Gen6e: Hans Sachs.
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noch verschlossen. Meist sind seine Acte nur Scenen, und wo er mit drei bis fünf Acten den Stoff nicht erschöpfen konnte, da vergrößert er die Zahl derselben in beliebiger Weise. Zunächst waren es jetzt die biblischen Stoffe (wie Esther, Hiob, Tobias, die Opferung Jsaac's u. s. w.), welche er für die größeren Schauspiele vorzugsweise benutzte. Inzwischen bereicherte er seine Literaturkenntniß in so außerordentlicher Weise, daß die Stoffe ihm aus den verschiedenen Quellen immer zahlreicher zuströmten. Er benutzte zunächst Ovid und Lucian, bearbeitete die Menächmen des Plautus und wählte ans Boccaccio vor Allem diejenigen Erzählungen, die eine romantische Handlung voll ernster Spannung enthalten, wie zunächst die Griseldis, die er 1546 unter dem Titel: „Die geduldig und gehorsam Markgräfin Griselda, ein Cvmedi" rc. schrieb.
Von den alttestamentarischen Stoffen muß hier aber noch derjenige besonders erwähnt sein, zu dem er immer wieder, in Gedichten und in Schauspielen, zurück- kehrte. Es ist dies die Geschichte von Adam und Eva. Er hat den Stoff, der doch im Grunde noch den geistlichen Spielen des Mittelalters angehörte, wiederholt bearbeitet. Im Jahre 1548 schrieb er die „Tragedi von der Schöpfung, Fall und Austreibung Ade ans dem Paradeyß". Das Spiel beginnt nach dein Prolog eines Cherub mit einer Rede Gottes:
Ich Hab erschaffen alle Ding.
Das Erdreich und der Himmel Ring,
Auch beschus ich das Firmament rc.
Am Schluffe der Aufzählung aller Dinge, die der Herr erschaffen, und nachdem er verkündet, daß er nunmehr auch den Menschen, als den Herrn „über alle Thiere", aus Erde formtreu wolle, heißt es: „Der Herr bildet Adam und bläst ihm ins Angesicht und spricht" rc. Der erste Auszug endet damit, daß Adam sich schlafen legt, worauf mit Beginn des folgenden Actes Gott von dem Schlafenden eine Rippe nimmt und Eva bildet. Hiernach folgt die Conspiration der drei Teufel: Lucifer, Satan und Belial, die Verführung Eva's durch die Schlange, der Sündenfall und die Austreibung aus dem
Paradiese. — Mehrere Jahre später (1553) setzte er die Geschichte fort, indem er aus eines seiner Lieder und Meistergesänge zurückgriff, dabei der Darstellung in einem Briefe Melanchthon's folgend, der wiederum von Alberus in einen lateinischen Dialog gebracht war. Diesen Stoff, welcher die Familienangelegenheit von Adam und Eva behandelt, bearbeitete er dramatisch zweimal in demselben Jahre, erst im September, dann ini November 1553. Die erstere Bearbeitung ist bei größerer Einfachheit und Kürze auch die anziehendere. Eva klagt dem Adam, der eben ans dein Felde von schwerer Arbeit zurückkommt, ihren Kummer über das mühselige Leben, das sie Beide nach dem Verlust des Paradieses zu führen ver- urtheilt sind. Adam tröstet sie in sehr verständiger Weise und theilt ihr mit: Von einem Engel Hab er vernommen,
Gott der Herr wird heut zu uns kommen,
Will beschauen unser Haushalten,
Und wie wir unsrer Kinder walten,
Wie wir sie lehren und auferzichen.
Eva.
O mein Adam, so will ich fliehen,
Weil ich sürcht ihn so grausam sehr.
Ada m.
Du solltest ihm zulaufen vielmehr;
Weil er zu uns zu kommen meint,
So ist er uns nit so gar feind,
Sondern er will uns noch begnaden.
Geh, ihn die Kinder putzen und baden,
Schmück sie sauber, dieweils noch Zeit,
Leg ihn'n auch an ihr Feierkleid;
Kehr die Stuben, streu Gras im Haus,
Daß es schau um so schmucker aus,
Wenn der Herr kommt zu uns herein.
Eva äußert sich nun hoch erfreut, daß ihnen diese Gnade zu Theil werden soll, und geht eilig fort, um Alles für den hohen Besuch in Ordnung zu bringen. Nach einem Monolog des Adam, in welchem wir u. A. erfahren, daß die Geschichte von Kain und Abel schon in der Vergangenheit liegt, kommt Eva wieder zurück und bringt vier von den Söhnen, die sie hübsch gewaschen und gestriegelt hat. Adam bemerkt ihr, daß dies doch nur ein Theil von den Kindern sei und warum sie nicht alle hereingebracht? Sie meint aber, die anderen sähen gar zu übel aus, „höckrich, schielend, zottig" u. s. w., so daß sie vor dem Herrn sich ihrer schämen müßte. Sie habe sie des-
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