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einen nachhaltigen Betrieb einführen, so darf nicht mehr Torf gestochen werden, als ständig nachwächst. Die Gewinnung selbst, entweder durch Hand- oder durch Maschinenarbeit, kann in jedem Jahr nach dem Ende der Spätfröste ihren Anfang nehmen.
Die Arbeiten bei der Gewinnung des Handtorfes sind sehr einfacher Art, er wird einfach mit eisernen Spaten aus seinen: Lager herausgestochen.
Die Werkzeuge, deren sich die Torfstecher bedienen, wie die Größe der einzelnen Torfstücke (Soden) und die Methoden der Arbeit sind in den verschiedenen Torflandschasten nicht ganz gleich; sie richten sich nach der Beschaffenheit des Torfs, nach seiner verschiedenen Mächtigkeit und Feuchtigkeit. Überall aber geht dem eigentlichen Stechen die Arbeit des Abräumens voraus, d. h. die Oberfläche des Moors wird je nach ihrer Beschaffenheit auf eine größere oder geringere Tiefe entfernt, bis der eigentliche Torf bloßliegt. Das zu bearbeitende Feld wird durch gerade und senkrecht auf einander treffende Linien eingeteilt, und die Stecher gehen an ihre Arbeit. Gewöhnlich wirken kleine Gruppen von Arbeitern zusammen, indem die Stecher die losgetrennten Torfstücke, die in den verschiedenen Gegenden Deutschlands als Käse, Wasen, Soden oder Seder bezeichnet werden, einem auf dem Rand des Stiches stehenden Arbeiter, dem „Setzer" zuwerfen, der sie auf einen Karren lädt, auf dem sie nach dem Trockenfeld gefahren und daselbst aufgeschichtet werden. So kann eine gewisse Arbeitsteilung durchgeführt werden. Hierbei sind die Stecher immer männliche Arbeiter; zu den etwas leichteren Arbeiten des Aufsammelns und Aufschichtens werden häufig auch Weiber verwendet.
Nach der räumlichen Anordnung des Abstechens unterscheidet man den Reihenstich, den Treppen- oder Staffelstich und den Kulissenstich.
Durch das Ausstechen entstehen Gruben mit senkrechten Wänden; auf dem Boden dieser Gruben sammelt sich schwarzbraunes Wasser an, das weggeschöpft werden muß.
Schwieriger werden die Arbeiten, wenn der Wasserzufluß so bedeutend ist, daß man den Torf unter Wasser stechen muß. Hierzu wendet man größere, eigentümlich konstruierte Spaten an, mit denen bis aus einer Tiefe von acht Metern Torf unter dem Wasser gestochen werden kann. Dies bedarf geübter Arbeiter; die so gewonnenen Stücke find beträchtlich größer und werden erst hernach von besonderen Arbeitern in kleinere Stücke zerteilt.
Das Aufschichten zum Trocknen setzt sich aus mehreren Tätigkeiten zusammen. Gewöhnlich werden 15 Stück des frisch gestochenen Torfs auf einen Karren geladen und nach der Trockenstelle gefahren, wo der Inhalt jedes Karrens zu einem Häufchen zusammengelegt wird, dergestalt, daß zwischen den einzelnen Stücken die Luft hindurchstreichen kann. In manchen Torfstichen pflegt man den Torf auch in Zplinderform um eingeschlagene Pfähle aufzuschichten. Schreitet das Trocknen fort, so wird der Torf wiederholt in andere Haufen umgelagert.
Durch das Trocknen schwinden Gewicht und Umfang des Torfs sehr bedeutend. Bei manchen Torfarten verringert sich sogar der Raumgehalt bis auf den dritten, selbst vierten Teil. Der Wassergehalt, der beim frischen Torf 70—90 v. H. des Gewichts beträgt, ist im lufttrocknen Zustand nur noch 25—30 v. H. Im Freien trocknet der Torf binnen vier bis zehn Wochen genügend aus. Eine besonders sorgfältige Behandlung stellt ihn zum Trocknen unter Dach.
In manchen Gegenden ist der Torf so naß und flüssig, daß er mit dem Netz gezogen und hernach entweder in größere Trockenkästen gebracht oder in ziegelähnliche Formen gestrichen werden kann. Je nach der Art der Gewinnung unterscheidet man demnach Stich-, Streich-, Tret-, Back- und Baggertorf.
Der so gewonnene Hand- oder Rohtorf ist ein zwar wohlfeiles, aber sehr mangelhaftes Produkt. Ein ihn: auch bei sorgfältiger Trocknung verbleibender Wassergehalt vermindert seinen Heizwert; er enthält bei großen: Umfang nur eine
geringe Wärmemenge, was bei größeren Feuerungsanlagen sich als nachteilig und kostspielig erweist; sein Transport ist wegen der geringen Heizkraft bei großem Umfang teuer, und wegen seiner Brüchigkeit entstehen überdies beim Transportieren und Umladen beträchtliche Materialverluste.
Diese Nachteile haben dazu geführt, daß man anfing, auf maschinenmäßigem Weg aus dem Rohtorf ein leistungsfähigeres und besser transportables Fabrikat zu verfertigen, den Kunst - torf oder Maschinentorf.
Dieses Fabrikat ist entweder durch eine künstliche Trocknung hergestellt (Darrtorf), oder es wird trocken oder naß durch Maschinenkräfte künstlich gepreßt (Preßtorf); auch hat man Schlemm torf durch Zermahlen, Zerreißen und Schlemmen hergestellt. Die Methoden der Fabrikation sind ziemlich mannigfach, je nachdem man dabei auf eine mehr oder weniger vollendete Umgestaltung des Rohproduktes ausgeht; die vollkommensten, aber selbstverständlich auch teuersten Methoden, die den eigentlichen Maschinentorf liefern, zerstören zuerst die natürliche Struktur des Torfs, mischen ihn sodann zu einer möglichst gleichartigen Masse und bringen diese entweder mit oder ohne Wasserzufluß in Formen. Durch solche Behandlung kann der Torf bis zu einer Verdichtung gebracht werden, die ihn der Steinkohle ähnlich macht. Ein solcher Torf enthält nur noch 25 v. H. Wasser.
Im allgemeinen scheint die Gewinnung wie die Verwertung des Torfs noch manchen Fortschritt zuzulassen. Und ein solcher kann nur erwünscht sein, wenn man erwägt, wie ausgedehnt die Land strecken sind, die in unserm deutschen Vaterland darauf angewiesen sind, in diesem eigenartigen Naturprodukt ihren einzigen Reichtum zu sehen.
Während der schlechteste Torf nicht einmal als Brennmaterial, sondern nur als Streu verwendbar ist, hat man bessere Sorten schon als Hilfsmaterial für die Gerberei verwendet. Durch Verkohlung in Meilern ergibt sich eine für manche technischen Zwecke brauchbare Torfkohle. In neuerer Zeit begann man auch Teer, Photogen, Solaröl und Paraffin aus Torf Zu erzeugen. Die Verwendung der Torffaser zur Papierfabrikation steht noch im Stadium des Versuchs.
Wie der Torf seiner Landschaft einen besonderen Charakter verleiht, so erstreckt sich sein Einfluß auch auf die Bevölkerung, der er Beschäftigung gibt. Die Torsgräberei ist eine einförmige, kunstlose, schmutzige, aber gefahrlose Arbeit. Sie regt den Arbeiter nicht an, über Verbesserung seiner Leistung weiter nachzudenken. Wie die Tierwelt, die auf dem Torfmoor bodenständig erwächst, einförmig und unscheinbar ist, so auch das Wesen der Menschen, die auf und vom Torf leben. Diese Menschen, wenn sie Generationen hindurch im Torfmoor gehaust haben, sehen aus, als seien sie aus dem Moorgrund hervorgewachsen. Sie sind entweder Torfbauern oder Torfarbeiter. Der Torfbauer müht sich ab, den: kargen Boden ein Äckerchen nach dem andern abzuringen; nebenher gräbt und fährt er Torf. Aber er ist doch wenigstens selbst Unternehmer; er ringt auf eigene Faust mit dem freudlosen braunfaserigen Heimatboden um Erfolg. Anders der bloße Arbeiter im Torfstich.
Wie in einen: großen braunen Grab steht der Torfgräber vom frühen Morgen bis zum späten Abend, zu Füßen braunen Schlamm und einen Tümpel Wassers, an den Seiten die geradlinigen Wände seiner Arbeitsstrecke. Tausende und aber Tausende von gleichförmigen unschönen Stücken sind das Ergebnis seiner Tagesarbeit; keines dieser Stücke interessiert oder erfreut ihn. Kommen ihm Zufälligkeiten in die Arbeit, so sind es nur ärgerliche: der Bruch oder das Herabgleiten von Trümmern oder ein altes Knochenstück, das seinem Werkzeug Widerstand leistet. Wie eine Maschine hebt er die Torfstücke auf den Karren, der über ihn: oder neben ihn: steht, immer die gleiche Zahl. Er sieht, wie Karren um Karren sich füllt und weggeschoben wird; aber das Gleiche sieht er seit Jahren und wird es sehen, bis er alt und stumpf geworden ist. Läßt er einmal einen Augenblick die arbeitende Schaufel ruhen, so erspäht sein Blick nichts als die schrankenlose Moorfläche, nur