Heft 
(1881) 296
Seite
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Fontane: Ellernklipp.

seit einiger Zeit überhaupt darauf hielt, I daß ein Unterschied sei".

Es waren jetzt zwei Jahre, daß zum ersten Male von diesemUnterschied" ge­sprochen worden war, und was die Ver­anlassung dazu gegeben hatte, das war im Sinn und Herzen des Haidereiters unvergessen geblieben.

Und konnte auch nicht anders sein.

Ein' sehr heißer Julitag war es ge­wesen und Alles ausgeflogen, auch Hilde zu Melcher Harms auf die Sieben-Morgen hinauf, um mit ihm zu plaudern. Aber ihr Gespräch, so leicht es sonst zu gehen pflegte, hatte heute gestockt, weil eben die Hitze zu groß war, und Hilde war höher hinaufgestiegen, um da, wo Wald und Haide an einander grenzten, eine schattige Stelle zu suchen. Und auch zu finden. Hier hatte sie sich niedergelegt, sich's bequem gemacht und war eben eingeschlafen, als der Haidereiter seines Weges kam und plötzlich gewahr wurde, daß sein Hühnerhund stand. Es war

nicht Jagdzeit, aber er nahm doch die Flinte von der Schulter und schlich leise heran, um zu sehen, was es sei. Da lag Hilde, den einen Arm unterm Kopf, und sah geschlossenen Auges in den Himmel. Ihr Haar hatte sich gelöst und ihre Stirn war leise geröthet, und Alles drückte Frieden und doch zugleich ein geheimniß- volles Erwarten aus, als schwebe sie, tranmgetragen, einem unendlichen Glücke nach. Um sie her aber summten ein paar Bienen, und die Sonne schien und das Haidekraut duftete. Da mußte Baltzer des Wortes wieder gedenken, das Sörgel letzten Herbst erst gesprochen hatte:Die Hilde blüht"; und er wiederholte sich's, hing das Gewehr über die Schulter und sah andächtig und verworren dem Bilde zu, bis er sich heimwärts wandte. Neben ihm her aber ging das Bild, und als eine Stunde später die Hilde nach Hause kam, vermied er es, sie zu sehen, wie wenn er etwas

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Unrechtes gethan und durch die zufällige Begegnung ihr Innerstes belauscht oder ihr Schamgefühl beleidigt habe. Diese Verwirrung und Unruhe blieben ihm auch, und er mußte sich's zuletzt, alles Sträubens ungeachtet, in seinem Herzen bekennen: er habe sie mit anderen Augen angesehen als sonst. Ja, das war es. Und er schämte sich vor sich selbst. Aber zuletzt bezwang er's, und nur Zweierlei blieb ihm in der Seele zurück: einmal, daß die Hilde kein Kind mehr sei, und zweitens und hauptsächlichst, daß sie sein Kind nicht sei. Diese zweite Wahrnehmung indessen ging Niemanden etwas an, und so war es denn lediglich um des ersten Punktes willen, daß er am folgenden Tage die Griffel in seine Stube rief.

Diese hatte den Thürknopf in der Hand behalten und stand auf der Schwelle wie Jemand, der rasch wieder fort will; als sie jedoch merkte, daß es ein Langes und Breites geben würde, kam sie näher und stellte sich mit ihrer Schulter bequem an den Ofen, während der Haidereiter in ersichtlicher Erregung auf- und abging. Endlich aber begann er:Es ist wegen der Hilde, daß ich mit dir sprechen will. Ich denke, Griffel, wir sind einerlei Meinung und bleiben gute Freunde. Denn du bist eine ver­ständige Person ..."

All' Fruenslüd sinn unverstännig."

Wer sagt das?"

Joost."

Joost ist ein Narr," eutgegnete Baltzer. Aber die kleine Zwischenbemerkung war ihm doch gelegen gekommen, und er fuhr nun freier fort:Also wegen der Hilde. Sie ist nun achtzehn, schon ein Viertel drüber, und ist kein Kind mehr. Ich denke, sie muß nun ans dem Müßiggang heraus und sich dran gewöhnen, daß sie was unter Pflicht und Obhut hat und nicht so hineiulebt in den Tag, immer bloß bei dem Alten oben, oder auf Kuuerts-