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IN u stritte Deutsche Monats hefte.
Gebiete bereits namhafte Dichter, wie Rvsenplüt und den Barbier Hans Fotz, aufznweisen. Aber schon die frühesten Dichtungen des Hans Sachs, so unbedeutend und so nnbehütflich in der dramatischen Form sie auch sind, zeigen doch namentlich in dem darin herrschenden Geiste einen großen Fortschritt gegen die rohen Products seiner Vorgänger.
Sein erstes Fastnachtsspiel ist 1517 geschrieben, fällt also in dasselbe Jahr, in welchem Luther mit seinen Thesen gegen den Ablaßschwindel den ersten Keulenschlag gegen die pfäffische Miß- wirthschaft that. Aber in diesem Fastnachtsspiel zeigt unser Dichter auch noch nicht einmal sein Genie für die realistische Darstellung kleinbürgerlicher Verhältnisse, sondern bewegt sich mehr in der allegorisch- moralisirenden Manier des Schweizers Gengenbach, an dessen Spiel „Die Gäuch- mat" es sowohl im Stoffe wie auch in der Art der Behandlung so auffallend erinnert, daß man annehmen muß, der Nürnberger Poet habe daraus unmittelbar die Anregung erhalten.
Jenes Fastnachtsspiel des Hans Sachs heißt: „Das Hofgesind Veneris." Da es seine erste uns bekannte dramatische Dichtung ist, so möge hier der Inhalt in Kürze wiedergegeben werden. Das Spiel behandelt die Sage vom getreuen Eckart und dessen Warnungen vor dem Venusberg. Nach dem Prolog des Ehrnhold (oder Herold, eine Figur, die sonst bei Hans Sachs nur in den Tragödien und Komödien, nicht aber in den Fastnachtsspielen Gebrauch ist) tritt „der getreue Eckart" auf und spricht: -
Gott grüß euch Alle hie gemein,
In gilt kam ich zu euch herein,
Denn ich Hab auch gar mol vernommen,
Wie mehr Gast hernach werden kommen,
Vor denen ich euch warnen muß.
Es wird sein die Königin Venus,
Die wird mehren ihr Hofgesind Weit manchem scharfen Pfeil geschwind,
Und weil sie trifft, der kompt in Noth,
Hut euch vor ihr, das ist mein Rath.
Der Danheuser spricht:
Herr Danheuser bin ich genannt.
Mein Nam der ist gar weit erkannt,
Aus Frankenland war ich geborn,
Aber Frau Venns auserkorn
Hat mich in ihrem Dienst bezwungen,
Ihr Pfeil hat mir daS Herz durchdrungen, Darnach da hat sie mich gefangen Und an ihr starkes Seil gehangen.
Frau Venus spricht:
Ich bin Venus, der Lieb ein Hort,
Durch mich ward mannich Reich zerstört,
Ich Han auf Erden groß Gewalt Ueber Reich, Arme, Jung lind Alt,
Wen ich wund mit dem Schießen mein, Derselbig muß mein Diener sein;
Alsdenn jetztund aufspanne ich,
Darum wer fliehen will der fliech.
Der Ritter spricht:
Hör zu, du Königin auserkorn,
Ich bin ein Ritter wohlgcborn,
Nach Rennen, Stechen steht mein Sinn,
Vor beim Schießen ich sicher bin.
Der getreue Eckart spricht:
O fleuch bald, fleuch, du strenger Ritter,
Venns macht sonst dein Leben bitter.
Frau Venus spricht:
Ritter, dich Hilst dein Fliehen nicht,
Mein Pfeil ist schon aus dich gcricht.
Der Ritter spricht:
O weh Venus, was zeuchst du mich,
Daß du mich scheußt so härtiglich.
Mein Rennen, Stechen hat ein End,
Ich geb mich in dein Regiment.
Mit den hier citirten ersten Reden ist Inhalt und Form des ganzen Spiels charakterisirt. Denn wie es dem Ritter erging, so ergeht es nun nach einander dem Doetor, Bauer, Bürger, Landsknecht, Spieler und Trinker, sowie der „Jungfrau" und dem „Fräulein". Bei jeder Person wiederholt sich die Warnung des Eckart, die Bedrohung durch Venns und die Klage des durch ihren Pfeil Getroffenen. Nachdem Frau Venus die reiche Beute gemacht, beschließt sie das Stück damit, daß sie zum Tanz auffordert und in: Epilog Alle einladet, ihr in den Benus- berg zu folgen.
Noch deutlicher spricht sich die Tendenz gegen die unkensche Liebe in dem Fastnachtsspiel „Von der Eigenschaft der Lieb" aus, welches — ebenfalls noch vereinzelt — in das folgende Jahr füllt und das mit der an die Frauen und Jungfrauen gerichteten Moral schließt:
Spart eure Lieb bis in die Eh,
Denn habt ein Lieb, sonst keine meh.
Auf diese beiden vereinzelten und sehr schwachen Versuche des Dichters folgt erst nenn Jahre später, im Jahre 1527, eine „Tragödie", und zwar römischen Stoffes: „Von der Lucretia, aus der Beschreibung Livii." Hier machte sich der Dichter mit der Dramatisirung des überlieferten