Heft 
(1906) 40
Seite
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Ergebnis und trat in das Bureau ein. Ein Bureau wie jedes andere. Es unterscheidet sich von andern Gefängniskanzleien dadurch, daß die Insassen nicht zu Bureauarbeiten hinzugezogen werden, von Hotelvestibüls aber insofern, als die Plakate sich nicht auf Theater und Konzerte, sondern auf die verschiedenen Arten von Hundekuchen beziehen.

Ein schwarzes Brett dient als Hoteltafel und zeigt die Zahl der Gäste an: 105 Hunde,

t5 Katzen, 5 andere Tiere.

Und kurz nach mir be­tritt der 106. Hund das

Zimmer. Er fühlt, daß

irgend etwas Neues, Unge­ahntes ihm bevorsteht. Sein Herr tritt an den Ober­gewaltigen des Asyls,

Herrn Inspektor Poehle, heran und führt mit ihm eine leise Unterhaltung.

Das Fremdenbuch wird vorgeholt undFlocky" wird eingetragen. Flocky sieht mit unverhohlenem Mißtrauen auf die Feder­fuchserei. Er soll hier in der Sommerfrische bleiben, während Herrchen am Ost­seestrand lustwandelt! Dann wird Flocky in das Doktor­zimmer geführt, um vor seiner Aufnahme erst ärztlich untersucht zu werden. Auch ich trete in das Doktorzimmer, doch glücklicherweise nicht zum gleichen Zweck. Hier heißt es näm­lich: warten, wie bei Menschenärzten. Schon liegt einer der Patienten in einem Winkel und starrt mit wehmütigen Augen auf den großen blechbeschlagenen Tisch.

Seltsames Wartezimmer! Die Patienten liegen an der Kette. Wenn ihnen auch die Zeit lang wird, sie können sich nicht drücken. Mancher Menschenarzt möchte diese Praxis bei sich einführen.

Nun treten wir in den Pferdestall, der so etwa wie ein Hundebahnhof ist. Gerade trifft mit den: großen Transport­wagen der Berliner Hundeexpreß ein. Ach, in den kleinsten Dingen offenbaren sich soziale Unter­schiede, so auch hier. Acht Eoupes ent­hält der Expreß, von denen sechs für die Beförderung der Pensionshunde bestimmt sind, die Lankwitz als Luftkurort, manchmal auch als Sanatorium, beziehen; da sie zahlende Gäste sind, reisen sie in ihren Eoupes allein. Die armen Schlucker aber, die uian auf den Straßen auf gegriffen hat, finden in Massenquartieren ihren Platz. Nur nach Geschlechtern sind sie getrennt.

Die Pensionspreise im Hundeasyl richten sich in weiser Einsicht nicht nach derLage der Zim mer"; sie sind vielmehr dem jeweiligen Appetit der Gäste angemessen, fin­den die Größe des Hun des als Norm gilt. Sie schwanken so zwischen 40 Pfennig und 1 Mark fin­den Tag. In der Kranken abteilung ist der Preis be­gleiche, nur werden ärztliche Behandlung, Medizinen und Krankensüppchen besonders berechnet. Der Aufenthalt eines Pensionshundes endet ge­wöhnlich mit der Bezahlung der Rechnung. Aber der Ab­schied der Findlinge ist zuweilen tragisch, oft ist er ein Abschied vom Leben. Das Lankwitzer Institut betreibt den Hundefang nur in den westlichen und südlichen Vororten, während die Berliner Findlinge erst hinausgeschafft werden, nachdem eine viertägige Wartefrist in dem Berliner Bureau ver­laufen ist, ohne daß der Besitzer seinen entlaufenen Freund rekln -

Baderaum.

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Tummelplatz für Fanghunde, Findlinge und geschenkte Lunde.