Literarische Mittheitungen.
Ethnographische Literatur.
ine reiche Anzahl neuer ethnographischer Schriften ist innerhalb ^ kurzer Zeit erschienen, und alle ^ Erdtheile sind durch Werke bedeu- j tender Forscher vertreten. Der ^ europäische und asiatische Norden wird uns von ! I)r. O. Finsch in einer Heise nach West- ! lilnrien im Jahre 1876 (Berlin, Wallroth) ! vorgcführt. Diese Reise wurde auf Veran- ! staltung des Vereins für die deutsche Nord- ^ polfahrt in Bremen von Dm Finsch und dem berühmten Zoologen Dr. A. Brehm unternommen, denen sich noch Karl Graf v. Waldenburg-Zcil-Trauchburg auf eigene Kosten anschloß. Die Expedition nahm ihren Weg in Rußland von Petersburg aus über Nischni- Nowgvrod nach Jekaterinenburg; von hier wandte sic sich in südöstlicher Richtung über Omsk und Semipalatinsk nach dem See Ala- Kul, worauf sie sich nach Norden begab und, das Krongnt Altai pafsirend, den ganzen Lauf des Ob bis zu seinein nördlichsten Punkte Obdorsk am karischen Meerbusen verfolgte. Die Reisenden legten demnach eine ungeheure Strecke zurück, und dennoch lernten sie von den gewaltigen sibirischen Ländermasscn nur West- fibiricn kennen! Finsch schildert nun in seinem Werke die Erlebnisse der Expedition und entwirft ein lebensvolles Bild von den Völkerschaften, mit welchen sie auf dem langen mühereichen Wege in Berührung gekommen ist. Die Diction darf als eine sehr gute bezeichnet werden, und die Lectüre des Werkes ist in Anbetracht der bedeutenden Rolle, welche die beschriebenen Länder und Völkerschaften in der politischen Geschichte Rußlands und Asiens spielen, den weitesten Kreisen als bildend und anregend zu empfehlen. Die dem Texte beigegebenen, meist nach Originalzeichnungen von Finsch von Hosfmann ausgeführten sechsundfünfzig Illustrationen verdienen ganz besonderes Lob.
lieber Asien, das durch die letzten politischen Vorgänge die Aufmerksamkeit aller Gebildeten mehr als je auf sich zieht, liegen mehrere neue Erscheinungen vor. In Centralasten von Friedrich v. Hellwald (Leipzig, Spamer) entrollt der Autor ein umfassendes Gemälde der großen mittelasiatischen Länder und deren Bevölkerungen. Hellwald faßt den Begriff von Ccntralasien viel weiter, als er sonst geographisch bezeichnet wird. Denn während man unter der Bezeichnung Ccntralasien nur jenen Theil versteht, der unter dem Namen Turan, Turkistan oder Türkistan bekannt ist, dehnt er seine Beschreibung über Kaschgar, Turkcstan, Kaschmir und Tibet aus. Hellwald gehört unstreitig zu den fleißigsten ethnographischen Schriftstellern der Gegenwart. Er läßt bei seinen Schilderungen kein irgendwie interessantes ethnisches oder naturwissenschaftliches Moment unberücksichtigt, und da er politisches Verständniß und ein gutes Darstellungstalcm besitzt, so gelingt es ihm, Lander und Völker so anschaulich vorzuführen, daß der Leser ein klares Bild von den behandelten Objecten erhält. Die in dem Abschnitt über Afghanistan enthaltene historische Uebersicht von den letzten dort stattgefundenen kriegerischen Ereignissen verleiht dem Buche erhöhtes Interesse. Viele gut ausgefnhrte Abbildungen begleiten die Schilderungen, und eine beigcgebene Karte bezeichnet geographisch die beschriebenen Länder.
Ein zweites Werk desselben Verfassers: Hinterindische Länder und Völker (Leipzig, Spamer), ist gewissermaßen als Ergänzung und Fortsetzung von „Centralasien" zu betrachten. Die großen hinterindischen Reiche, die bis vor nicht langer Zeit die strengste Abgeschlossenheit gegen alles Fremde zu bewahren wußten, sind in diesem Werke Gegenstand der Beschreibung. Die Schilderung erstreckt sich also ans die Flußgebiete des Jrrawaddh und Mekong, fer-