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Eine andere Art des Kostgängerwesens sind die Schlafhäuser, wie sie von großen industriellen Unternehmungen unterhalten werden, um genügend Arbeitskräfte im Ort zu haben. Ein solches Schlafhaus fand ich Z. B. zu Lipine in Oberschlesien. Die Schlesische Zinkhütten-Aktiengesellschaft bietet dort den unverheirateten oder ohne Familie gekommenen Arbeitern ein Nachtlager für 1 Mark 50 Pf. monatlich. Doch fand ich die Räume des Schlafhauses nicht in dem vorbildlichen Zustand, wie man ihn wohl von einem solchen Riesenunternehmen erwarten kann. Die mit Holz belegten Treppen hatten eine unsaubere schwarzgraue Farbe. Die Schlafstuben machten keinen besseren Eindruck. Die Einrichtung war die denkbar dürftigste, kaum der einer Kaserne gleichkommend. In manchen Stuben waren die Betten übereinander gestellt. Die Arbeiter sollen ihre Zimmer selbst reinigen, kommen aber so geschmort und ermattet von den Röstwerken, Schlackenbergen und Gießereien, daß sie schon in der Kleidung auf ihr Lager sinken. Und da immerwährend Arbeiter im Zimmer anwesend sind — die einen sind auf der Schicht, indessen sich die andern ausruhen — so wird auch wenig gelüstet.
Der Speiseraum, der eigentlich einen angenehmen Aufenthalt für die Freistunden hätte bieten sollen, bot nichts als kahle Wände, ein paar roh gestrichene Tische und Bänke.
So viel verschiedene Arten von Kosthäusern es nun auch gibt, keines entspricht den Bedürfnissen unserer Zeit. Und das wäre doch ein Unternehmen von unschützbarem Wert, von weitesten Aussichten. Was für prächtige Vorbilder ließen sich da erschaffen! Kostheime mit Gesellschaftszimmern, Bibliotheken und Unterrichtsräumen usw. Eine bescheidene Rentabilität ließe sich dort wohl auch erzielen, wenn nicht allzuviel Kraft und Zeit mit nebensächlichen Dingen verschwendet würde.
Wohl ist die Familie, in die ein junger Kostgänger einkehren kann, das Wünschenswerteste. Aber welche Familien bieten denn den jungen Leuten Obdach und Heim? Nur solche, die daran verdienen wollen, denen es schon dürftig genug geht. Und wie viele sind darunter, die sich kein Gewissen daraus machen, Leib und Seele der sich ihnen anvertrauenden Männer in Gefahr zu bringen!
Ja, hier ist wirklich für Behörden, Vereine und warm fühlende Menschen ein weites Feld!
glatter- und Mkütrw.
MW
Das Kontane-Denkrnal für Weu-Mupprn. (Zu der nebenstehenden Abbildung.) Für Neu-Ruppin, den Geburtsort Theodor Fontanes, mitten im Herzen der Mark, die er so oft durchwandert hat, ist das Denkmal, das unser Bild wiedergibt, bestimmt. Es spricht wunderlich zum Herzen, denn es zeigt den prächtigen Erzähler, dessen nachgelassenen Roman „Mathilde Möhring" wir in der heutigen Nummer beginnen, genau so, wie er auf diesen Streifzügen auszusehen Pflegte: im bequemen Hut und Rock, den Wanderstecken zur Hand und zeitweilig kurze Rast pflegend auf einer Bank, auf einem Stein am Weg. Er liebte es, dann ein Büchlein hervorzuziehen, ein paar Lieblingsgedichte zu lesen, oder auch, sich selbst Notizen zu machen für das Heimatbuch, das unter dem Namen „Wanderungen durch die Mark" so vielen erst die stille Schönheit des märkischen Landes erschlossen hat. Professor Wiese ist der Schöpfer des schlichten, trefflichen Werkes. Die Figur selbst ward in Bronze ausgeführt und hat eine Höhe von 2,65 Metern, die Bank ist aus Granit gefertigt.
Walter Ilakeighs Kindheit. (Zu dem Bild Seite 975.) Der englische Admiral Walter Raleigh, berühmt durch seine Seefahrten, Seekämpfe und tragischen Schicksale, wurde im Hayes bei Budley in Devonshire geboren. Oft mochte der Knabe dort am Seegestade, wie uns auf unserm Bild vorgeführt wird, mit gespannter Aufmerksamleit den Erzählungen des Seemanns lauschen, der, in die Ferne des Ozeans hinausweisend, von seinen Erlebnissen, Taten und Abenteuern spricht. Die See sollte auch für den Knaben verhängnisvoll werden, der, zum Mann gereift, dort großen Ruhm erwarb, aber auch durch seine Taten dem Gericht verfallen sollte, das ihn zum Tod auf dem Schafott verurteilte. Zunächst widmete sich Raleigh (geboren 1552) juristischen Studien in Oxford und London, focht in Frankreich für die Hugenotten und dann in den Niederlanden gegen die Spanier.
Seine erste Seereise machte er 1579 mit seinem Halbbruder Gilbert zusammen nach Nordamerika — eine Entdeckungsreise, die erfolglos blieb. Er kämpfte gegen die Irländer, die sich, von Spanien unterstützt, gegen die englische Herrschaft erhoben, und erhielt daraus von der Königin Elisabeth die Statthalterschaft von Cork und mehrere Güter.
Wieder zog es ihn dam: nach Amerika;
er rüstete auf eigene Kosten zwei Schiffe aus, landete mit ihnen in der Chesapeakebai und gründete eine Kolonie; zu Ehren seiner jungfräulichen Königin nannte er das Land „Virginien". Als die spanisch' Armada England bedrohte, vermehrte er mit seinen Schiffen die königliche Flotte und wurdl dafür zum Mitglied de? Geheimen Rats ernannt 1592 stand er an de Spitze eines von ihn selbst ausgerüsteten Ge schwaders, mit dem er ü Westindien die spanischer Schiffe kapern wollte doch war das Unter nehmen nur wenig erfolg reich. Die Sage von den Wunderland Eldorado von den großen Gold-un, Silberschätzen Guaya nas lockte ihn zu imme treuen Seeabenteuern: e segelte mit fünf Schiffer nach Südamerika,erobert die Insel Trinidad, fuh den Orinoko hinauf; doö das ersehnte Doradi blieb eine Sage. 159' als Konteradmiral nute dem Oberbefehl de! Grafen Essex, eroberte e die Insel Fayal, ohn den Befehl des Grafer abzuwarten, aber sein Freunde retteten ihr damals vor dem Zorr des mächtigen Günst lings. Als Arabell Stuart gegenüber der König Jakob ihre Throri ansprüche geltend mache: wollte, wurde er mit 1 die Verschwörung verwickelt, verhaftet, zur Tod verurteilt, doch vor König zu Gefängnis strafe begnadigt. Drei zehn Jahre saß er ir Tower, mit Wissenschaft lichenArbeiten beschäftig 1615 erhielt er die Freiheit wieder Von neuem lockte ihn das Dorad
Das Fontane-Denkmal für Neu-Nuppin.
Ausgeführt von Professor Max Wiese.