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Mb. 9. Verlobung der heiligen Katharina.
Gemälde von B. E. Murillo.
«MN»
Es
wurden daher auch besonders gern nebeneinander angebracht, wie z. B. auf dem berühmten Lutherring, den das Braunschweiger Museum bewahrt (Abb. 7 und 7a). Dieser Ring ist jedenfalls ebensowenig wie der zweite bekannte Lutherring (ein sog. Passionsring mit Darstellung der Kreuzigung und der Leidenswerkzeuge) wirklich als Berlobungs- oder Trauring in Anwendung gekommen, sondern vermutlich ein nachträgliches Geschenk von Freunden. In Luthers Besitz war er, und einer Tradition nach soll es der Ring sein, den Katharina von Bora auf dem Cranachschen Porträt aus ihrer frühesten Ehezeit auf dem Zeigefinger der linken Hand trägt. Der Ring gehört seiner sinnreichen und kunstvollen Konstruktion nach zu der Gruppe der Zwillingsringe, die besonders im 16. Jahrhundert häufig als Eheringe verwendet wurden. Zwei Ringe hängen hier ineinander, jeder ganz und doch erst mit dem andern ein Ganzes bildend, wenn sie ineinandergeschoben werden, so daß die Innenflächen der bedeutungsvollen Steine, die die Initialen tragen, aneinanderliegen. Die ernste schöne Symbolik wird durch die gewöhnliche Inschrift dieser Ringe noch verdeutlicht: „Was Got zussamen sieget, soll kein Mensch scheiden."
An einem Ring verwandter Art (Abb. 2 und 2 a) sind die beiden Hauptringe an einem mittleren dritten befestigt, der mit seinem gezähnten Rand zugleich das hübsche Gürtel
ornament bildet, das man an dem geschlossenen Ring sieht. Dieser mittlere Reifen trägt vorn zwei Herzen, während an dem oberen und dem unteren Ring je eine Hand dargestellt
ist. Schob man die Ringe zusammen, so schlossen sich die
Hände fest über den beiden Herzen.
Von zierlicher, fast spielerischer Erfindung sind auch die altjüdischen Trauringe, von denen sich Stücke aus dem 13. bis 18. Jahrhundert erhalten haben. Auch moderne Imitationen sind häufig, da diese Ringe von Sammlern sehr geschätzt werden. Es waren Zeremonialringe, die nur bei der Trauung selbst in Gebrauch waren — ihre
Schwere hätte andauerndes Tragen als Eheringe nicht gestattet — und ihre Gewichtigkeit und Kostbarkeit entsprach der bedeutungsvollen Rolle, die sie dabei spielten. Während der Ring nämlich bei den Trauungen nach anderen Bekenntnissen mehr oder minder fakultativ ist, genügte nach altem jüdischen Recht unter Umständen das bloße Anstecken eines Rings an den Finger der jüdischen Braut, um die Ehe gültig zu machen. Der Bräutigam hatte dabei nur die bindende Formel zu sprechen: „Mit diesem Ring nehme ich dich zum Weibe nach
den Gesetzen Mosis und Israels."
Abbildung 4 zeigt einen solchen Ring. Den Ringschild vertritt meist ein Turm oder die Nachbildung eines ganzen kleinen Hauses (Anspielung auf den Salomonischen Tempel), das oft noch mit einem Schlüsselchen zu öffnen ist. Die hebräischen
Buchstaben auf den Dachflächen bedeuten einen Glückwunsch. Inschriften aller Art, glückwünschende, moralische, zärtliche, ja humoristische sind auf Berlobungs- und Ehermgen überhaupt häufig. „Nulter viro Zudieeta esto" („Das Weib sei dem Manne untertan") lautet die harte Inschrift eines Ringes aus dem 15. Jahrhundert (Abb. 5), streng und schwer wie die Ringform selbst. Williger mögen moderne Frauenohren sich der sanften Bitte zuwenden, die eine sanftere Zeit als Ringdevise gut fand (Abb. 3): „1.6t Oove eueren^" (Lass' deine Liebe wachsen).
Die berühmte Ringsammlung des Kensington-Museums in London weist manche hübsche Inschrift auf. Zum Beispiel: „Dies ist mein Glück", „Du hast mein Herz", „Sei getreu bis zum Tod", „Ich liebe keine als dich alleine" usw.
Andere Inschriften sind:
„In Liebe zu leben,
Lieb ich zu leben!
Du Liebste mein,
Ach jag nicht nein!"
Oder:
„Mit Seel und Leib, Dein liebend Weib."
„Liebe und gehorche."
„Fürchte Gott und liebe mich."
Die meisten dieser Ringdevisen gehören bereits dein 18. Jahrhundert an. Die Eheringe dieser Zeit sind auch oft daran kenntlich, daß in Ausgestaltung der schon früher beliebten einfachen Herzringe (Abb. 6) jetzt flammende und gekrönte Herzen Vorkommen, die schließlich kokett sentimental durch ein Taubenpärchen auf dem Ringschild verdrängt werden. Nach der Revolution, die so viel zärtlichem Gegirre ein Ende gemacht hatte, waren auch diese Täubchen verschwunden. Vom Ende des 18. Jahrhunderts an bis heute ist der völlig glatte Ehering üblich, der nur ausnahmsweise eine andere Inschrift trägt als Namen und Datum. So hörte ich kürzlich von einem modernen Brautring, der neben dem Namen die Gravierung „1. Kor. 13, 1" trug. Es ist der Hinweis auf die Stelle „Wenn ich die Sprachen der Menschen und Engel redete, aber die Liebe nicht hätte, so wäre ich wie ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle".
Abb. 10. Verlobung der heiligen Katharina.
Gemälde von Correggio.