J llustrirte Deutsche Monatshefte.
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schwingen als ihre Tochter den Hirtenstab, so daß in der Hütte nicht mehr Ehr' und Gewinn zu hoffen war als aus dem freien Felde.
Am anderen Morgen aber klopfte ein kleiner Bub an Herrn Peire's Thür, der hatte einen Korb am Arm, wie ihn die Kinder tragen, die auf den Landstraßen den verstreuten Hinwurf der Rinder und Schafe aufsammeln. In diesem Korbe, den er vor den jungen Baron hinstellte, schickte ihm die Alte das Gold, das gestern in allen Winkeln ihrer Hütte herumgerollt war und von dem nicht das kleinste Stück fehlte.
Peire rächte sich für diesen Schimpf, indem er den ganzen Inhalt des Korbes dem kleinen Boten schenkte. Es hatte ihn aber so tief gekränkt und gedemüthigt, daß in der That ein Fieber bei ihm ausbrach und er mehrere Tage das Haus nicht verlassen konnte.
Zn dieser Zeit empfing er den Besuch eines Mönches, der im Lande aus und ab bekannt und überall gern gesehen war, da er mit dem Geschäft des Terminirens für sein Kloster noch ein einträglicheres und menschenfreundlicheres verband. Er suchte nämlich, was er selbst durch sein Gelübde verscherzt hatte, anderen Kindern Gottes zuzuwenden, indem er adeligen Jungfrauen zu Männern und ehescheuen Junggesellen zu Gattinnen verhalf. Da ihn sein geistliches Vagantenthum von Burg zu Burg, von Rittersitz zu Edelhof führte, waren ihm alle mannbaren Töchter von sechzehn bis zu sechsunddreißig Jahren bekannt, wie auch die ledigen Candi- daten des anderen Geschlechts, und in seinen wohlmeinenden Gedanken führte er gleichsam Buch über diese Geschäfte, indem er zwei Listen, einander gegenüber geordnet, beständig vor seinem inneren Auge hatte, wie seinem weltklugen Dafürhalten die Jungfrauen und Junggesellen am füglichsten sich paaren sollten.
In diesem Register nun stand seit einiger Zeit der junge Herr von Maensac obenan und ihm gegenüber auf dem Ehrenplatz unter den Fräuleins eine gewisse Germonde von Lomagne, die Erbtochter eines alten, ehrenfesten Hauses, des einzigen, das Peire bei seinem Umritt in der Nachbarschaft geflissentlich übergangen hatte. Er wußte nämlich, daß sein Bruder Austorc dort ein gern gesehener Gast sei, und wollte, ihrer Verabredung gemäß, nicht daran erinnern, daß es einst noch einen zweiten Troubadour gleichen Namens gegeben habe.
Als nun der Mönch ihn in schwerer Mißlaune, von seinem Fieber kaum genesen, auf dem einsamen Krankenzimmer antraf und sogleich mit seinem Universalmittel gegen alle krankhaften Anfechtungen des jungen Blutes herausrückte, auch die schöne Germonde aus allen Tonarten pries als einen Ausbund ihres Geschlechts, wies ihn der düstere junge Hagestolz zuerst heftig ab, indem er von seinem Bruder zu reden anfing. Der Mönch aber beruhigte ihn sofort: Austorc sei längst aus Lomagne weggeritteu und werde sich schwerlich je wieder dort einfinden, da er inzwischen in Narbonne eine ansehnliche Stellung erlangt und seinen Sinn auf eine Gräfin von Poitiers gerichtet habe. Dessenungeachtet blieb Peire scheinbar taub für alles Zureden des Vermittlers. Als dieser aber achselzuckeud sich entfernt hatte, fuhr es ihm durch den Kopf, dies sei vielleicht die beste und sicherste Art, die Verzauberung, in die ihn das Landkind verstrickt, abzuschütteln und von der ziellosen Narrheit zu genesen. Zugleich dünkte es ihn wohlgethan, der Viernetta zu beweisen, welch ein thörichtes Gänschen sie gewesen, da sie ihren hochgeborenen Liebhaber so verstockt und rauh vou sich gewiesen, und wenn sie ihn zur Seite einer schönen Braut den Weg am Flusse hinsprengen und die Geigen und Flöten