Heft 
(1906) 20
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Schwere Prüfungen brachte den Nachkommen der ersten Ansiedler am unteren Mississippi der Bürgerkrieg, da viele Familien durch ihn ihren Besitz verloren. Jetzt ist für sie eine bessere Zeit im Anzuge, und viele befinden sich wieder auf dem Weg zum Wohlstand.Aber ihr goldenes Zeitalter ist doch vorüber," schließt Professor Deiler seine lehrreiche Studie,und wird, so wie es war, nie mehr wiederkehren. Das wissen sie auch, und darum wenden sich ihre Gedanken

mit Vorliebe der Vergangenheit zu. Auch ihrer deutschen Abstammung gedenken sie noch gern, und wenn sie heute wehmütig auf das Land Hinblicken, das ihre Ahnen einst der Wildnis und dem Mississippi abgerungen haben, das auch ihnen gehörte, das heute aber andere bebauen, dann sagen sie noch immer mit Stolz: ,Wir sind die Nachkommen jener Deutschen, die aus der Wildnis hier ein Paradies geschaffen, wie Louisianna nie ein zweites besaß!'"

Ein wichtiges Kapitel der Zahnbehandlung.

Von Professor Jessen (Straßburg i. E.).

(^er Zahnarzt ist für viele der Inbegriff alles Schrecklichen, das zahnärztliche Operationszimmer bedeutet für sie eine moderne Folterkammer. Ein alter Bekannter erzählte mir kürzlich, daß er bei einem Besuch der Burg in Nürnberg beim Anblick der Folterwerkzeuge an meinen Operationsstuhl und meine Instrumente gedacht habe. Das war allerdings für mich nicht gerade schmeichelhaft, aber ich tröstete mich mit der ziemlich allgemeinen Verbreitung solcher An­schauung. Denn tatsächlich vergehen manchem vor unglaublicher Angst schon auf dem Weg zum Zahn­arzt die heftigsten Schmerzen, so daß einzelne Patienten sogar vor der Tür wieder umkehren.

Ob diese Furcht berechtigt ist und woher sie stammt, wollen wir zu ergründen suchen.

Die Angst vor dem Zahnarzt wurzelt in der Vergangenheit und wird vererbt von den Eltern auf Kinder und Kindeskinder. Zahnschmerzen gab es zu allen Zeiten und wird es geben, so lange Menschen auf Erden wohnen. Früher aber gab es nicht so viele Mittel, die Schmerzen zu lindern, die Kunst des Zahnarztes war nicht so vorgeschritten, das Verlangen nach schmerzloser Behandlung infolgedessen nicht so verbreitet. Heute ist der Zahnarzt fast immer in der Lage, den Schmerz Mg. zu beseitigen und die Zähne schmerzlos zu behandeln.

Er vermag das um so leichter, je mehr er vom Publikum unterstützt, je früher er von seinen Patienten um Hilfe an­gegangen wird.

Wenn erst die Kinder von Jugend auf regelmäßig zum Zahnarzt gehen und später als Erwachsene dieser Gepflogen­heit treu bleiben, dann wird die Angst vor dem Zahn­arzt schwinden, und künstliche Zähne werden nur noch für Greise nötig sein. Zweifelhaft aber ist es, ob wir dieses Ziel jemals erreichen können, weil die Gleich­gültigkeit der meisten Menschen gegen ihre Zähne vorläufig noch viel zu groß ist. Immerhin ist in manchen aufgeklärten ^ Familien die Furcht vor zahnärztlicher Behandlung schon derartig geschwunden, daß den Kindern der Gang zum Zahn­arzt fast als eine Belohnung für Fleiß und gutes Betragen hingestellt wird, eine Tatsache, die ich aus meiner eigenen Praxis belegen und in der städtischen Schulzahnklinik täglich beobachten kann, letzterer Umstand ist allerdings ein Verdienst der Schulverwaltung. Jedenfalls ist das ein Zeichen vernünftiger Erziehung und richtiger Auffassung zahnärztlicher Behandlung von seiten der Eltern, und so angeleitete Kinder werden sicher niemals in ihrem späteren Leben gleichgültig dem Verfall der Zähne gegenüberstehen. Sie werden stets die zahnärztliche Behand­lung betrachten als das, was sie ist und sein soll: Ver­hütung von Krankheit, Förderung der Gesundheit. Schon im ersten Kindesalter muß die Zahnbehandlung be­

Fig- 2.

ginnen. Vom dritten Jahre an sollte jedes Kind regelmäßig halbjährlich untersucht werden, auch wenn es nicht über Zahn­schmerzen klagt, denn die Milchzähne sind für die Entwicklung des Kindes wichtiger als die meisten Eltern glauben, weil die Gesundheit der später folgenden Dauerzühne zum großen Teil abhängig ist von der Beschaffenheit der Milchzähne. Sind letztere krank, so werden die bleibenden Zähne sofort nach ihren: Erscheinen angesteckt und können bei eiternder Wurzelhautentzündung der Milchzähne so­gar schon vor ihrem Durchbruch erkranken, da sie bekanntlich in den ersten Lebensjahren sich unter den Wurzeln der Milchzähne im Kiefer ent­wickeln. Um nun kranke Milchzähne bis zur Zeit des Wechsels gebrauchsfähig zu erhalten, müssen sie rechtzeitig gefüllt werden, damit das unnötige und zum Teil schädliche Ausziehen ver­mieden wird. Kinder dürfen bei der Behand­lung niemals getäuscht werden, weil sonst Miß­trauen und Angst nicht auszurotten sind. Ver­trauen aber ist ein wichtiges Moment bei jeder ärztlichen Behandlung, weil von den: Vertrauen oft ganz allein der Erfolg abhängig ist.

Wenn wir so den Weg kennengelernt haben, durch i. den die Scheu vor dem Zahnarzt erfolgreich zu bekämpfen und zu beseitigen ist, so bleibt noch ein anderer schwer­wiegender Mißstand bestehen und das ist das Unvermögen der überwiegend großen Mehrzahl der Familienväter, den Zahnarzt zu bezahlen. Für viele mit zahlreicher Nachkommenschaft ge­segnete Eltern ich denke an die Arbeiterklasse sind die Kosten der Behandlung unerschwinglich.

Dieses Hemmnis läßt sich nur durch Einrichtung von Schulzahnkliniken überwinden, wie sie beispielsweise in Darmstadt, Mülhausen i. E., Straßburg i. E. und anderen Orten bereits eingerichtet sind. Welche bisher ungeahnten Erfolge und welchen segensreichen Einfluß auf die Gesun­dung der ärmeren städtischen Bevölkerungs­schichten diese Anstalten erzielt haben, das näher zu beschreiben, würde über den Rahmen meines heutigen Aufsatzes hinausführen. Vielleicht findet sich später eine Gelegenheit, an dieser Stelle auf die Notwendigkeit der Errichtung von Schulzahnkliniken näher einzugehen.

Hier fragen wir uns, womit werden nun die Zähne gefüllt?

Ein gutes Füllungsmaterial soll leicht zu verarbeiten, haltbar und zahn ähnlich sein. Bei kleinen Kindern ist die erste Bedingung die wichtigste, die zweite noch nicht so wesentlich und die dritte ziemlich neben­sächlich. Deshalb benutzen wir bei Milch- »

zähnen Kupferamalgam und Zement, für Fig. 3.

1906. Nr. 20.