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lehrte und disputirte hier Cicero mit seinen Schülern. In diesem Gebäude befand sich seine Bibliothek. Das andere Gymnasium lag tiefer an den Abhängen des Berges; Platon zu Ehren ward es die Akademie genannt.
Hier verbrachte Cicero die Nachmittage. Die Akademie war bedacht, während das Lyceum offen lag. Viele Statuen und Hermen ans pentelischem Marmor schmückten die Hallen. Sie immerwährend zu verschönern und neue Kunstwerke in ihnen aufzustellen, beschäftigte den Hausherrn beständig. In einem seiner Briefe an Lucius Cincius trägt er diesem auf, 20400 Sesterzien für gewisse megarische Statuen auszuzahlen. Denselben bittet er, ja für ihn zu sichern, was ihm an besonders edlen Werken, die würdig seien, seine Akademie zu zieren, vorkomme. Seinem Freunde Atticns vertraute er die Sorge für die Basreliefs an, die in die Wände des Hofes eingemauert werden sollten, und ebenso die Aufstellung von Altären und Pnteals, die gleichfalls Sculpturen schmückten.
Cicero spricht in seinen Briefen von Galerien und bedeckten Portiken, die an sehr heißen oder regnerischen Tagen zu Spaziergängen benutzt wurden. Ein Lieblingsgegenstand seiner Mittheilungen ist sein „boi'oloAium", eine Sonnenuhr, die eben erfunden worden war. Eine der Hallen enthielt eine Gemäldegalerie.
Cicero scheint der Meinung gewesen zu sein, daß in edel ausgestatteten Räumen auch der Mensch edler sein müsse. Er hatte einen Cnltus des Schönen. Sich mit griechischen Meisterwerken umgebend, ließ er in vollkommensten Gestalten die Grazie vor sich erstehen. Was die Augen sehen, theilt sich der Seele mit; der edle Anblick erzeugt den edlen Gedankein
Cicero mar wahrscheinlich bereits zweiundvierzig Jahre alt, als er auf Tus- culum die Zusammenstellung seiner Bibliothek begann. Es ward seine Lieblingsbeschäftigung. Sein Freund Atticns, der mehrere Jahre in Athen gelebt hatte und selbst ein eifriger Sammler und guter Kenner der Literatur war, half ihm dabei. Ein anderer Freund, Lucius Papirius Petus, schenkte ihm seine sämmt- lichen Schriften, die er von einem Verwandten, Servius Claudius, geerbt hatte.
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Der Bibliothek stand eigens ein gelehrter Grammatiker vor, Tirannio mit Namen; seine Pflicht war, die reiche Sammlung ihrem Inhalt nach zu ordnen und aufzustellen Zwei Andere, Dyonisins und Menofilus, mußten die Werke rollen und numeriren, fortwährend waren viele Schreiber und Copisten dafür thätig.
Für die bedeutende Sammlung war der würdigste Raum geschaffen worden, dessen statuarische Ausstattung Cicero sich sehr angelegen sein ließ. Der getreue Atticus mußte dafür suchen. Einmal benachrichtigte er ihn von einer schönen doppelköpsigen Herme: Mercnr und
Minerva. Cicero schrieb ihm:
„Was du mir über jenen Hermes-Athene mittheilst, hat mich sehr erfreut. Beide Köpfe sind für meine Akademie eine un- gemein geeignete Dekoration. Ich hoffe, daß du mir noch von manchen anderen Kunstwerken berichten wirst, mit denen ich die Halle schmücken kann. Die Statuen, die du mir geschickt hast, habe ich noch nicht gesehen. Sie befinden sich in For- miano, wohin ich bald abzureisen gedenke. Ich werde sie alle nach Tusculum bringen lassen. Hebe deine Bücher nur ans und verzweifle nicht daran, daß ich sie doch noch werde ankaufen können. Wenn ich Glück habe, werde ich einmal den Crassus an Reichthum übertrefsen und dann die Schätze Aller verachten."
Das Kunstwerk wird für ihn angetanst und ihm nach Tusculum gesendet; voller Freude dankt er Atticus:
„Die Herme gefällt mir außerordentlich. Sie ist so schön aufgestellt, daß das ganze Gymnasium ihr Tempel zu sein scheint."
Nach seiner Rückkehr aus dem Exil schreibt er von Tusculum, aus der Besitzung eines Bekannten, des Enkels von Sulla, dem Freunde: „Ich sitze hier in der Bibliothek des Faustus. Die Werke der Alten sind meine Erholung und mein Glück. Auf einem Bänkchen unter der Bildsäule des Aristoteles zu sitzen, ist mir lieber, als auf dem curulischen Stuhle des Ehrgeizes."
Cicero liebte seinen schönen Landsitz zärtlich. „Wir sind von Tusculum so entzückt, daß wir, befinden wir uns dort, nur mit uns selbst zufrieden sind," vertraut er seinem Atticus. So oft er in