Heft 
(1881) 298
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Grosse:

rothen und schwarzen Schlackenblöcken hinaufzusteigen, in den Spalten unter uns die lodernde Lavagluth noch zu sehen und weitum das ungeheure, entzückende Panorama: der Golf von Neapel, das blaue Meer und die Inseln im goldenen Duft. Ich achtete auf nichts mehr. Da riefen mir die Anderen zu, ich fei auf falschem Pfade. Aber es war schon zu spät. Ich hatte einen zackigen Wall von Blöcken erklommen es war die er­starrende Lava selbst, ich konnte nicht mehr vorwärts und nicht mehr zurück. Der Boden war glühend heiß, und die Sohlen meiner Schuhe begannen zu ver­kohlen. Dazu die betäubenden, ersticken­den Dämpfe noch eine Minute, und ich war verloren.

Da stand nun der arme Marchese und rief zu Gott und allen Heiligen, auch zu den Führern, aber die waren weit zurück, und er selbst sürchtete für sein Leben, vielleicht noch mehr für seine elegante Fußbekleidung. Da war es Professor Vollmar, der mit gewaltigen Schritten wie ein Heros über die Afchen- wälle und Lavablöcke kam und mich er­griff"

Und du hast dich von ihm tragen lassen, Valesca?"

Es blieb nichts übrig, um mein Leben zu retten, denn ich war halb bewußtlos. Vollmar trug mich hinauf über spitze Kämme und geborstene Quadern, einen weiten, weiten Umweg, bis wir endlich wieder sicheren Boden unter den Füßen hatten. Da brach er selbst zusammen, aber der Marchese war seitdem unsichtbar geworden. Damals, dort oben in der wehenden Asche, über den Gluthen der Hölle und selbst halb betäubt von dem Qualm hat er mir zum ersten Mal seine Neigung bekannt in zusammenhangs­losen Worten, in schüchternen Lauten. Es rührte mich, auch wenn ich keine Antwort fand. Am selben Abend und

Vales ca.

am anderen Tage war das Erlebniß wie ein dämonisches Traumbild des Inferno, und Vollmar so wenig wie ich wagten darauf zurückzukommen.

Aber eine Antwort fand ich eine Woche später in den Katakomben von San Calisto zu Rom dort in dem tiefen Labyrinth der unterirdischen Todten- stadt, wo rührende Inschriften und Trost­sprüche auf den engen Wänden stehen, auf den Grabkammern der Verfolgten. Vor länger als einem Jahrtausend irrte auch ein Armer durch diese Finsterniß, um das Grab seiner Geliebten zu suchen. Sein Ausruf, feine Frage, die er auf die Wände schrieb: Wo bist du, meine Sophronia? zieht sich wie ein Faden stundenweit durch das Wirrfal des Laby­rinths- endlich, an einem Abgrund verschwindet seine Inschrift. Und gerade dort hat man in heutiger Zeit die Ruhe­stätte Sophronicsts gefunden.

Professor Vollmar erzählte mir die rührende Geschichte, und so waren wir bei flackerndem Fackellicht weit in der Finsterniß vorgedrungen. Zuletzt sagte er: Valesca, auch ich bin ein Suchender heut. Seit langen Tagen suche ich das erlösende Wort; soll es für immer im Abgrund begraben bleiben? Nein, hier will ich es wagen, und wenn es nicht zu Ihrem Herzen dringt, so soll es nie­mals gesprochen worden sein das Wort, ob Sie mein sein wollen für Zeit und Ewigkeit. Ich kann es nicht wieder­holen, was er hinzufügte. Meine Stim­mung war eine feierliche, erhabene wer kann solche heilige Augenblicke schil­dern, die selbst ein Stück Ewigkeit sind. Als wir zum Tageslicht wieder empor­stiegen, war ich seine verlobte Braut."

Der Major war voll Unmuth aufge­standen und machte einen Gang zum Fenster, um es zu öffnen.

Zürne mir nicht, lieber Charly. Ich dachte gleich an dich. Wir haben ja