Heft 
(1906) 28
Seite
592
Einzelbild herunterladen

692

orientieren. Die Menge der Bilder kommt dafür nicht so sehr in Betracht wie die Fülle der Probleme. Aber trotzdem läßt sich selbst, an einer nur flüchtigen Zusammenfassung seiner Hauptwerke die Bedeu­tung, die er für seine Zeit und auch für die unsrige hat, immer noch am besten darstellen.

Rembrandt ist in Leyden geboren, einer Stadt, die noch heute der Sitz der so unendlich fein arbeitenden holländischen Gelehrsamkeit ist. Er selbst hat dort eine umfassende humanistische Bildung genossen, die ihn: bei seiner Kunst außer­ordentlich zustatten gekommen ist. Dasselbe Leyden war aber auch der Sitz der hol­ländischen Feinmalerei. Es ist die Stadt des Gerard Dou und der Mieris; so hat sich auch Rembrandt dem Genius loei nicht entziehen können; er fing mit Bildern im kleinen und kleinsten Maß- stab an, bei denen er recht nach Leydener Art sich der treuen Hingabe an das Studium des Details widmen konnte. Es mag beinahe als ein besonderes Glück bezeichnet werden, daß er, dessen Natur so nach Ausdehnung drängte, gezwungen war, sich zu bescheiden, und in der Tat hat er in dieser strengen Schule, die er sich wohl gern gefallen ließ, für Jahrzehnte hinaus die solideste Grund­lage erlangt. Nur ist es ein eigenes Ding um diese kleinen Bilder seiner frühen Zeit. Sie gehen aus den Leydener Verhält­nissen hervor; aber sie weichen doch von dem Stil der sonstigen Feinmalerei ab. Rembrandt konnte sich wohl an das kleine Format gewöhnen, wie er es ja auch späterhin ganz gern ge­legentlich ein­mal wieder angewendet hat, aber er brachte einen Stil mit, der selbst in dieser Epoche der Lehrjahre schon etwas Großzü­giges hatte.

Man muß nur ein Bild sehen wie den 1628 gemalten kleinen Simson"(S.

694),derjetztim Berliner Kaiser- Friedrich-Muse- um hängt, um Zu erkennen, wie entschlossen der damals noch so junge Künstler von Anbeginn an auf das Große und

Ganze ausgegangen ist. Diese

Energie der alles in einem em- zigen Blick zusammenfassender Anschauung ist nun doch nich' Leydener Art. Das ist schor der echte große Rembrandt, unt den finden wir danach nickp allein in der geistigen Be­handlung der Stoffe und in Allgemeinen der künstlerischer Auffassung, sondern auch ir den bekannten malerischer Problemen. Wenig später als der Berliner Simson entstand eins seiner an malerischer Dualitäten eindruckvollster Bilder:Christus und

Jünger von Emmaus", in Besitz von Frau Andrö-Jacque mart in Paris. Es ist eigent­lich nicht farbig, sondern nm auf die Kontrastwirkung vor Schwarz auf Weiß gestellt, die aber ungenrein malerisch behandelt sind. Wie das Rem­brandt auch noch in seiner ganz späten Zeit gern tat, läßi er die Hauptfigur dunkel geger eine dahinter liegende breiü Lichtfläche stehen und erreich) damit eine dermaßen über­raschende Drastik, daß dieses kleine Bildchen auf der Amster­damer Rembrandt-Ausstellunq 1898 zu den kräftigsten Effekt­stücken gehörte. Gegenüber den rezeptmäßigen Birtuosenstücklein in der Lichtmalerei, die damals als letzte kümmerliche Reste der einst so großen Maltechnik der Alt­niederländer geübt wurden, mutet das Bild wie ein Proteß an und, was für uns heute noch wichtiger ist: wie ein Pro­gramm. Der große Lichtmaler kündigt sich hier bereits mn einer Leistung ersten Ranges an, die er wohl später noä übertroffen hat, die aber eben nur er übertroffen hat, sowei wenigstens die alte Kunst in Betracht kommt. Rembrandt ge

fällt sich bei dei Behandlung des Lichtes nicht ir Wirkungen, du eine Art vor täuschender Il­lusion sind uni den Beschauei glauben mache: wollen, daß wirklich ein! Lichtquelle vor­handen sei, son dern er geh gerade darau aus, die panop tikumsmäßige und sehr trü gerische Art de Lichtmalerei zr verdrängen. Si läßt er gen überhaupt dl Lichtquelle ga nicht sichtba werden; mar spürt ihr Dasein nur an de

Männliches Bildnis. (St. Petersburg, Eremitage.)

MW

HMD

MM

Die Staalmeesters der Tuchhändler von Amsterdam.

(Amsterdam, Reichsmuseum.)

Die Staalmeesters (Stahlmeister) hatten das Plombieren der Tuchrollen zu besorgen.