Jllustrirte Deutsche Monatshefte.
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Winter vor, indem er bei Goethe und Johanna Schopenhauer gern gesehener Gast war und August's v. Goethe vertraute Freundschaft gewann, über den er in den „Vierzig Jahren" wichtige Mittheilungen niedergelegt hat.
Sein Leben in Berlin, das er im Sommer 1829 wieder begann, bewegte sich zwischen der Thätigkeit für das Theater, zwischen Schriftstellerei, Shakespeare- Vorlesungen und einem geselligen Treiben hin und her, dessen Lichtseite das Mendels- sohn'sche und Meyerbeer'sche Haus, die Nachtseite „Das Tollhaus" und „Der Tempel der Tugend" bildeten. Das Königstädter Theater blieb der Richtsteig seiner dramatischen Arbeiten; für diese Bühne etwas zu leisten, fühlte er Lust und Kraft, und es ist tragisch, daß gerade diese Anstalt es war, die ihn immer wieder vom Strande in die wilde See stieß. Die Bearbeitung der Scribe'schen „Olmtns m6tamorpbo866"; die Parodie „Staberl als Robinson"; das vaterländische Schauspiel „Lenore" (im Sommer 1827 begonnen und am 12. Juni 1828 zuerst aufgeführt); seine Einrichtung des Goethe- schen „Faust" — die aber durch Goethe's Mißbilligung und der königlichen Intendanz Protest todt blieb, was ihn dann zu dem Melodrama „Doctor Johannes Faust" verführte —; ferner die „Majorats- Herren" und „Robert der Teufel" waren alle für die Königstadt gemacht. Die alte Neigung zur Leitung einer Zeitschrift brach auch jetzt wieder hervor: im Berlage seines Freundes Jvsephy (Hände-Spener) erschienen seine „Beiträge zur Geschichte der dramatischen Kunst und Literatur", die es aber auch nur zu neun Heften brachten.
Mitten in dem wirren und theilweise wüsten Leben wuchs in ihm die Liebe zu Julie Holzbecher, einer jungen schönen Schauspielerin der Königstadt. Sie spielte die Minette in der „Verwandelten Katze" und die Lenore im gleichnamigen Schauspiel. Gerade das Jungfräuliche und Selbstlose in ihr zog ihn mächtig an, und sie entschloß sich, die Seine zu werden, obschon er ihr nach seinem Bruch mit Cers, dem Besitzer und Director des Theaters, nur eine unsichere Existenz bieten konnte, ja ihre eigene Stellung an dieser Bühne gefährden mußte. Schleiermacher traute
das Paar am 23. März 1830. „Sittsam, natürlich, unterrichtet, wohlwollend, klug und ehrlich, so gab sie sich, weil sie nicht anders war. Vorwurfsfrei ging sie in Anmuth und Schönheit, von dem schlechten Rufe und der üblen Nachrede oft schmutziger Umgebung unangefochten, durch das Leben. Aber indem sie gegen sich als strengste Richterin auftrat, blieb sie nachsichtig und mild gegen Andere. Sie pflegte zu sagen: Ich bin, wie ich bin, weil mir so ums Herz ist. Wenn ich Werth darauf legen wollte, würde mein Betragen seinen Werth verlieren." So hat Holtet selbst die vortreffliche Frau geschildert („Vierzig Jahre" IV, 220. 2. Ausg.), die auch der verwaisten Tochter eine wahre Mutter ward.
Aus der Unbehaglichkeit, welche die Stellung zur Königstadt für ihn in das Berliner Leben überhaupt brachte, schien das Paar durch eine Berufung an die Darmstädter Hofbühne befreit zu werden. Der Intendant Küstner berief ihn als Regisseur, sie als Schauspielerin. Voreilig wurden die Brücken in Berlin abgebrochen, die Contracte nicht abgewartet, welche die wichtigste Bedingung der lebenslangen Versorgung nicht ausgenommen hatten, und lange vor Eröffnung des Theaters eilten sie nach Darmstadt, wo bittere Enttäuschung sie erwartete. Die Huld der Großherzogin und die Freundschaft eines auserlesenen Kreises konnte Holtet nicht über die Unannehmlichkeiten hinweghelfen, die aus dem Zwiespalt zwischen dem Intendanten Küstner und dem Generalintendanten entsprangen, und vor Allem nicht darüber, daß Juliens Spiel nicht gefiel. So kündigten sie Neujahr 1831 und verließen im Mai Darmstadt. Julie hatte wieder in der Königstadt Engagement gefunden, allein gleich ihr erstes Auftreten bewies, daß sie auch den Berlinern nicht mehr zusagte. Erst durch die Dörte in Holtei's Trauerspiel in Berlin (am 24. März 1832 zuerst gegeben) stellte sie ihren Ruf als Schauspielerin wieder her.
Holtei war sehr fleißig nach der Rückkehr. Er schrieb mehrere Erzählungen und verfaßte eine Reihe Stücke, in denen er selbst spielen wollte. Am 5. Januar 1833 eröffnete er seine Gastrollen am Königstädter Theater in dem „Debütan-