Heft 
(1881) 296
Seite
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Jllustrirte Deutsche Monatshefte.

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müde, sich in den Stuhl zurückgelehnt und seinen Meerschaum angezündet hatte, rief er Hilden zu, daß sie was singen solle, was recht Hübsches und Trauriges, so was, wie sie letzten Geburtstag mit dem Martin zusammengesungen habe: dasvom Junker von Falckenstein". Oder auch was Anderes. Und so sangen sie denn das Lied vomeifersüchtigen Knaben", und Baltzer hörte so fromm und andächtig zu, als ob es aus einem Gesangbuch wär', und blies dabei seine Wolken in die Lust. Und auch Griffel schien eine Weile lang ganz Ohr; als aber die Strophe kam:

Ich kann und mag nicht sitzen,

Mag auch nicht lustig sein,

Mein Herz ist mir betrübet,

Feinslieb von wegen dein ...

da stand sie vom Tisch auf und ging in die Küche hinaus, erst um wieder Ord­nung zu machen und danach auch um ihren Staat vom Boden zu holen. Denn der nächste Tag war ein Sonntag, und sie versäumte nicht gern die Kirche; so wollte es der Haidereiter, und so war sie's gewöhnt von Kindheit an.

In der Stube mittlerweile reihte sich unablässig Vers an Vers, immer mono­toner und immer trauriger, weil sich die Kinder zugeblinkt hatten, es ihm recht traurig zu machen; und als gegen das Gilde hin die Stelle kam:

Was zog er ihr vom Finger?

Ein rothes Goldringlein...

da sahen sie zu nicht geringer Freude, daß des Alten Kops auf seiner linken Schulter ruhte. Wirklich, er war eiuge- schlafen, müde von der Fahrt und dem Wein, am müdesten aber von der Ein­förmigkeit ihres Gesanges; und weil ihnen nichts ferner lag, als ihn wecken zu wollen, so schlichen sie sich fort und drückten so geräuschlos wie möglich die

Thür ins Schloß. Auf der Diele drau­ßen aber, um völlig sicher zu gehen, thaten sie noch ihre Schuhe von sich und tappten sich bis an die Treppe, wo sie, bevor sie Hinaufstiegen, einen Augenblick stehen blieben und horchten und kicherten.

Oben aber, gerade der Stelle gegenüber, wo die Treppe mündete, war ein Latten- verschlag, und hier saß Griffel all' die Zeit über und nahm aus einer großen Truhe, deren Deckel hoch aufgeklappt war, ihren Sonntagsstaat heraus: Latz und

Kopftuch und Rock und Mieder. Und sie schien ganz in ihren Staat vertieft. Als sie jedoch das Kichern unten hörte, blies sie das Licht aus und duckte sich bis an die Erde. Denn es war Mondschein, und der Schatten, der strichweise unter dem Dache hinlief, verdeckte sie nur halb.

Und nun waren Martin und Hilde die Treppe hinauf und standen unter einer Luke, durch die von oben her ein breiter Lichtstreifen einfiel. Und hier war's, wo sie sich trennen und in ihre Giebelkam­mern nach rechts und links hin abbiegen mußten. Und sie trennten sich auch wirklich. In demselben Augenblick aber, wo Martin an seiner Thür hielt und eben schon die Klinke faßte, wandte er sich und rief mit gedämpfter Stimme zweimal über die Diele hin:Gute Nacht!" Und auch Hilde hatte sich ge­wandt, als ob sie's nicht anders erwartet habe, und wie vom selben Geiste ge­trieben, liefen Beide wieder auf die Stelle zu, wo sie vorher gestanden und umklammerten sich und küßten sich. Eine kurze, selige Minute. Dann aber schreckte sie Geräusch von Flur oder Treppe her aus einander, und nur noch einmal klang es leise:Gute Nacht!"

UndGute Nacht!" klang es ebenso zurück.

(Schluß folgt.)