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Jlln st riete Deutiche Monatshefte.
das Gesicht ganz in Gluth getaucht, und stand hastig auf. „Komm, Esparviers, hier ist nicht unseres Bleibens. Alan verfolgt uns selbst an diesen armen Ort."
„Und wird euch bis ans Ende der Welt verfolgen, wenn ihr nicht stille haltet und dem Sausewind erlaubt, euch die Wange zu streicheln. So wahr mir Gott helfe, Viernetta, ich bin hier, um dich zu fragen, ob du mich zum Manne willst?"
Sie blitzte ihn zornig an. „Denkt, was Ihr vor wenig Stunden eine Andere gefragt habt," sagte sie. „Lasset mich gehen!"
Er lachte übermüthig und haschte ihre Hand. „Die Andere hat mich nicht gewollt," sagte er, „weil mein Bruder ihr lieber war. Wirst du nun einem armen Verstoßenen, der Hab' und Haus verloren hat, deine Thür weisen, oder willst ihm aus christlichem Erbarmen einen Unterschlupf gönnen in deinem Herzen und deine Hirtenstreu mit ihm theilen?"
Sie war todtenbleich geworden und stand sprachlos vor ihm. Auch hatte sie nicht Zeit, sich auf eine Antwort zu besinnen, denn eben jetzt kam der Abt des nahen Cistercienserklosters, der die Trauung des Herrn Austorc mit der schönen Germonde vollzogen, auf seinem kleinen Pferdchen dahergetrabt, einen Knaben hinter sich auf der Kruppe, der ihm als Ministrant gedient hatte. Er pflegte von allen Hochzeiten sich zu entfernen, sobald die Musik den ersten Reigen zu spielen begann. Nun war er sehr erstaunt, sich Plötzlich anrusen zu hören, und noch mehr, als er Herrn Peire erkannte, der, das ländliche Mädchen an der Hand, vor der Capelle stehend also zu ihm sagte:
„Hochwürdiger Herr, ich bitte Euch, daß Ihr, eh' Ihr weiterreitet, noch ein anderes junges Paar zusammengebt: mich, den jüngeren Herrn von Maensac, einen fahrenden Poeten seines Zeichens, und dies Euch wohlbekannte Mägdlein, dem Ihr oft genug die Beichte abgenommen habt,
um zu wissen, daß sie eines weit besseren Mannes werth wäre. Da nun aber keiner zur Stelle ist und gegenwärtiger Peire von Maensac sie so herzlich liebt, wie er von ihr wiedergeliebt wird, so waltet Eures heiligen Amtes und macht aus uns Zweien eine Creatnr und sprechet Euren Segen über uns. Amen!"
Der Abt, der anfangs glaubte, Herr Peire spreche in der Weinlaune und wolle seiner Vermittelung sich zu nnehrbarer Posse bedienen, suchte Ausflüchte, die jedoch der Liebende mit festem Betragen zu Schanden machte. Der kleine geistliche Knabe und ein Dorfmädchen, das zufällig des Weges kam, mußten als Zeugen dienen, und so wurde vor dem hölzernen Bilde des Gekreuzigten in dem Galgen- capellchen der edle Herr von Maensac mit seiner Schäferin, wie sie ging und stand, unauflöslich verbunden.
„Ich dank' Euch, hochwürdiger Herr," sagte der junge Ehemann, nachdem er seine Braut umarmt und sammt ihr, die kaum das Ja über die Lippen gebracht, dem Abt die Hand geküßt hatte. „Und hier habt Ihr eine Gabe für die Armen Eures Klosters, so gut ein fahrender Mann es hat und vermag. Jetzt aber wollen wir uns noch einen anderen Segen holen."
Er beschenkte auch den Knaben und Viernetta's Brautjungfer, der diese die Sorge für ihre Heerde übertrug, und wan- derte dann mit seiner jungen Frau über die Wiesen und durch den Wald dem Häuschen zu, das Viernetta's Mutter bewohnte. Als sie aber dort eintraten, fanden sie die alte Frau vor einem Tische stehend, aus dem ein reiches Mahl aufgetragen war in silbernen Schüsseln, von Kerzen erleuchtet, die in silbernen Armleuchtern brannten. Dies hatte der Diener, auf Peire's Befehl, heimlich nach der Hütte geschafft und der Alten kein Wort dazu sagen dürfen, so daß diese noch von ihrem Staunen sich nicht hatte erholen können.