Heft 
(1881) 299
Seite
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Jllustrirte Deutsche Monatshefte.

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Nach der Ermordung der holländischen Schiffscapitäne Voß und Decker verlangte die japanische Regierung, Herr Heusken solle ferner nicht mehr allein ausreiten. Sie stellte eine berittene Escorte von vier Mann zu seiner Verfügung, die ihn immer begleiten sollte, um ihn, wenn er überfallen würde, beschützen zu können. Seitdem war Heusken bei seinen Spazier­ritten stets bemüht, sich von den Be­gleitern, die man ihm octroyirt hatte, fortzustehlen, und da er besser beritten war als diese und unverzagt über Hinder­nisse setzte, vor denen die japanischen Reiter rathlos Halt machten, so gelang es ihm häufig, sich seiner Escorte zu ent­ziehen.

Einer der Gouverneure von Aeddo, der bereits genannte Hori-Oribenokami, kam eines Tages in eigener Person zu Heusken, um ihn aufzufordern, auf seine gefähr­lichen Excursionen zu verzichten. Heusken antwortete nichtja" und nichtnein". Er war im Verkehr mit den Japanern ein japanischer Diplomat geworden und wußte einer bestimmten Erklärung aus dem Wege zu gehen. Aber Hvri war darauf erpicht, einen Bescheid zu haben und sich Gehorsam zu verschaffen. Er schrieb einen Brief an Herrn Townsend Harris und beklagte sich über Heusken's Benehmen. Die Straßen von Aeddo wären unsicher, sagte er in diesein Schrift­stücke, und da man die japanische Re­gierung für das Leben der Fremden ver­antwortlich machte, so müßten diese sich den von der Regierung für nothwendig erachteten Vorsichtsmaßregeln auch unter­werfen. Er, Hori, verbiete hiermit Herrn Heusken in aller Form, zukünftig allein auszureiten. Als Herr Townsend Harris seinem Secretär diesen Brief mit­theilte, bemerkte Heusken lächelnd:Der Mann hat ganz Recht!"

Am 10. Januar 1861 nahm Hori- Oribenokami, der der fremdenfeindlichen Partei angehörte, sich selbst das Leben, weil sein Vorgesetzter, der Minister Ando, sich geweigert hatte, gewisse Maßregeln zu billigen, die jener in Vorschlag gebracht hatte, um dieTodjin" aus Japan zu vertreiben.

Am 15. Januar wurde Ando auf offe­ner Straße von sechs Lonin überfallen. Der Angriff war ungeschickt ausgeführt

worden und mißlang. Die Lonin, die es auf das Leben Ando's abgesehen hatten, wurden von diesem selbst und von seinen Leuten niedergehanen. Man erkannte in ihnen ehemalige Vasallen des verstorbenen Gouverneurs Hori.

Dies ereignete sich, als Graf Eulenburg in Japan war, um den Vertrag zwischen Preußen und Japan abzuschließen. Heusken pflegte die Mitglieder der preußischen Mission, mit denen er auch geschäftlich als Dolmetscher zu thun hatte, fast täg­lich zu besuchen; nicht selten er bei ihnen zu Nacht und blieb dann bis zu später Stunde mit ihnen zusammen. Die Entfernung zwischen dem Tempel, in dem die preußische Mission ihren Aufent­halt genommen hatte, und der amerika­nischen Gesandtschaft, wo Heusken wohnte, war nicht unbedeutend. Heusken legte dieselbe nach Einbruch der Dunkelheit, wenn die Straßen sich geleert hatten, stets im Galopp zurück. Er meinte, auf diese Weise vor jedem Angriff sicher zu sein. Seine japanische Escorte kam ge­wöhnlich erst fünf oder zehn Minuten nach ihm in der amerikanischen Gesandt­schaft an.

Am 19. Januar, neun Tage nach dem Tode Hori's und kurz nach dem miß­lungenen Anfall auf den Minister Ando, war Heusken wieder einmal bis spät Abends bei den Mitgliedern der preußi­schen Gesandtschaft geblieben. Die Nacht war finster, es fror und die Straßen waren mit Glatteis bedeckt. Heusken, un­bekümmert darum, sprengte im Galopp davon. Zwei berittene japanische Offiziere, die ihn an jenem Abend begleiteten, folg­ten in langsamerer und vorsichtigerer Gangart und verloren ihn in der Dunkel­heit bald aus den Augen. Plötzlich hör­ten sie einen wilden Schrei. Schlimmes ahnend, setzten sie ihre Pferde in Galopp, bis sie an eine stark gewölbte hölzerne Brücke kamen, die so glatt war, daß die Pferde im Schritt hinübergeführt werden mußten. Unmittelbar hinter der Brücke sahen die Offiziere beim Licht ihrer Later­nen einen großen dunklen Körper, der be­wegungslos mitten auf der Straße lag. Es war Heusken's Pferd. Zwei furcht­bare Hiebe, der eine am Widerrist, der andere über das Kreuz, hatten das Thier todt zu Boden gestreckt. Wenige