Heft 
(1881) 296
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Ecker: Hand und Fuß des Menschein

tatze sich nähernden Charakter und erscheint uns deshalb unschön. Ein großer Kenner antiker und lebender weiblicher Schönheit, Goethe, sagt in seinen Wahlverwandt­schaften:*Ein schöner Fuß ist eine große Gabe der Natur; diese Amnnth ist unver­wüstlich" und man wird sich erinnern, daß ein solcher Fuß eine in das Schicksal der Helden dieses Romans ziemlich ein­greifende Rolle spielt. Daß aber die Amnnth gerade des Fußes so unverwüst­lich ist, liegt was uns Goethe nicht sagt wohl darin, daß der Fuß seine Gestaltung fast ganz seinem Knochengerüst verdankt und daher an dieser Gestalt auch die größte Abmagerung nur wenig ändern kann. Racenverschiedenheiten in der Fuß bildnng sind uns leider nur noch sehr wenige bekannt, und bei dem raschen Da­hinsterben vieler Naturvölker wird sich dieses Versäumniß kaum noch gut machen lassen. Von dem Fuße des Negers ist bekannt, daß derselbe durch seine fast ganz inangelnde Gewölbebildnng einen exquisiten Plattfuß, eine der thierischen viel mehr sich nähernde Form darbietet, und diese unschöne Form ist schon dem Laien so auf­fallend, daß ein amerikanisches Spottlied über die Schwarzen davon sagt:Der Nigger tritt mit der Höhlung seines Fußes ein Loch in den Boden." Daß der Fuß im Laufe der Entwickelung wesentliche Veränderungen in Form und Richtung erleidet, das lehrt uns die Entwickelungs­geschichte. Die Füße entstehen als schaufel­artige Stümpfe, die Sohle nach einwärts gewendet, und diese Einwärtswendung der Sohlen ist noch beim Neugeborenen und einige Zeit nachher die beliebteste Stellung der Kinder. Man betrachte nur einen solchen kleinen Erdenbürger, wenn er ge­sättigt ist, vergnügt auf dem Rücken in der Wiege liegt und nun zum Schrecken der Mama, die ihn vergeblich zu bedecken sucht, mit den Beinchen in der Lust operirt, und man wird sich von der Richtigkeit meiner Angabe überzeugen. Bleibt die primitive Stellung des Fußes abnormer Weise bestehen und schreitet das Wachs­thum in dieser abnormen Stellung voran, so entsteht die Mißstaltnng, die wir Klump­fuß nennen, bei welcher das Kind mit dem äußeren Fnßrande anstritt. Endlich den

* 1t. Capitel.

Unterschied der Geschlechter in der Con- sormation des Fußes betreffend, so bin ich in der angenehmen Lage, zu consta- tiren, daß das weibliche Geschlecht sich im Allgemeinen durch einen relativ kleineren, also schöneren Fuß anszeichnet. Diesen Vorzug eines kleinen Fußes wissen auch die Damen allerorts zu schätzen und zu zeigen und, wenn sie dessen ermangeln, denselben durch möglichst kleine Schuhe vorzutäuschen. Viel eitler und aus diese Schönheit viel erpichter scheinen jedoch die Damen in China zu sein. Von Kindes­beinen an, dies Wort wörtlich genommen, wird dafür durch wenig rücksichtsvolle Mittel gesorgt, daß die Mädchen möglichst kleine Füße haben. Ob sie damit gehen können, ist eine Frage von untergeordneter Bedeutung, wie ja überhaupt bei Mode­angelegenheiten die Zweckmäßigkeit erst in dritter Reihe in Betracht kommt. Diese chinesische Mode und ihre Folgen, sowie die minder bedeutenden und beabsichtigten Mißstaltungen des Fußes, welche europäi­sche Schnhkünstler zu veranlassen im Stande sind, hier ausführlich zu betrachten, muß ich diesmal unterlassen, behalte mir jedoch vor, darauf einnml zurückzukommen. Die Schuster haben sich ja schon so oft in andere Dinge eingemischt ich erinnere nur an den Freund des Sokrates, den Schuster Simon, an den Schnsterdichter Hans Sachs, an den Schnsterphilosophen Jakob Böhme in Görlitz, den Stifter der böhmi­schen Brüder, und endlich an den Stifter der Secte der Quäker, G. Fox, daß das Sprüchwort:Schuster bleib' bei deinem Leisten" wohl eine gute historische Grund­lage hat. Es war daher wohl erlaubt, daß auch einmal Anatomen sich in das Schusterhandwerk mischten. Dies geschah zunächst durch den Holländer Anatomen P. Camper, der 1783 ein Merkchen er­scheinen ließüber die beste Form der Schuhe". Besonders aber hat in neuerer Zeit der Züricher Anatom v. Meyer sich mit dieser Frage ernstlich befaßt, und daß er auch bereits praktische Resultate er­reicht, zeigt uns, daß in München eine Anatomische Schuhwaarenfabrik" besteht, welche die wissenschaftlichen Resultate ins Leben überzuführen bestrebt ist.

Um die charakteristische Eigenthümlich- keit des menschlichen Fußes in das volle Licht zu stellen, ist es nun aber nothwendig,