Jllustrirte Deutsche Monatshefte.
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konnte daraus den Schluß ziehen, weshalb er selbst bisher kein Glück bei dem schönen Geschlecht gefunden. In diesem Sinn erging er sich in noch schärferen Aeußerungen über die „Rippe Adam's", über die „Stisterinnen der Unruhe" und „Urheberinnen alles Uebels". Schließlich brachte er selbst Shakespeare ins Feuer und zwar die berühmte Stelle aus Lear:
„Vom Leib herab find sie Centauren, wenn
Auch Weiber ganz von oben,
Nur bis zum Gürtel bleiben sie den Göttern!"
Der Professor staunte über die kaustische Art dieses „literarischen" Majors, aber alles das paßte doch wenig zur Situation. Was sollten ihm diese Citate?
„Allen Respect vor Ihrem Pessimismus, Herr Major," sagte er. „Ich habe mir eine bessere Meinung von den Frauen bewahrt. Und Sie wären nur zu beklagen, wenn Sie aus Erfahrung sprächen."
„O, was das betrifft," rief der Major, „seine besten Erfahrungen macht man an Anderen! Und alles jenes wäre noch nicht das Schlimmste, aber es giebt bösere Erfahrungen. Wohl der guten Haut, die sich ins Joch der Ehe gebeugt; nachher schweigt die Chronik, und es ist gut, daß geschwiegen wird vom Durchschnittsglück, denn es ist nicht der Rede Werth. Aber heirathen und dann Entdeckungen machen, Antecedentien auf die Spur kommen, Romane durchblättern in alten Tagebüchern, unter Asche und Lava noch alte Flammen lodern zu sehen und dann Spießruthen laufen vor mitwissenden Freunden, vor den Glücklichen der früheren Zeit, vor lachenden Augen und flüsternden Zungen; bah, wer kennt das ganze Register! Trösten Sie sich mit mir, Professor. Wie sagt Apostel Paulus: Wer es nicht verwinden kann, der nehme ein Weib, aber besser ist es, ehelos zu bleiben und zu entsagen."
Professor Vollmar war stehen geblieben; das Blut schoß ihm zu Hirn. Was
sollte das Alles? Wollte ihn dieser militärische Mephisto zum Besten haben, oder lag ein Korn unheimlicher Wahrheit in seinen Allgemeinheiten?
„Herr Major, ich nehme Ihre Worte als Declamationen, die mich amüsiren. Verbinden Sie eine andere Absicht damit, so müßte ich um Erläuterung bitten."
„Erläuterungen worüber?" Der Major erschrak vor dem drohenden Gesichts- ansdruck des Professors. „Was wollen Sie, mein Bester? Solche Aphorismen erläutern sich selbst. Die Früchte sind's der Erfahrung von Weisen aller Zeiten. Wer aufmerkt, erlebt dergleichen alle Tage. Dann wird man Philosoph und entsagt den Illusionen. Machen Sie es ebenso!"
„Ich danke für Ihren Rath. Eine blinde Resignation, die über Abstractionen stolpern könnte — eine armselige Philosophie, der über hohlen Allgemeinheiten das warme Leben abhanden kommt. Und was soll mir das Alles? Hier handelt es sich um ein verpfändetes Wort, um die Mannesehre oder um die Schmach, die auf mich znrückfallen muß. Herr Major," sagte er mit bebender Stimme, „ein Mann kann viel ertragen, aber auch die Kraft des Stärksten hat ihre Grenze, und vor gewissen Demüthignngen kann nur der Abgrund eine Rettung sein! Mein Dasein ist nichts mehr Werth, wenn ich erleben müßte, daß eine theure Hand mich als werthlos verworfen, und ebenso, wenn ich nur das Opfer einer Täuschung war!"
„Um Gotteswillen, Professor, Sie werden doch nicht!" rief der Major erschüttert und ergriff die Hände des Gelehrten. „Nehmen Sie meine Versicherung, ich verehre Sie, ich liebe Sie, aber weisen Sie solche Gedanken von sich, die Ihrer nicht würdig sind. Pah! ich denke, das Leben eines Mannes hat höhere Ziele, als sich um Weiberlaunen und Weibergrillen zu härmen. Nehmen Sie