Issue 
(1881) 295
Page
18
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

18

Jllustrirte Deutsche Monatshefte.

lobte, daß es allen Theilen weit mehr um das Schloß und die Herrschaft Maeusac als um den Besitzer derselben zu thun sei, ja an den Thränen, die schon im Begriff waren, aus Germonde's blauen Augen vorzubrechen, daß diese, selbst wenn Alles gleich gestanden, dem früheren Bewerber bei Weitem den Vorzug gegeben hätte und jetzt deni bitteren Gedanken nachhing, Anstorc abgewiesen zu haben, ohne da­durch zu einer standesgemäßen Versorgung gelangt zu sein. Da dies Alles war, was Peire zu wissen begehrte, ließ er die be­troffene Familie nicht lange in ihrer pein­lichen Lage, sondern erklärte mit lachendem Munde, es sei Alles nur ein Scherz ge­wesen, Maensae werde fortan nicht mehr den Herrn wechseln und jedenfalls die schöne Germonde nur des Schloßherrn Gattin werden, da sie viel zu gut und kostbar sei für einen singenden Vaganten, der nicht habe, wo er sein Haupt hinlege.

Was hierauf folgte, ist so leicht zu er- rathen, daß es mit wenigen Worten be­richtet werden mag. Als der schimmernde Hochzeitszug der Burg sich nahte, wo Austorc einsam zwischen Bangen und Hoffen zurückgeblieben war, gedachte dieser noch im letzten Augenblick sich davonzn- schleichen. Aber gerade auf der Schwelle des Thors stieß er auf die festliche Caval- cade und mußte nun stehen bleiben und sich geberden, als sei er zum Empfang des jungen Paares ihm so weit entgegenge­kommen. Peire aber sprang alsbald aus dem Sattel, führte das Pferd, das die Verlobte trug, dem Bruder entgegen und sagte so laut, daß Alle es vernehmen konnten:Hier, lieber Bruder, bringe ich dir deine liebe Braut, bei der ich nur den Freiwerber für dich gemacht. Denn da du nun für alle Zeit der einzige erbgesessene Herr von Maensae sein wirst, die schöne Blume dieses Landes aber nur blühen kann, wenn sie in fester Erde eingepflanzt und von einem dauerhaften Sonnenschein erwärmt

' wird, so hast du allein dieses Glück ver- - dient, welches ich dir aus brüderlichem ^ Herzen gönne, nur bittend, daß ihr in der ! Halle unserer Väter ein warmes Plätzchen ^ offen halten wollt, wenn ein umgetriebener Landstreicher einmal danach verlangt, an eurem Herde sich die Hände und das Herz ! zu wärmen."

; Wir schweigen von dem frohen Aufsehen und Tumult, dem Lachen und Weinen, Kopsschütteln und Umhalsen, das diese Worte hervorriefen. Als der Sturm sich aber ein wenig gelegt hatte, sah man, daß er nichts in Verwirrung gebracht, vielmehr Alles an seinen richtigen Platz gerückt hatte. Und so wurde unverzüglich und ohne daß von irgend einer Seite Einsprache geschehen, die Trauung in der Schloß­capelle vollzogen, und als Peire bei der hochzeitlichen Tafel der Neuvermählten gegeuübersaß, statt, wie sie noch gestern gedacht, an seiner Seite, grüßte ihn über den Rücken des gebratenen Pfauen hin­über ihr Blick so holdselig und warm, wie er sicfts ans der ganzen Brautzeit nicht entsinnen konnte.

Er war auch selbst so guter Dinge wie lange nicht, trank mit Maßen von dem süßen Hochzeitswein, plauderte aber un­aufhörlich, als wäre er in einem früh­zeitigen Rausch befangen, und trug zum Nachtisch ein Brautlied vor, das er auf das Glück des jungen Paares erst über Tische gedichtet hatte, wozu die Musikanten nach jeder Strophe einen lieblichen Refrain geigten. Als dann aber die Tafel aufge­hoben und der Tanz beginnen sollte, stahl er sich nach einem flüchtigen Händedruck von dem glückseligen Bruder fort, winkte ^ einen der Knechte herbei, dem er einen ^ heimlichen Auftrag gab, und wandelte l dann, nichts mit hinwegnehmend als einen Beutel mit Gold, so viel vorm Jahre l Austorc davongetragen, in den dämmern­den Abend hinein, ohne jeden Kummer, daß er diese Stätten, die ihn als Herrn