Heft 
(1881) 296
Seite
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Jllustrirte Deutsche Monatsh efte.

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Wer anders als dieser alte Kamm-Melcher, der jeden Abend oben steckt und unserem alten Sörgel über den Kopf weg seinen Mischmasch von Weisheit und Unsinn zum Besten giebt. Versteht sich heimlich. Aber was ist heimlich bei vornehmen Leuten? Und was ist heimlich überhaupt? ,Jst auch noch so fein gesponnen, muß doch Alles an die Sonnen? Und ist auch ein Trost und ein Glück, daß es so ist. Denn alles Unrecht muß heraus. Und was ein rechtes Unrecht ist, das will auch heraus und kann die Verborgenheit nicht aus- halten. Und eines Tages tritt es selber vor und sagt: hier bin ich. Ja, Kinder, so Hab' ich's immer gefunden, auch bei den Soldaten schon, und ich entsinne mich ... Aber ich sehe wohl, ich Hab' es schon erzählt und bin noch nicht alt genug, um immer bloß fürs Alte zu fein und am wenigsten für alte Geschichten. Aber für ein Altes bin ich, und am End' ihr auch wenigstens unsere Griffel hier, denn die hat eine feine Zung' und eine spitze dazu, nicht wahr? Aber das thut nichts, wenn's hier nur stimmt und der Katechismus in Ordnung ist und der Wandel und die gute Sitt' aber was ich sagen wollte, für ein Altes bin ich. Und hier ist der Schlüssel, Martin, und nun geh' und hol' eine von den weißge­siegelten, ohne Zettel. Bah, Zettel! Zettel hin, Zettel her! Der Zettel macht's nicht, aber was drin ist, das macht's. Und dafür steh' ich. Also von den weiß­gesiegelten, Martin. Oder bringe lieber gleich zwei. Denn es wird Einem wohler und wärmer ums Herz, wenn man nicht gleich mit der Angst anfängt: ,Ei, du mein Mäusle, was wird? 's ist schon wieder vorbei? Nein, nein, was es auch sei, man muß immer was Sicheres vor sich haben, und der freie, ruhige Blick in die Zukunft, das ist überhaupt das Beste vom Leben. Und nun geh', Martin. Aber sieh dich vor bei der drittletzten Stufe, die liegt

nicht fest, und zerschlage mir nichts, denn ich bin abergläubisch. Und an meinem Geburtstage soll mir kein Glas in Scherben gehen. Und auch keine Flasche."

Martin ging und kam wieder und stellte die Flaschen auf den Tisch. Und mit einem langen Pfropfenzieher, an dessen Griff eine Bürste war, zog jetzt der Haide­reiter den Kork aus der ersten Flasche, putzte die Lackkrümelchen sorgfältig weg und goß unter Schmunzeln und doch zugleich mit einer gewissen Feierlichkeit in alle vier Gläser ein. Und nun nahm er seins, hielt es gegen das Licht und freute sich, daß es wie kleine Geister darin auf- und niederstieg.Aus ein glückliches Jahr!" Alle Gläser klangen zusammen, nnd Alle tranken aus. Nur Hilde nicht.

Aber darin versah sie's, und der Alte sagte:Wer nicht austrinkt, meint es nicht gut. Und du hast bloß genippt, Hilde. Wer mein Liebling sein will, muß austrinken; werde nur nicht roth, der Martin gönnt dir's und die Griffel auch. Nicht wahr, Griffel? ... Und wißt ihr, wo der Wein herstammt? Der stammt drüben vom Schloß und ist noch vom seligen Grasen, von meinem gnädigen alten Herrn, der nun auch drüben unterm Stein liegt, lange vor der Zeit. Ja, daß ich's sagen muß, lange vor der Zeit. Aber das mit dem jungen, das war ihm zu viel."

Er wollte behaglich - weiter plaudern, aber er unterbrach sich plötzlich, weil ihm einfiel, daß er sich selber vorgesetzt hatte, von dem Tode des jungen Grafen und überhaupt von dem jungen Grafen in Hilde's Gegenwart nie sprechen zu wollen. Als er diese jedoch völlig unbefangen bleiben und nur neugierig Augen machen sah, fuhr er auch seinerseits in wiederge­wonnener Unbefangenheit fort:Ja, das mit dem jungen, das war ihm zu viel. Und als ihn die Halberstädter anbrachten, immer mit Trommeln und Pfeifen denn