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Reise - Erinnerungen.
Bon
Rudolf Lindau.
VII.
Aeile von Nagasaki nach Kakodate.
^er amerikanische Schranben- ^ dainpfer „Saint Louis", auf dem ich von Nagasaki aus am ! Sonnabend, dem 26 . October 1861 , in Gesellschaft seines Eigenthümers, Thomas Walsh, die Rundreise um Japan antrat, war ein schönes, schnelles Schiff, in dessen geräumiger und mit Eleganz ausgestatteter Kajüte wir uns auf das bequemste einrichten konnten. Die aus allen Welttheilen zusammengewürfelte Mannschaft von vierzig Matrosen wurde von einem alteü erfahrenen Schisfscapitän, deni Commandanten Robinet, befehligt; der Koch, eine sehr wichtige und angesehene Persönlichkeit, war ein Neger aus Amerika, ein gutmüthiger, schwatzhafter Bursche und einer der eitelsten Menschen und größten Lügner, die mir in meinem Leben begegnet sind. Er verbrachte beinahe ebenso viel Zeit vor dem Spiegel wie vor dem Herde und besaß einen wahren Schatz von car-
rirten Beinkleidern, seidenen Westen, buntfarbigen Cravatten und erstaunlichen Tuchnadeln mit Steinen so groß wie der Kohi- nur. Die Geschichten, die er von seinen Heldenthaten erzählte, waren überraschend. Er schreckte vor keiner Unwahrscheinlichkeit zurück, wenn er von seiner Tapferkeit und Kraft sprach; dabei konnte ihn der jüngste Schiffsjunge an Bord in Todesangst versetzen, wenn er ihm mit der Faust drohte; — aber er kochte gut, und man bereitete ihm eine große Freude, weun man eine besonders schwer zuzubereitende Speise bei ihm bestellte. Walsh war deshalb auch zufrieden mit ihm und schmeichelte ihm gern, indem er gelegentlich den eleganten Schnitt seiner Kleider bewunderte. Der Capitän, weniger rücksichtsvoll, nannte ihn selten anders als — Schönheit —, worüber der Koch sich regelmäßig ärgerte und gewöhnlich würdevoll erwiderte: „Mein ehrlicher christlicher Taufname ist Samuel, Herr!"