Heft 
(1881) 298
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Jllustrirte Deutsche Mon atshefte.

nari, diese geheimen politischen Kohlen­brenner, die den Wald von Wölfen reini­gen wollten, hatten in jener Verbrüderung ihre Filiale; die Okarbonnsiäs ckemoorÄ- tigu6 machte Paris zu ihrem Centrum. Es waren vor der Hand im Stillen orga- nisirte Guerillascharen, jeder Zeit bereit, die im Club über die Feinde des Vater­landes verhängten Todesurtheile zu voll­strecken; man zählte in Italien mehrere Thaten Sand's". Auch über Meineidige in ihren Verbindungen hielten sie strenges, blutiges Gericht, obschon sie sich unter einandergute Vettern" nannten. Die 30000 bis 50000 geheimen Verbündeten hatten überall ihreHütten"; man sprach selbst von Versuchen, in Leipzig und Hamburg solche Venta zu stiften. Zwan­zig bon8 60U8IN8 bildeten eine Venta. Nach Frankreich verpflanzt, wo Babeuf nun Pläne für sie entwarf, wollte man die Gesammtzahl der Mitglieder in Europa auf 60000 schätzen. Der Savoyerzug, der Putsch von 1834, mißglückte, einige hundert Bewaffnete wurden versprengt und in die Flucht gejagt; Savoyen schien damals noch nicht der feste Punkt zu sein, welchen Archimedes verlangte, um die Welt aus den Angeln zu heben. Dennoch gab man das Bündniß nicht auf; an den nördlichen Ufern des Genfer Sees gab es neue Versammlungsstätten, wo auch flüch­tige Polen sich einfanden, und auf den 20. April 1835 ward in Lausanne zwi­schen französischen Republikanern und den Carbonari von Ajaccio der große Ver­bindungsvertrag geschlossen, zu welchem Mazzini seine umfassenden Vorschläge machte. Darauf erfolgten in der Schweiz die gründlichen und allgemeinen Weg­weisungen, und es gab auch dort kein Junges Europa mehr; nur die Polen behielten ihren Verein und pflegten im Stillen wohl auch mit dem Jungen Italien eine unschädliche Verbindung. Auch eine nur literarische Verbrüderung junger deutscher Männer, bisher nur als Möglichkeit gedacht und hingestellt, mußte bald als unschädlich erkannt werden; aber die Furcht davor spukte damals noch in manchen finsteren Köpfen, auch in Hellen, wenn sie romantisch waren wie der Lands­knecht Friedrich, der sich auf seine Erfah­rungen und Forschungen in Italien berief.

Wir wohnten in Hamburg auf dem

Jungfernstieg; im Alsterpavillon fanden Abends die Versammlungen statt zur Ausforschung der etwaigen weitgreifen­den Pläne eines Jungen Deutschlands. Auch Theodor Mnndt war dort ange­langt; er warb Mitarbeiter zu einer neuen Zeitschrift, obschon seine schrift­stellerischen Unternehmungen für vogelfrei erklärt waren; dem unterdrückten literari­schenZodiakus" solltenDioskuren für Kunst und Wissenschaft" folgen; später erschienenDer Freihafen",Der Pilot". Ludolph Wienbarg, dem zu Frankfurt im Verein mit Gutzkow eineDeutsche Revue" untersagt wurde, war in Hamburg, unter Verschweigung seines Namens, an der Redaction eines politischen Tageblattes beschäftigt. Wir besuchten ihn wiederholt in der Druckerei seiner Zeitung. Wir rühmten den feinen, klaren, ätherischen Stil, in welchem er anonym schrieb, die kluge, durchsichtige Behandlung der schwie­rigsten Stoffe und geheimsten Cabinets- fragen. Wienbarg meinte, was er jetzt schreibe, sei ein erzwungener Eiertanz, aber er werde auch unter zurückgedrängtem Herzklopfen Tact halten.Man hat uns," sagte er,Alles verdächtigt und verpönt, Alles genommen, unsere heiligsten Ueber- zeugungen, unseren sichersten Glauben, die rechtschaffensten Gedanken, unsere wärmsten patriotischen Wünsche Eines können sie uns nicht verbieten, nicht neh­men: unseren Stil!"

Sollte vielleicht als Ende vom Liede der Stil das Einzige sein, was vom ehe­dem Jungen Deutschland ungeschmälert und ungetrübt übrig geblieben, von den Betheiligten selbst festgehalten wurde? Heine, der bekanntlich ungezogene Lieb­ling der Grazien, der Apollino mit dem geheimen Pferdefuß, ist in gebundener wie ungebundener Rede allezeit derselbe geblieben, nur daß vielleicht im Pariser Freiheitsgefühl, im spöttischen Bewußtsein, sich von Deutschland frei und unangetastet zu wissen, seine Prosa sich verbitterte, auch von der Lutetia an der Seine etwas an seinen geflügelten Sohlen sitzen blieb, während sein poetischer Mensch, vaterlands­los wie er wurde, vereinsamt endlich selbst unter dem geselligsten aller Völker, nach und nach verarmte. Börne nahm das kaustische Epigramm seiner Rede von Frankfurt unverändert mit nach Paris,