208
festem Ton auf einer starken Gasflamme erhitzt. Hier hat man schließlich nach genügendem Glühen die gesamte Asche im Tiegel beisammen. Die Analyse der auf diesem Wege
bereiteten Asche von Roggenkörnern ergibt z. B. folgende Zusammensetzung: Phosphorsäure 47,62 v. H., Kalisalze
34,60 v. H-, Kalk und Magnesia 14,13 v. H., das macht zusammen 96,15 v. H., während die geringe an 100 v. H. noch fehlende Aschenmenge aus Kieselsäure, Eisenoxyd usw. besteht.
Diese Zahlen sagen scheinbar noch sehr wenig, aber eine auf ihnen fußende Berechnung läßt sie sogleich in ganz anderem Lichte erscheinen. Wir können nämlich mit Hilfe solcher Aschenanalysen berechnen, wie viel der Boden bei Durchschnitts ernten von seinem Vorrat an diesen Bestandteilen herzugeben hat, und jeder Hektar Ackerland gibt danach bei vierjährigem Fruchtwechsel in Kilogrammen her:
bei bei bei bei Gesamtmenge
Weizen Kartoffeln Gerste Klee in vier Jahren
Phosphorsäure 35,2 27,3 30,5 36,2 129,2
Kalisalze 61,5 102,7 60,5 144,0 368,7 KZ
Kalk und Magnesia 34,9 25,5 35,3 206,4 302,1 ^
Als erstes ersehen wir aus dieser Tabelle den Vorteil des Fruchtwechsels, indem die verschiedenen Pflanzen dem Boden die anorganischen Bestandteile in sehr verschiedenen Mengen entziehen, so daß z. B. von Kalisalzen in dem einen Jahre nur 61 Kilogramm und im anderen dagegen 144 Kilogramm gebraucht werden. Dem allmählichen Nachlassen der Erträge der Äcker, das sich jedem Landmann durch die Praxis aufdrängte, suchte man auf zwei Arten abzuhelfen, einmal durch alljährliches Düngen und zweitens durch die von Zeit zu Zeit eingeschobene Brache. Die Erfahrung lehrte, daß man den Ertrag der Äcker durch die Abfälle der Wirtschaft, die wir in ihrer Gesamtheit als Dünger bezeichnen wollen, verbessern könne, indem man sie mit unterpflügte. Der Grund hierfür ist der, daß in ihnen die anorganischen Bestandteile enthalten sind, die dem Boden durch den Anbau des Getreides und der Futterpflanzen entzogen werden. Sie kehren auf diesem Wege also zu ihm zurück. Da jedoch aus der Wirtschaft so manches verlauft wird, findet trotzdem ein jährlicher Verlust an den anorganischen Bestandteilen statt, und von welchem Einfluß das allmählich wird, können wir aus folgendem ersehen: Sicilien, die Kornkammer des alten Rom, war und ist ein von der Natur gewiß begünstigtes Land. Gegenwärtig liefert jedoch dort der Hektar Ackerland auf niemals gedüngtem Boden durchschnittlich nur noch 1100 Liter Weizen, dagegen gelten in Deutschland, das doch klimatisch sicherlich weit ungünstiger dasteht, 2300 Liter vielerorts als Durchschnittsertrag.
Während der günstige Einfluß des Düngens leicht zu verstehen ist, liegt das hinsichtlich der Brache ganz anders. Was soll es nützen, den Boden ein Jahr nicht abzuernten? Dadurch vermehrt sich doch weder die Phosphorsäure noch das darin enthaltene Kali. Das ist natürlich, weil es logisch gedacht ist, vollkommen richtig. Aber es handelt sich für den Pflanzenwuchs nicht einfach darum, daß Phosphorsäure, Kali usw. im Boden vorhanden sind, sondern um die Beschaffenheit, in der sie dort Vorkommen. Die Pflanze kann die Bodenbestandteile nur mit ihren Wurzeln in Form wässeriger Lösungen aufsaugen, und so müssen die Phosphorsäure und das Kali im Wasser, also in der Feuchtigkeit des Bodens, gelöst sein, wenn sie den Pflanzen überhaupt dienlich sein sollen.
Im Ackerboden sind sie jedoch meist in Form von in Wasser unlöslichen Gesteinstrümmern vorhanden. Gesteine verwittern aber bekanntlich, und dieses Verwittern, dieses Überführen in den wasserlöslichen Zustand besorgt die im Boden zirkulierende Kohlensäure der Luft zusammen mit der Feuchtigkeit. Hat man also einen Acker ein Jahr lang brach
liegen lassen, so ist im nächsten Jahre infolge der unablässig vor sich gehenden Verwitterung ein ziemlicher Vorrat an wasserlöslichem Phosphat usw. vorhanden, und dieser genügt zusammen mit dem, was alle Jahre an und für sich löslich wird, um beim Fruchtwechsel auf mehrere Jahre hinaus, also bis zur nächsten Brache, ganz gute Ernten zu ermöglichen.
Bevor wir jetzt die Mittel kennenlernen, die heutzutage die dauernde Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit ermöglichen, müssen wir als letztes Element, das im Pflanzenleben eine ausschlaggebende Rolle spielt, den Stickstoff in Betracht ziehen. Stickstoff ist ein gasförmiges Element, er bildet den Hauptbestandteil der Luft, nämlich rund 80 v. H. Wir
fanden daher nichts von ihm in der Asche, weil er bei dem starken Glühen, das zu deren Herstellung nötig war, wieder gasförmig entwich. Doch ist er für die Pflanzen ganz unentbehrlich, denn sie brauchen ihn zum Aufbau des Pflanzeneiweißes. Unter Eiweiß verstehen die Chemiker jene unglaublich kompliziert zusammengesetzten Verbindungen, die stark stickstoffhaltig sind, in denen sich, sei es das pflanzliche, sei es das tierische Leben abspielt. Ohne Eiweiß ist kein Lebewesen möglich, und da es kein Eiweiß ohne Stickstoff geben rann, brauchen die Pflanzen zu ihrer Existenz unbedingt Stickstoff. Wie sie aber dazu kommen, ist am schwierigsten zu enträtseln gewesen, wenn man auch schon seit dem Aufkommen der Lehre von den künstlichen Düngemitteln dem Ackerboden wasserlösliche Stickstoffverbindungen zuführte, weil man sah, wie sehr es den Pflanzenwuchs befördert.
Die Luft enthält in 10 000 Teilen 3 Teile Kohlensäure, und doch hat sich bei den Pflanzen niemals Mangel an Kohlenstoff gezeigt, wie wir im Vorausgehenden erfuhren. Die gleiche Luftmenge enthält aber 8000 Teile Stickstoff; da sollten sie doch eher zu reichlich von ihm haben und gewiß keiner künstlichen Zufuhr davon bedürfen. Trotzdem ist dieses letztere der Fall und findet seinen Grund darin, daß die Pflanzen sich den Stickstoff der Luft, ganz im Gegensatz zur Kohlensäure, nicht direkt nutzbar machen können. Während das Chlorophyll die Kohlensäure zu absorbieren vermag, hat die Natur den Pflanzen einen Stoff, der ähnliches mit dem Stickstoff zu leisten vermöchte, versagt. Den Stickstoff vermögen sie nur in Form wasserlöslicher Verbindungen gerade so wie die Phosphorsäure, das Kali usw. mit ihren Wurzeln aufzusaugen. Der-Vorrat an löslichen Stickstoffverbindungen ist aber in allen Böden sehr gering. Daß die Chemie nicht imstande gewesen ist, diesen Vorgang bei der Assimilation des Stickstoffs durch die Pflanzen mit Sicherheit aufzuklären, liegt nun daran, daß, wie spätere Untersuchungen gelehrt haben, die Nutzbarmachung des Luftstickstoffs gar nicht auf rein chemischem Wege stattfindet. Erst die jüngste aller Wissenschaften, die Lehre von den Bakterien, hat diesen Teil der Pflanzenernährung klarzustellen vermocht. Die Natur läßt nämlich an den Wurzeln der Pflanzen sich Bakterien ansiedeln, die durch ihren Lebensprozeß den Stickstoff der Luft mit Sauerstoff nebst im Boden vorhandenen Stoffen zu wasserlöslichen Verbindungen vereinigen, und diese Verbindungen saugen die Pflanzenwurzeln alsdann auf.
Unsere bisher gesammelten Kenntnisse geben uns nun den Weg an, wie man die Bodenfruchtbarkeit dauernd erhalten kann. Man erreicht dieses, wenn man dem Boden die Phosphorsäure, das Kali usw. wieder ersetzt, das ihm in Form von Ernten entzogen worden ist. Dazu fragt es sich, wo man die Phosphorsäure, das Kali usw. billig genug und in genügenden Mengen herbekommt. Nun, diese Aufgabe erfüllt die Industrie der künstlichen Düngemittel, und wie sie das ermöglicht, soll uns jetzt beschäftigen. Beginnen wir mit der Beschaffung der Phosphorsäure. Eines der bekanntesten phosphorhaltigen Materialien sind die Knochen. Sie enthalten
Apparat zum Veraschen von Pflanzenteilen.