Heft 
(1881) 296
Seite
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Mächtige Aquäducte führten aus den Albaner- und Hernikerbergen das rau­schende Quellwasser nach dem tusculaui- schen Berg und von dort weiter bis nach Rom. In der prächtigen Kaiserzeit fiel von der goldenen Hauptstadt der Welt leuchtender Widerschein auf den nahen Hügel herüber. Bor Galba hatte dort bereits Tiberius eine Villa. Auch die Mutter von Augustus' erstem, um der Livia willen verstoßenem Weibe, die edle Sempronia, besaß daselbst ihr Landhaus. Von seiner schönen Felseninsel aus besuchte Tiberius oft die ehrwürdige Matrone. Rom, das der menschenscheue, greise Dä­mon, seitdem er der fürchterliche kaiser­liche Einsiedler von Capri geworden, nicht mehr betrat, sah er von Tusculum aus wieder. Mit welch einem Blicke mag das geschehen sein!

Ueberhaupt welch ein Blick ließ sich von diesem Platze ans alle die Jahr­hunderte hindurch auf Rom werfen, und was hatte dieser Blick Alles gesehen?! Er sah Rom und das ganze römische Land während zweier Jahrtausende vor sich liegen, bald als das goldene Rom und das Prachtgefilde der Welt, bald als Brandstätte und Schlachtfeld.

Unterhalb Tusculums lag der See Regillus. Als an seinen Ufern die große Völkerschlacht geschlagen wurde, konnten die tusculanischen Weiber von ihrer Stadt ans ihre Väter, Männer und Söhne von Römern niedermetzeln sehen.

Und der nerouische Brand! Eine bessere Theaterloge für dies Schauspiel als die Hügel von Tusculum konnte es nicht gegeben haben. Hei! wie mag das Flammenmeer in seinem Bett der römi­schen Hügel gewogt, gewüthet, gebraust und gelodert haben, im Sturm über seine Ufer hinaus, in jenes andere Meer von Haide und Land hineinrasend und brandend und auch dieses in Flammen setzend.

Aber Roms Weltherrlichkeit starb, fiel ab, eine welke, verdorrende Blüthe vom herbstlichen Strauch. Wiederum lagern über dem tusculanischen Berg bange Nacht und tiefes Schweigen.

Plötzlich weicht die Dämmerung. In die Campagna hinab tönt das Schlagen von Schildern und Schwertern Rom hört es und bebt.

usculum. 240

i Das waren die Grasen von Tus­culum !

Aus den Conti und ihren Geschlech­tern, den Nachkommen des Sohnes des Odysseus, wurden Rom zweiundzwanzig Cardinäle und dreiundzwanzig Päpste ge­geben! Fast schien es, als gehöre der Stuhl Petri zum Erbgut dieser Familie. Der erste römische Senator, der Christ wurde, war ein tusculanischer Ritter ge­wesen, und unter Diocletian erstritt sich mancher der tapferen Helden von Tus­culum die Märtyrerkrone. Vier Frauen dieses Geschlechtes sind Heilige; darunter befindet sich Silvia, die Mutter Gregor's des Großen.

Von den Grafen von Tusculum stam­men die Colonna ab. Dem Baume die­ses gewaltigsten Feudalgeschlechtes Ita­liens aber soll ein noch stolzerer Zweig entsprossen sein: Pietro Colonna, ein küh­ner Mann und einer der letzten Nach­kommen der Grafen von Tusculum, wun­derte, so wird sagenhaft berichtet, ans Rom aus. Nach mancherlei Irrfahrten kam er nach Deutschland, wo einer seiner Söhne, Burgando, sich eine Herrschaft gründete. Dieser Burgando nannte sich nach seinem italienischen Erbschloß Zoellero. Eine Burg solchen Namens erbaute er fich auch im schönen Schwabenlande: jedoch aus dem italienischen Zoellero wurde das deutsche Hohen-Zollern!

Doch damals zogen die Grafen von Tusculum gen Rom, sich zu Königen der Stadt zu machen.

Und während beinahe zweier Jahrhun­derte blieben sie als Herren in Rom!

Später geschah's dann einmal es war am Pfingstsonntag in dem Jahre des Heils 1167, daß die Römer aus ihren Thoren dreißigtausend Mann ausziehen ließen. Was von Tusculum den Berg hinab ihnen entgegenzog, war dagegen ! nur ein armseliges Häuflein. Darunter ^ befanden sich dreizehntausend Deutsche, und ein Deutscher führte sie an. Es war der Erzbischof Christian von Mainz, des großen Friedrichs tapferer Feldherr. Die Tusculaner waren der Deutscheil Verbündete; es galt einen heißen Kampf. Manch eines deutschen Mannes Blut färbte an jenem Pfingstsonntage die rö­mische Erde. Aber wacker hielt das Häuf­lein Stand: hell tönte durch das Gewühl