Heft 
(1881) 299
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Roquette: In

machte. Kaum hatte er sich entfernt, als j die Gräfin sich zu ihrem jungen Nachbar wendete, indem sie halblaut, aber hastig begann:Paul, ich bin mit Ihnen nicht zufrieden!" Die intime Anrede hatte für Herrn von Schellborn nichts Auffallendes, denn er und die Gräfin waren Kinder benachbarter Güter, fast von gleichem Alter, und hatten sich früher stets bei ihren Vornamen genannt.Sie sind gar nicht angenehm, kaum höflich zu nennen!" fuhr die Dame fort.Ihr Versprechen haben Sie schlecht erfüllt! Sie sollten einige Wochen hier zubringen und mir den Aufenthalt erträglich machen, statt dessen erscheinen Sie zum Schluß der Saison aus ein paar Tage, klettern ans den Bergen umher und konimen kaum auf eiue Stunde zur Unterhaltung her­bei!" Der junge Mann wußte mit gro­ßer Vorsicht zu entgeguen, die Dame aber unterbrach ihn:Lassen Sie's nur! Aber eine Genugthnung find Sie mir schuldig. Sie sollen uns bald nach un­serer Heimkehr auf Ihrem Gute ein Fest geben, eine große Gesellschaft! Ich lang­weile mich zu Tode auf unserem Land­besitzthum. Mein dummer Mann will nicht nach Paris, schützt die Ernte vor, bei der er gegenwärtig sein will! Als ob er damit etwas zu thun hätte! Ich will währenddem wenigstens für mich einen unterhaltenden Spaß haben! Bei uns ist er nicht durchzuführen, Sie aber sind der glückliche Besitzer eines großen Teiches in Ihrem Park, in welchem es an Fröschen nicht fehlen wird. Denn kurz, es handelt sich um eine Froschjagd! Es ist dabei gar nichts Erstaunliches!" fuhr sie lachend fort, als sie seine Verwunderung bemerkte.Gräfin A. und die Baronin S. haben diesen neuen Sport in Frankreich angesehen und mitgemacht und, um ihn bei uns einzusühren, die Waffen dafür mitgebracht. Bei Ihnen soll die Frosch­jagd zuerst geübt und somit eröffnet wer-

ga Svcndson.

den." Herr von Schellborn verneigte sich, und die Gräfin war seiner Zustimmung gewiß.

Dieses Gespräch wurde im Curgarten zu Ems während der Nachmittagsmusik geführt. Wer jemals dieses köstliche Plätzchen an der Lahn gesehen hat, viel­leicht auch an manchen minder erbaulichen Tag denkt, wo ihm bei der Eintönigkeit des Cnrgebrauches selbst die Schönheit der Gegend nicht mehr recht zusagen wollte, der weiß, daß in den Nachmittags­stunden sich das bunte Badeleben um den Pavillon sammelt, von welchem aus das Orchester für eine allgemeinere Unter­haltung sorgt. Hier sitzt man auf laugen Reihen von Bänken wie im Concert durch einander, wie es Glück oder Zufall gebracht hat, zufrieden, überhaupt einen Platz gefunden zu haben. Man liest, während die Musik spielt, in abgegriffenen Romanen aus der Leihbibliothek; man zieht eine mitgebrachte Zeitung aus der Tasche; junge Mädchen halten die Augen über kleinen Stickereien, sogar lange Strickstrümpfe gesetzter Frauen verbergen sich nicht. Wer von solchen Beschäftigun­gen nichts bei der Hand hat, mustert ge­lassen die Vorübergehenden und hört be­friedigt oder auch resignirt das Pro­gramm der Musik ab. Eine gewisse dumpfe Langeweile liegt auf diesen Ge­sichtern, und nicht ohne Grund. Man ist ermüdet vom Brunnentrinken, Pro- meniren, Baden, allen Pflichten des Cur- lebens; man ruht aus, ist seit vier Wochen der vielgestaltigen Masse nun schon so ge­wöhnt, daß man ihr im Ganzen nur noch wenig Aufmerksamkeit schenkt. Aber an dieses Concertpublikum schließt sich, dem Cursaal etwas näher, ein anderes, elegan­teres, wo man weniger der Musik lau­schen als sich unterhalten und sich glän­zend entfalten will. Hier sitzt mau auf Stühlen um kleine Tische bei Kaffee, Gefrorenem und anderen Erfrischungen,