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Hcysc: Der verkaufte Gesang.
wird. Jeder Theil giebt seinem Besitzer ein reichliches und ehrenvolles Leben. Der auf dem Schlosse hier zurückbleibt, wird die Pflicht übernehmen, den Namen unseres Hauses nicht erlöschen und den väterlichen Besitz nicht zu Grunde gehen zu lassen, was unfehlbar zu befürchten steht, wenn wir Miethlinge hinter unserem Rücken schalten und walten lassen. Das Auge des Herrn macht die Kühe fett und hält die Spatzen von: Weizenfelde fern. Wer aber das andere theure Vermächtniß unseres verklärten Erzeugers, den Gesang, davonträgt, der ist in anderer Art geborgen, und zu den irdischen Vortheilen, die ihm von Gönnern und edlen Frauen erblühen und die vielleicht an Goldwerth dem gesicherten Grundbesitz nicht die Wage halten, kommt der Gewinn an Ruhm und die Lust des fahrenden Lebens, so daß er eher zu beneiden als zu beklagen wäre. Um aber jeden Anlaß zu Streit oder späterer Rene abzuschneiden, wollen wir das Los befragen und seine Entscheidung als den Willen des Himmels ansehen. Nun sprich, lieber Bruder, was dünkt dich von meinem Vorschläge?"
Peire saß still an: Tische, das Haupt in die linke Hand gestützt. Zuerst war ihm das Ansinnen, aus seine bisherigen Lebensfreuden zu verzichten, falls das Los so entschiede, dergestalt unerhört und ungeheuerlich erschienen, daß er trotz der guten Gründe seines Bruders geneigt war zu erwidern, hiervon könne nun und nimmer die Rede sein. Je länger indessen Anstorc in ihn hineinsprach, desto überzeugender schien ihm der sonderbare Einfall, da er überdies gewohnt war, in Allem, was Lebensklugheit und Weltverstand erfordert, den Aelteren für den Erfahreneren zu halten und sich ihn: ohne viel Bedenken zu fügen.
Nun aber kam noch ein gewichtiger Stein, der ihm auf dem Herzen gelegen, ins Rollen und beschwerte die Wagschale
zu Gunsten jener Theilung. Er hatte am Hose des Grafen von Roussillon eine Zeit lang leidenschaftlich der schönen Gräfin gehuldigt, bis das edle und freundschaftliche Betragen ihres Gatten sein Gemüth bezwang und ihm die frevelhaften Wünsche darin erstickte. Da er eine feine, redliche Seele hatte und von seinen: Vater in guter Zucht gehalten worden war, brachte er es nicht übers Herz, nach der zügellosen Sitte jener Zeit einzig und allein auf die Mahnung feiner Leidenschaft zu lauschen, sondern hielt es für ehrlos, in das Hans, das ihn gastlich ausgenommen, Sünde und Verstörung zu bringen. Also ! schied er mit schwerem Herzen von da, wo ihm, wenn er sich gewissenloser betra- j gen, wohl jede erwünschte Gunst geblüht ! hätte; er nahm aber die Erfahrung mit ! hinweg, daß ihm immerhin trotz seines ! schönen Gesanges Einiges fehle, um als . Troubadour sein Glück zu machen, zumal die Wunde, die er dort empfangen, ihn lange Zeit verhinderte, sich einer anderen Schönen znzuwenden. Nicht minder auch war es dem Freigeborenen zu Anfang beschämend, als ein Schranze und Dienstsucher sich den Reichen und Mächtigen ! vorzustellen. Als daher Anstorc seinen Spruch zu Ende gebracht, däuchte es Peire schier eine Eingebung höherer Weisheit, auf diese Art vielleicht ein für ! alle Mal aus den: Streit seines Inneren i erlöst zu werden. Er verwischte also rasch mit dem Dolchknauf den Namenszug der heimlich noch immer ersehnten Frau, stand hurtig vom Tische auf und erwiderte, den Bruder frei und fröhlich anblickend, dieser weife Plan habe feinen ganzen Beifall, und sie wollten ohne Zögern an die Ausführung schreiten.
Anstorc war es zufrieden, nur drang er darauf, daß sie vorher sich mit Handschlag gelobten, gegen den Ausfall des Geschickes weder jetzt noch später zu murren, vielmehr ihre brüderliche Liebe nn-