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Ellern klipp.
Fontane:
war ja kohlschwarz und eigentlich noch schwärzer als die Muthe, bloß nicht so kraus. Und davon, denk' ich, hat unser Hildechen das rothe Haar und ist so was Feines."
„Höre, Griffel," entgegnete der Haidereiter, „ich kenne dich und weiß, wo das hinaus soll. Aber ich sage dir, ich will davon nicht hören. Was geschehen ist, ist geschehen, und es muß nun todt sein, so todr wie die Muthe. Die hat Alles mit ins Grab genommen, ich meine die Geschichte von drüben, und das Kind ist jetzt ehrlicher Leute Kind, unser Kind, und du wirst den Mund halten. Und ich weiß auch, du kannst es, wenn du willst. Denn du bist eine kluge Person, eine rechte Schulmeisters- und Küsterstochter, und hörst das Gras wachsen, gerade so wie der alte Melcher Harms oben, den du nicht leiden kannst. Und warum nicht? danach frag' ich nicht, das ist deine Sach'. Aber meine Sach' ist, daß ich kein Gerede haben will, und soll Alles sauber und rein in meinem Hause sein. Und was gewesen ist, ist gewesen. Und dabei bleibt's. Hörst du?"
Griffel, während Baltzer so sprach, hatte das Tischtuch immer wieder und wieder geglättet, trotzdem es längst glatt lag, und sagte nur: „Es ist gut, sie soll nichts hören davon, und im Dorfe redet sich's todt. Aber ihr eigen Blut wird es ihr sagen. Und ich merke schon so was."
„Unsinn."
„Ihr müßt ihr bloß nach den Augen sehen, Baltzer, und wie sie so zufallen am Hellen lichten Tag. Und ist immer müd' und thut nichts; aber mit eins richtet sie sich ans und steht kerzengrad' und ist, als ob ihr die Guckerchen aus dem Kopf wollten. Und dann ist es wieder vorbei. Ja, Baltzer, es wird nichts Leichtes sein mit dem Kind."
„Und was meinst du, was geschehen soll?"
„Allerlei, mein' ich. Ich meine, sie muß in die Schul' und an die Arbeit. Es ist ja zum Gotterbarmen mit ihr, und kann nichts und weiß nichts, und ist wild ausgewachsen und will immer hinaus. Und wenn sie nicht hinaus will, so will sie schlafen."
„Ich habe selber schon an Schule gedacht," antwortete der Haidereiter. „Aber der alte Sörgel will es nicht und meint, es sei noch zu früh, und hat erst von Ostern gesprochen. Und weil ich ja gesagt habe, so muß es bleiben."
Und es blieb so.
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Ein milder Herbst war, stille warme Tage bis tief in den Oktober hinein, und das Vieh, das sonst früh in den Stall kam, wurde immer noch an des Haidereiters Hause Vorübergetrieben, um oben auf den „Sieben-Morgen" seine Weide zu finden. Die Kühe hatten ein gestimmtes Geläut, und Hilde, wenn sie das Läuten von ferne hörte, lief ihnen entgegen und setzte sich auf den Bankstein in der offenen Vorlaube. Der melancholische Ton der Glocken durchzitterte sie mit einer Sehnsucht weit hinaus, aber diese Sehnsucht in die Weite war ihr Glück. Und zuletzt kam der alte Melcher Harms, den sie schon von früher her kannte, wo sie noch oben auf Knnerts- Kamp zu Hause war. Er trug einen langen Leinenrock mit vielen Knöpfen, wie die Hirten zu tragen pflegen, und immer, wenn er seinen dreikrämpigen Hut abnahm, sah man einen großen braunen Kamm, der sein spärliches aber langes Haar nach hinten zu znsammenhielt. Und um dieses Kammes willen war es, daß er bei den Dorfleuten etwas spöttisch der Kamm- Melcher hieß. Aber Hilde hing an ihm, und allabendlich, wenn er heimkehrte, brachte er ihr einen Strauß mit, den er aus Haidekraut und ein paar verspäteten Erdbeeren zusammengebunden hatte. Dann