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seinen Briefen des tusenlanischen Asyls erwähnt, geschieht es mit Innigkeit, oft mit voller Schwärmerei. Man fühlt, wie wohl dem Staatsmann dort ist! Man sieht ihn in seiner Toga würdevoll dahinschreiten. Es ist Morgen. In den blühenden Gebüschen und den Rosenbäumen singen die Merlen. Auf dem Wege ins Lyceum hört Cicero ihnen zu. Dann grüßen ihn seine Schüler, die dem Meister in seine ländliche Einsamkeit folgten. In der Marmorhalle unter griechischen Statuen aus und ab wandelnd, lehrt er. Er spricht über Aristoteles. Einer der Jünglinge geht, bricht einen Zweig Rosen vom Baum und schlingt ihn unter dem Beifall der Gefährten um die Stirn des griechischen Weisen. Danach zieht sich Cicero in seine Bibliothek zurück. Der gelehrte Tirannio redet ihn wegen der Aufstellung eines neu eingetroffenen Werkes an. Das wird besprochen, dann bleibt Tullius allein. Von der Marmorbank, auf der er sich niedergelassen, blickt er auf die köstliche Landschaft, über das ganze weite römische Prachtgestlde hinweg nach Rom. Sonnenbeschienen liegt es da. Vom Capitol leuchtet der Tempel des höchsten Jupiters herüber. Glänze, goldenes Rom! Strahle, mächtiges Rom! Undankbares Rom — deine große republikanische Zeit geht zu Ende!
Cicero arbeitet an seinem Werk: Vs äiviimtions. Später schreibt er seinem Atticus.
Der Tag wird heißer. Im Nymphäum nimmt er ein Bad, speist im Schatten des dunklen Haines. Wo aus der Grotte zwischen Blumen hervor sich ein rauschender Quell in das weite Marmorbecken ergießt, ruht er aus. Er ist froh, nicht in Rom sein zu müssen, in dem Rom, das es Athen uachgethan und seinen Demosthenes verbannt hat.-Dort steht die Bild
säule des großen Mannes. Er hält eine Rolle in den Händen und redet zu den Athenern, daß sie die Waffen gegen Philipp erheben. Einstens vielleicht wird dieser Statue die des großen Römers gegenüberstehen: Cicero, eine Rolle in den Händen, wie er Rom zuredet, sich von Rom zu befreien! ... Um die schmalen Lippen des ruhenden Mannes legt sich ein seines Lächeln. Er steht auf: aus Athen sind ihm die Schriften eines gewissen Theo-
che Monatshefte.
phrastus zugeschickt worden, die will erlesen. Danach betrachtet er eine Statue, die gestern angekommen, auch aus Griechenland. Und daun geht er in die Gemäldegalerie und betrachtet sich seinen Apelles. Jetzt wird es Abend und kühl; Nachbarn kommen, Freunde aus Rom. Cicero zeigt seinen Gästen seine Besitzung. Sie wandeln in den schönen Garten, sie unterhalten sich mit einander über Politik, Kunst, Literatur, Philosophie, Lebensweisheit. Immer nur Einer spricht, die Anderen hören zu, Jeder sagt seine Meinung. Dann kommt die Disputation; zuletzt redet Cicero.
Ehe der Tag zu Ende, zeichnet Tullius noch einen und den anderen klugen Gedanken auf seiner Tafel aus, dictirt er seinem Schreiber, was Rom in Aufregung versetzen, was unsterblich sein wird. Des Nachts ist er bei seinem Nachbar Lucull zum Gastmahl geladen. Im weißen Festgewand liegt Cicero auf Purpurpolstern; er ist rosenbekränzt, und rosenbekränzt ist der Becher voll süßen Falernerweins. Ein Knabe spielt die Zither, asiatische Mädchen tanzen, ein griechischer Sänger singt ein erotisches Lied. Cicero hält der Venus eine Rede und opfert dem Bacchus. Lucull jubelt: Evoö!
Am nächsten Morgen macht ihm sein braves Weib Terentia ein böses Gesicht. ..
Daß Lucull auf Tusculum Cicero's Nachbar war, ist erwiesen. „ ... Denn, wenn ich mich in Tusculum befand und aus der Bibliothek von Lucius Lucullus gewisse Bücher wünschte, ging ich meiner Gewohnheit nach in dessen Villa hinüber, sie mir selber zu holen."
Lucull's Villa war so prächtig, daß Cicero's schöne Besitzung dagegen armselig erscheint. Mit ihren Anlagen nahm diese erstere das große Terrain ein, darauf heute das ganze Frascati liegt, mit den Palästen Aldobrandini, Torlonia, Muti, Pallavicini. Jedes dieser königlichen Landhäuser umgeben die weitesten Gärten, Waldungen, Wiesen, Oliveten und Vignen. All' dies ist Terrain des lucullischen Gutes ; bedeutende Reste derselben, großartige Thermen, sind sogar bei Grotta Ferrata aufgedeckt worden, da, wo es nach Rocca di Papa hinführt. Die Ausstattung dieser ungeheuren Besitzung war echt lucul-