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Illustrirte Deutsche Monatsheft e.
Thaten. Das Bataillon marschirte langsam bis Quedlinburg, denn der Feldzug war in Flandern schon entschieden worden. Mit seinem Compagniekameraden Theodor v. Sydow gab er deklamatorische Unterhaltungen, und als er zum Winter nach Breslau heimkehrte, trat er in die alten ungesunden Verhältnisse. Wenigstens fand er nun an Karl Schall, dem witzigen, geistreichen aber faulen Dichter und Zeitungsschreiber, einen schonungslosen Ver- urtheiler seiner dramatischen Versuche. Kanngießer und van der Velde drangen auch darauf, daß er die Prüfung für die Reise zur Universität ablege. Unter Kanngießer's treuer Hülfe gelang ihm dies ein Jahr später, 1817.
Inzwischen hatte er Folgenreiches erlebt. Im Herbst 1816 war er als Vertreter seines Freundes, des jungen Schauspielers Karl Seydelmann, nach Grafenort in der Grafschaft Glatz gegangen, wo Graf Herberstein auf seinem Schloßtheater spielen ließ Holtei betrat dort zuerst die Bühne und gefiel durch rhetorisches Talent. Er sah hier die junge Schauspielerin vom Berliner Hoftheater Louise Rogee, die Pflegetochter der Petrillo- Eigensatz, die in Grasenort eine wichtige Persönlichkeit war. Er verliebte sich, fand Gegenliebe und die Fäden der nächsten Jahre waren angesponnen.
Student und Burschenschafter, ohne eigentliche Begeisterung für studentisches Treiben, keine Wissenschaft ernstlich erfassend, fruchtbar in lyrischen und dramatischen Versen, allein beständig in der Leidenschaft für das Theater, trat Holtei, nachdem die Pflegemutter nach Obernigk gezogen war, nachdem er am 21. Mai 1819 mit seinem einactigen Vorspiel „Die Farben" entschiedenen Bühnenerfolg gehabt und Schall endlich seine Einwilligung gegeben hatte, am 5. November 1819 zum Anstoß für die adelige Verwandtschaft und den besseren Bürgerstand, aber unter dem Beifall der Studenten als Mortimer in „Maria Stuart" auf dem Breslauer Nationaltheater auf. Er ward engagirt und blieb acht Monate Schauspieler, aber Freuden erlebte er nicht. Der Mangel im Mimischen schadete der leidlichen und guten Deklamation, er brachte niemals eine Rolle zu wirklichem Leben; als unfähig gaben ihn Alle auf. Nur der dra
maturgische Leiter, Regiernngsrath Heinke, hielt ihn ans Mitleid.
Als das Verhältnis zum Theater wieder gelöst war, im Sommer 1820, ging er mit seinem Freunde Julius Rochow auf einer deklamatorischen Sängersahrt durch Böhmen nach Sachsen. Theodor Hell vermittelte sein Auftreten ans der Dresdener Hofbühne als Jnranits. Doch er fiel gründlich durch und ging aus Verzweiflung zu einer kleinen Wandertruppe, verließ sie bald und abenteuerte ohne Geld herum. In Dresden, wo P. A. Wolfs ihn wieder aufrichtete und Tieck ihm gütig begegnete, löste ihn die Pflegemutter gern aus, denn er gelobte öffentlich, das Theater für immer zu meiden.
Im December 1820 kehrte er in das Obernigker Häuschen zurück; doch ein Brief Louise Rogbe's beschied ihn bald nach Grafenort. Sie liebte ihn noch immer. Der Verlobung folgte rasch die Hochzeit; am 4. Februar 1821 traute Pastor Woite das Paar in der evangelischen Kirche zu Obernigk.
Bei der alten, blinden, halb kindischen Pflegemutter auf dem Dorfe zu bleiben, konnte dem jungen Paare um so weniger einfallen, als Louisens Herzkrämpfe, die ihren Abgang vom Theater gefordert hatten, sich fast verloren. Louise v. Holtei ward als erste Liebhaberin in Breslau engagirt und trat am 9. Mai 1821 hier zuerst ans. Karl, den sein öffentlicher Verzicht auf das Schauspielerthum am Spielen hinderte, ließ sich als Secretär und Dichter anstellen, und es fing Alles recht hübsch an. Louise war der Liebling des Publikums, das Paar fand in der besten Gesellschaft Zutritt, aber auf ihn drückte das Gefühl, er sei nichts weiter als der Mann seiner Frau. Holtei wollte daher mit der Feder sich Namen und Geltung gewinnen. Er schrieb manches Dramatische (Angelika, Stanislaus und Gelegenheitsspiele); gab eine plan- und haltlose Zeitschrift, der „Obernigker Bote", heraus, zu der ihn der „Wandsbecker Bote" anregte, die aber nur vom März bis September 1822 erschien; gründete das „Jahrbuch deutscher Nachspiele", das später Gubitz fortsetzte; stellte den ersten Band einer Anthologie von Kirchenliedern mit biographischen Notizen zusammen, der aber Manuskript blieb, weil Rambach's