Heft 
(1906) 40
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Hochzeit; schier hundert Gäste, prächtige Karossen, eine Königs­tafel soll es geben!"

Die Kanders hätte jetzt wieder boshaft ein Stück aus Straßmanns klassischen Repertoiren zitiert, die kleine Paula aber sagte nur mit Freudentränen in den Augen:

Nein, nein, Francois, ein stilles, ganz stilles Fest, nur für uns!"

Der große Straßmann widersprach nicht, aber im stillen dachte er daran, was all' die tausend Jünglinge und Backfische, alle schmachtenden Frauen sein Publikum zu seiner Wiedervermählung mit seiner ersten Frau sagen würden, und er freute sich dessen.

Nur an das, was Paulas adlige Verwandte und die böse Kritik sagen würden, dachte er nicht.

Eine Pstegstätte der Meßkunst.

Das Internationale Maß- und Gewichtsbureau in Sevres bei Paris.

Von vr. A

ie Kunst des Messens und Wägens oder die Wissen­schaft der Metrologie ist so alt wie die Entwicklung des Menschengeschlechts selbst; aber erst seit etwa 30 Jahren gibt es ein einheitliches Maß- und Gewichtsspstem, das imstande ist,

allen exakten und internationalen Anforderungen von Handel, Technik und Wissenschaft vollkommen zu genügen.

Im Altertum entnahm man den Dimensionen des mensch­lichen Körpers auch die Maßeinheiten, wie Elle (Borderarm- länge), Finger, Fuß und Schritt, die bei den ersten gewaltigen, noch heute bewunderten Bauten der Pyramiden und Tempel eine wichtige Rolle spielten. Diese mehr oder weniger rohen, stets veränderlichen und auch in allen Ländern durchaus ver­schiedenen Maße waren bis zur Zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts allein gebräuchlich.

Im Jahre 1668, kurz nach Gründung der französischen Akademie der Wissenschaften in Paris, kam man einen kleinen Schritt vorwärts, indem ein offizieller Lüngen- maßstab, dieToise von ClMelet", aus Bronze mit einer Länge von 6 Pariser Fuß als Maßeinheit, wenigstens in Frankreich, eingeführt wurde. Noch immer fehlte aber eine der unbelebten Natur entnommene, gleichsam unveränderliche Maßeinheit, die als Weltmaß dienen konnte. Zwar schlug der große holländische Astronom und Physiker Huygens, der zu­erst das Pendel in den Mechanismus der Uhr einsügte, 1673 vor, die Länge des Sekundenpendels als Maßeinheit zu wühlen, da man damals irrtümlich noch glaubte, diese sei auf der ganzen Erde gleich groß; bald aber überzeugte man sich, daß infolge der Erdabplattung ein Sekundenpendel am Äquator kürzer sein muß als an den Polen. Deshalb ver­suchten die beiden französischen Astronomen Bouguer und La Condamine, die durch ihre ausgedehnte Erdmessungsexpedition nach Peru bekannt geworden sind, im Jahre 1749 die Länge des Sekundenpendels unter dem Breitengrad 45 oder auch

Mareuse.

unter dem Äquator als Maßeinheit einzuführen. Aber alle jene Vorschläge fanden keine Verwirklichung. Erst an: Ende des achtzehnten Jahrhunderts schlug eine von der französischen Akademie der Wissenschaften ernannte Kommission, der Geistes­heroen der exakten Naturwissenschaften, wie Laplace, Lagrange, Arago, Lavoissier und Vorda angehörten, den zehnmillionsten Teil des Erdmeridianquadranten, also der Entfernung von Pol bis Äquator, als Einheit für das Längenmaß unter dem Namen Meter (m) mit Erfolg vor. Die französische Regierung willigte ein und ließ zur Bestimmung jener Maßeinheit aus­gedehnte Gradmessungen in heimischen und fernen Län­dern veranstalten. So entstand im Jahre 1799 das erste genauere Meter, eine 26 Millimeter breite und 4 Millimeter dicke Platinstange, deren Enden um un­gefähr 1 Meter voneinander entfernt waren.

Aber auch damit war weder ein unbedingt fest­stehendes Maßsystem, noch ein mit der Zeit wirklich unveränderliches Urmaß geschaffen. Einmal mußte durch die Definition des Meters als bestimmten Teils des Erdumfangs jede neuere und genauere Gradmessung auch in etwas die Meterlänge ändern, und zweitens bot selbst das vorzügliche Platinmetall, besonders auch in Gestalt eines dünnen Endmaßstabes, noch keine genügende Gewähr für dauernde Konstanz. Man kam deshalb im Lauf des neunzehnten Jahrhunderts auf die allein richtige Idee, die ganze scharfe Beziehung der Meterlänge zum Erdumfang fallen zu lassen und dafür jene nunmehr bis zu einem gewissen Grad herkömmliche Maßeinheit in einer nach Übereinkunft geregelten Normalform aus unbedingt unvergäng­lichem oder doch wenigstens auf absehbare Zeit ganz unveränder­lichem Material herzustellen.

Zu diesem Zweck vereinigte sich in Paris im Jahre 1872 die sogenannte Internationale Meterkommission, der fast alle Kulturstaaten der Erde beitraten, und zu deren tätigsten Mitgliedern u. a. der frühere Direktor der Berliner Stern­warte, jetziger Präsident des Internationalen Maß- und Gewichts­bureaus, Professor Foerster, sowie der vor mehreren Jahren verstorbene Professor Hirsch, Direktor der Sternwarte Neuchätel

Der kleine Komparator zur genauesten Längenausmessung und Vergleichung von Maßstäben.

Das Internationale Maß- und Gewichtsbureau in Sevres bei Paris.

1906. Nr. 40.

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