschenkt, bei deren Wahl die Symbolik eine große Rolle spielte. Diamant und Rubin wurden häufig verwendet. Der Diamant hieß in Italien geradezu pietra äella reeonelliasiove (Berftchnungsstein), weil man ihm die Kraft zuschrieb, den Frieden der Ehe zu erhalten oder wiederherzustellen. Daneben galt er als Sinnbild für Kraft und alle Mannestugenden, während der Rubin Liebes- glut und Weibesvorzüge symbolisieren sollte. Beide Steine