Heft 
(1881) 296
Seite
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Stadt, als der jüngere Hans Sachs bereits zu einer bedeutenden dichterischen Thütigkeit sich entwickelte und zunächst in der edlen Kunst des Meistergesanges mit den anderen Künsten rühmlichst wett­eiferte. Und in diese Stadt voll gewerb- thätiger Menschen, die ihre gerühmten und begehrten Maaren in alle Lande ver­sandten, in dies Gewühl heiterer Faschings­lust und ernsten Fleißes blickten auch da­mals schon die Thürme der Sebaldus- und Lorenzokirche herab, in denen wir die höchste Anmuth der gothischen Bau­kunst bewundern und welche heute noch die kostbarsten Werke eines Peter Bischer und Adam Krasft bewahren. Hans Sachs hat uns wenigstens in einem seiner Ge­dichte ein ebenso ungekünsteltes wie frisches und anschauliches Bild jenes alten Nürn­berg hinterlassen. Es ist seinLobspruch der Stadt Nürnberg" (vom Jahre 1530). Nachdem er die Stadt mit ihren zahl­reichen steinernen Brücken, Ringmauern, Thürmen u. s. w. geschildert, mit dem unabsehbaren Hänsermeer, in welchem acht Kirchen, dreizehnöffentliche Badstuben", hnndertundsechzehn Schöpfbrunnen u. f. w., kommt er auch auf den Handelsverkehr, auf die Jahrmärkte und auf die Bevölke­rung zu sprechen, derenmeisten Theil sich mit Handwerk nährt"

Allerlei Handwerk ungenannt Was je erfunden Menschenhand.

Ein großer Theil führet den Hammer Für die Kaufleut und für die Kramer

Auch sein da gar sinnreich Werkleut Mit Drucken, Malen und Bildhauen,

Mit Schmelzen, Gießen, Zimmern, Bauen, Vergleich man findt in keinen Reichen,

Die ihrer Arbeit können gleichen,

Als da man köstlich Werk anzeiget.

Wer dann zu Künsten ist geneiget,

Der findt allda den rechten Kern;

Und wellicher Kurzweil will lern,

Fechten, Singen und Saitenspiel,

Die findt er künstlich und subtil.

Wer aber, fragt der Dichter, kann ein so großes Werk regieren und gehorsam- lich ordiniren? Dem weisen Rath der Stadt werden nun die ihm gebührenden Lobsprüche ertheilt, der Allesso fürsich- tiglich regiert", die Stadt in ihre Bezirke mit Amtleuten und mit der Hanptmann- schaft getheilt hat, die Handwerker mit ihren geschworenen Meistern u. s. w. Aber dafür erhebe sich auch von manchen

che Monatshefte.

Seiten der Neid gegen dies glückliche Nürnberg und setze ihm zuwider alle Billigkeit". Vier Fräulein aber halten Wache und schützen die Stadt gegen alle Anfechtungen. Diese vier Fräulein, welche nun, eine nach der anderen, vom Dichter eingehend geschildert werden, sind: die Weisheit, die Gerechtigkeit, die Wahrheit und endlich auch die Kraft, letztere mit Ringmauern, Gräben, Basteien und hundertdreinndachtzig Thürinen ausge­rüstet.

Außer dieser trefflichen Schilderung der alten blühenden Reichsstadt finden sich in der so großen Menge der Hans Sachs- schen Dichtungen auffallend wenig An­spielungen auf locale Verhältnisse. Auch in dieser Beziehung, ebenso wie in seiner Wahl der poetischen Stoffe, erscheint dieses Mannes Blick nicht im mindesten beengt durch die Schranken zufälliger Verhält­nisse; derselbe schweift vielmehr hinaus über die festen Burgmauern der Stadt auf alle für die poetische Darstellung und für die populär-philosophische Betrachtung zu erobernden Gebiete. Und wie wir ans seinem erwähnten Gedichte auf Nürnberg nicht nur das warme Herz erkennen, wel­ches er für feine Heimath hatte, so docu- mentirt er in demselben, namentlich durch die eingehenden Schilderungen jener alle­gorischen Gestalten der Gerechtigkeit und der Wahrheit, auch ein wahrhaftes und tiefes Verständniß für den hohen Werth ihrer gesellschaftlichen und politischen In­stitutionen.

Reich genug waren die Anregungen, welche das Leben einer solchen Stadt einem lebhaft empfänglichen Geist und denkenden Kopf geben konnten. In der That hatte jener hier angedenteten Fülle der Gewerbthütigkeit und jenem herrlichen Kreise der anserwähltesten künstlerischen Persönlichkeiten nur noch ein Dichter ge­fehlt. Und so erscheint Hans Sachs als die recht eigentliche Vervollständigung der Blüthe Nürnbergs.

Das alte Nürnberg, in welchem in neuerer Zeit nach dem Utilitätsprincip stark aufgeräumt worden, hat sich trotz­dem im Wesentlichen bis heutigen Tages noch so erhalten, daß wir im Anblick der alten Stadttheile mit den herrlichen Kirchen, kunstvollen Erkern, Brunnen u. s. w. uns die alte Reichsstadt mit ihrer damaligen