Heft 
(1881) 298
Seite
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Grosse:

das Recht, deine Freude wie dein Leid mit dir zu tragen!"

Ich flehe, enden Sie!" rief Valesca, unwiderstehlich ergriffen von der warmen Sprache des Herzens. Eine Thräne stand in ihrem Auge, und willenlos ließ sie ihre Hand dem beredsamen Werber. Im nächsten Augenblick vielleicht hätte sie an der Brust des Glücklichen gelegen und die Allgewalt der Liebe hätte glorreich trinmphirt über alle Schatten und Miß­verständnisse, wenn nicht der Gelehrte den Heroismus der Gesinnung in diesem Augenblick zu weit getrieben hätte.

Sieh, und wenn du glaubst, mir etwas bergen zu müssen, Valesca," fuhr er mit innigstem Tone fort,ich würde es ver­graben in meinem Herzen unbesehen. Kennst du die Macht der wahren Liebe? Sieh, wie ich dich damals trug über die erstarrende Lava, so will ich dich tragen über die Asche des Vergangenen. Wenn -deine Vergangenheit ein Räthsel berge oder selbst eine Schuld, ich will nicht da­nach fragen. Ich will vergeben und ver­gessen; meine Liebe soll dich mit der Welt versöhnen, wenn sie dir wehe gethan. Rout 60Mpi'6nc1l-6, e'sM tout prri-äonnei'!"

Unmöglich wäre es, den Wechsel des Ausdrucks zu schildern, der in Valesca's Zügen während dieser unbedachten Worte stattgefnnden. Ihre anfängliche Rührung wandelte sich in starres Staunen, als ob sic ihren eigenen Ohren nicht trauen dürfe, dann in Helle Entrüstung.

Sie entzog dem Gelehrten ihre Hand, und ihre blauen Augen waren ernst ans ihn gerichtet.

Darf ich fragen, Herr Professor, was diese unverständlichen Anspielungen zu bedeuten haben?"

Nun erschrak Vollmar seinerseits über die Wirkung seiner unverantwortlichen Aenßerung, aber seine Bestürzung ver­hinderte ihn noch, den vollen Umfang seiner Taktlosigkeit zu übersehen.

Valesca.

Vergebung, Comteß," sagte er.Fern sei es von mir, einen Schleier anzutasten; ich will sagen: es kann mir nicht bei­kommen, jemals Kläger oder Richter zu sein."

Unerhört! Schuld und Schleier, Kläger und Richter was soll das Alles heißen?" rief Valesca, und ihr Angesicht glühte.Suchen Sie nicht, mir auszu­weichen, ich muß auf einer klaren, deut­lichen Antwort bestehen!"

Ich beschwöre Sie, Comteß, sich zu beruhigen. Die Welt ist nichtswürdig selbst gegen kleine Schwächen, und Splitter werden zu Balken. Von mir haben Sie das nicht zu befürchten. Ein Thor, wer in Herbarien blättert und bei jedem welken Blümchen stutzt und nach Erinnerungen fragt."

Aber ich frage danach, mein Herr Professor! Sie entrinnen mir nicht. Ihre Ausflüchte werden immer mysteriöser. Antworten Sie, bekennen Sie, um welche Erinnerungen handelt es sich?"

Erich Vollmar wand sich in qualvoller Verlegenheit.Comteß, wie kann ich be­kennen, was ich selbst nicht weiß. Wer ist so allwissend, um flüchtige Bemerkun­gen zu enträthseln und vage Andeutun­gen"

Vage Andeutungen immer besser! So weit also wären wir schon. Man be­schäftigt sich mit meiner Person, man wagt ineinen Ruf anzutasten; und Sie nicht genug, daß Sie den Geschichtenträgern und Geberdenspähern Ihr Ohr leihen Sie haben auch noch die unglaubliche Naivetät, mir das zu hinterbringen. Den Namen, Herr Professor, den Namen des Verleumders!"

Den werden Sie niemals erfahren!" rief Vollmar in peinlichster Beschämung.

Gut. Sie sollen keinen Namen nennen. Ich fordere nichts als Ihr Ja oder Nein. War es Rittmeister vonLandscron? Seiner Anmaßung ist Alles zuzutrauen."