Heft 
(1881) 298
Seite
508
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Illustrirtc Deutsche Monatshefte.

diesen Umständen Fener geben sollten, als aber die Wilden vorrückten, streckte ihr Pelotonfeuer die weibliche Schutzwehr nieder.

Dieser Beitrag zur Kriegsgeschichte des jungen Amerika mag auf Erfindung, viel­leicht auch ans einer Täuschung beruhen; Thatsache ist, daß die Shastikaweiber den Männern in den Kampf folgen, theils um ihnen Pfeile und Sperre zu reichen, theils uni die Verwundeten aus der Gefechtslinie zu tragen.

Die Monogamie bildet bei den India­nern die Regel, doch kommen Ausnahmen nicht selten vor. Ost führt der Eheherr, wenn ihm feine Frau nicht mehr gefällt, eine zweite in den Wigwam ein. In manchen Fällen duldet die Hausfrau die Rivalin, in anderen aber kommt es zum Conflict. Dann treten die beiden Rivalinnen vor den Wigwam, bewaffnen sich angesichts des Mannes mit Steinen und kämpfen so lange, bis eine von ihnen flieht oder ohn­mächtig niedersinkt. Der Eheherr steht unterdessen als Zuschauer vor der Hütte und räumt nach der Entscheidung der Siegerin das Recht ein, seine werthe Person allein besitzen zu dürfen. In seltenen Fällen kommt es freilich vor, daß der Gatte trotz der Entscheidung durch das Faustrecht der Besiegten folgt. In dem Falle muß er mit jener das Dorf verlassen, und die betrogene Siegerin hat das Recht, die unmündigen Kinder des treulosen Vaters zu tvdten.

Die indianische Jugend verbringt den größten Theil des Tages mit Spielen, Baden und Fischen. Es ist eine sehr bemerkenswerthe Eigenschaft des India­ners, daß er bei seinen Spielen keine Eifersucht kennt. Stets findet man ihn beim Spiel heiter, fröhlich und gut gelaunt. Wo sich im Spiel Parteien gebildet haben, welche gegenseitig in die Concurrenz treten, werden die Besiegten niemals den Humor verlieren. Niemals vergessen die Knaben, daß das Spiel zur Erheiterung da ist, und niemals haben die Schwachen unter dem Uebermuth der Starken oder die Besiegten unter der Erbitterung der Sieger zu leiden. Die rothe Jugend kennt keinen Spielverderber. Eine ähnliche Erscheinung überrascht uns bei den erwachsenen Spie­lern. Die Leidenschaft des Hazardspiels ist bei den Wilden, so tief sie auch alle

Stämme ergriffen hat, völlig unbegreiflich, da die Spieler gegen Verlust und Gewinn ganz unempfindlich zu sein scheinen. Der Indianer bringt mit dem Würfelbecher in einer Nacht seine ganze Habe durch, sein Muschelgeld, seinen Wigwam, seine Felle, ja selbst das Kleidungsstück, wel­ches seinen Körper deckt, und geht nackt und gutgelaunt von dannen. Der Ge­winner streicht alle Schätze mit völlig gleichgültiger Miene ein, und ohne mit der Wimper zu zucken, setzt er das Ge­wonnene ans einen Wurf. Man könnte glauben, daß der Indianer es für weibisch halte, Freude oder Schmerz zu äußern. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es zeigt sich das am besten bei den Festen, wo die Wilden weinen und lachen wie naive Kinder.

Von allen Festen sind die der Indianer südlich vom Bear-River und vorzugsweise jene der Nishinams charakteristisch. Diese begehen, wenn der heiße Sommer vorüber ist und die ersten Regengüsse das Gras wieder hervorsprießen lassen, den soge­nannten Kam-min oder ersten Grastanz. Es ist ein Reigen im Grünen, den Männer und Frauen zusammen aufführen und der mit einem wilden Freudenrausch im Ver- sammlnngshaus abschließt.

Poetischer ist die Weda, ein Fest, das zum Schutz gegen die Klapperschlangen im Frühjahr abgehalten wird. Das Fest beginnt mit einem Tanz der Frauen und Mädchen früh am Morgen im Grünen. Selbstverständlich ist dieser Reigen ein sehr kunstloser; nichts kommt darin zum Ausdruck als die wilde Freude über die schöne Jahreszeit. Nach Beendigung die­ses Tanzes suchen die Tänzerinnen im Walde Blumen, Zweige und Gräser, um sich damit das Haar, die Schultern und die Hüften zu schmücken. Darauf fassen sich die Frauen bei der Hand und begin­nen einen überaus sinnlichen dithyram­bischen Tanz; langsam und unter Gesang beginnend, werden ihre Bewegungen rascher und rascher, kühner und herausfordernder, bis sie zuletzt in wildem Sturm dahin­rasen und sich lachend und schreiend auf die Zuschauer werfen. Im Nu sind jene mit Blumen überschüttet und fühlen sich von den Tänzerinnen umschlungen. Den zweiten Act der Weda bildet die Kauda, ein ungraziöser Männertanz. Zuletzt tän-