Heft 
(1881) 296
Seite
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Voß: Tusculum.

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lisch; die Art und Weise, wie sie ins Werk gesetzt wurde, nicht immer edel.

In seinem BucheOs schreibt

Cicero darüber:Ein großer Mann und unser aller Freund, Lucius Lucullus, soll, als man ihm die Pracht seiner tnscnlw nischen Güter zum Vorwurf machte, sich mit Folgendem vertheidigt haben: Da zwei seiner Nachbarn, ein römischer Ritter und ein Freigelassener, dort köstliche Land­häuser besäßen, habe er sich wie ganz natürlich! dasselbe zu thun gestattet, was Jenen, die von weit niedrigerem Stande, erlaubt gewesen. Siehst du nicht ein, Lucullus so ruft der große Redner ihm zu, daß die Ungebühr erst mit dir seinen Anfang nahm?! Denn wenn du es nicht zuerst gethan hättest, würden Jene es zu thun gar nicht gewagt haben. Wer kann jetzt ruhig mit ansehen, wie ihre Landhäuser mit Bildsäulen und Ge­mälden geschmückt sind, die sie theils aus öffentlichen Anlagen, theils selbst aus Tempeln und HAligthümern herbeige­schleppt haben?! Wer möchte ihrer Gier ein Ende zu machen wagen, wenn diejeni­gen Männer, deren Pflicht das wäre, von derselben Leidenschaft ergriffen sind?"

Erstreckte sich die lucullische Villa un­terhalb der ciceronischen über die ganzen Abhänge bis in die Campagna hinunter, von wo dann das weite Prnnkfeld voll schimmernder Marmorbauten sich bis nach Rom ausdehnte, so hatte Cicero ober­halb seines Gutes einen Nachbar, dessen Besitzungen selbst die des großen Ver­schwenders Lncull an Größe und Pracht übertrafen. Dieser Mann hieß Gabinius. Gabinius war Cicero's Feind. Als im Jahre 58 v. Chr. des Letzteren Billa ge­plündert und theilweise zerstört und ver­brannt wurde, raubte Gabinius, der da­mals Consnl war, nicht nur Kunstwerke, sondern ließ sogar Bäume ausgraben und in seine Besitzung überführen.

Bon Tusculum ans schloß Cicero den Friedensvertrag zwischen den Griechen und dem siegreichen Julius Cäsar ab; hier gedachte er den Manen seiner Toch­ter Tnllia einen Tempel zu bauen, nach Tusculum lud er seinen Freund Ariarates, den König von Cappadocien, ein.

Als der göttliche Julius fiel, stürzte auch Cicero. Er befand sich ans seinem tnsculanischen Bergfrieden, als die Trinm-

virn ans die Liste der Proscribirten auch seinen Namen setzten. Zwar sandte Brutus zu seinem Schutze römische Miliz hin, aber durch die Leidenschaft des Antonius ward Cicero zu fliehen gezwungen. Ans dem Wege nach Gaeta wurde er ergriffen und getödtet.

Sein Stück Unsterblichkeit erhielt Tus- culnm durch einen großen, unsterblichen Mann. Glücklich, wer auch seinTus- culum" lieben kann!

*

Von der Via Latina ans, ans der es nach Valmantone und dem schönen Pa- lestrina geht, steigt man die alte Straße hinauf. Das mächtig zusammengefügte Polygone Pflaster schließt noch immer dicht an einander: tiefes Geleise durchfurcht es wie Runzeln der Zeit, und dem harten Basalt sind die Spuren des Hufschlags römischer Rosse unvergänglich eingedrückt. Von denen jedoch, die hier einst fuhren und ritten, ist Alles vergänglich gewesen.

Bei einem jungen Pinienwald wird die erste Höhe erreicht. Hier steht, die Chiffer ausgelöscht, der erste tusculanische Meilen­stein. Jetzt kümmert Keinen mehr die Anzahl der Miglien, und nur der Tourist denkt: Gottlob, du bist da!

Gleich gegenüber liegt die erste Ruine. Ulmenbeschattet, in mäßigem, länglichem Rund, weitet sich römisches Backstein­gemäuer. Das aufgewühlte Erdreich läßt Gänge und Kammern erspähen, deren einstiger Zweck wohl räthselhaft erscheinen kann. Unterbauten von riesigem Quader­werk drängen sich dem Tageslicht entgegen; geheimnißvoll überwuchert die unterirdische Dämmerung Epheu und Brombeer. Da­rüber rauschen Eichen. Wie Sitzreihen steigt es, eingesunken und zusammen­brechend, auf es ist ein Amphitheater. Um jedoch einen klangvollen Namen zu haben, nennt man den Ort: die Schule Cicero's, das Lyceum.

Eine liebliche Flur, mit Haselnußstauden und dem schönen Gebüsch der Edelkastanie besäumt, leitet von hier in sanfter Nei­gung zum römischen Felde hinunter. Nir­gends wo anders blühen im Frühling die Narcissen und Anemonen so schön!

Wendet man sich wieder dem Berge zu, so führt ein Fußpfad, die Straße ver-