Uordseelust und NordseelMphe.
Von
Prof. I)i>. F. W. Beneke.
n seinen „Reden nnd Aufsätzen" ? (Tübingen 1875), S. 360, schreibt Rümelin: „Von hundert Geborenen werden in Mitteleuropa dermalen nur achtzehn Menschen siebzig und nur elf fünfundsiebzig Jahre alt. Die Actien der Menschheit haben also ungefähr den (gegenwärtigen) Cours der spanischen Papiere, und der Historiker wie der Statistiker haben alle Ursache, zu glauben, daß ein höherer Cours in keinem früheren Zeitalter und Volke in weiterem Kreise erreicht worden ist."
Der Mediciner wird sich voraussichtlich vergeblich bemühen, die Zahl der Langlebigen in irgend erheblichem Maße zu erhöhen, und im Allgemeinen dürfte es kein Unglück sein, daß dem so ist. Denn in der größten Mehrzahl der Fälle ist die menschliche Maschine nach siebzig- bis achtzigjähriger ununterbrochener Thätig- keit so abgenutzt, daß der Werth ihrer Leistungen nicht mehr allzu hoch veranschlagt werden kann. Nur wenige glückliche Naturen bewahren auch noch im höheren Alter eine Frische und Leistungsfähigkeit, welche ihnen selbst nnd Anderen das Leben werthvoll erscheinen nnd zur Freude gereichen läßt.
Aber eine andere Frage ist es, wie die Papiere in den früheren Lebensdecennien stehen und ob die Erhöhung ihres Courses ^ in diesen nicht im Bereiche der Möglichkeit ! liegt; ob es mit anderen Worteil nicht ge- !
lingen kann, eine größere Anzahl von Leben bis zu einer höheren Anzahl von Lebensjahren hinzuführen und die Summe der zeitweilig vorhandenen gesammten menschlichen Arbeitskraft zu vermehren?
Von 10 000 Lebendgeborenen beiderlei Geschlechts lebten im preußischen Staate in den sechs Jahren 1859 bis 1864 am Schluß des fünften Lebensjahres nur noch 6723; am Schluß des neunten Lebensjahres nur noch 6392; des vierzehnten Lebensjahres: 6237; des neunzehnten: 6075; des neunundzwanzigsten: 5626; des neunnnddreißigsten: 5069; des neunundvierzigsten: 4382. Es sind dies relativ noch sehr günstige Zahlen. Aber sie sagen uns doch, daß die Hälfte der Geborenen bis zum vierzigsten Lebensjahre schon wieder aus dem Leben geschieden ist, ja daß von hundert Lebendgeborenen im zwanzigsten Lebensjahre nur etwa noch sechzig existiren. — Dem gegenüber ist allerdings die Frage berechtigt, ob solcher Verlust an Menschenleben und Arbeitskraft durch ein unwandelbares Naturgesetz bedingt ist nnd ob Kunst und Wissenschaft keine Mittel kennen, dem Verluste zu wehren!
Das Heer der Feinde, welches das menschliche Leben von der Wiege bis zur Bahre umlagert, ist verschiedenartig zusammengesetzt. Die medicinische Statistik unterscheidet in ihm ziemlich allgemein fünf Abtheilungen: drei größere und zwei kleinere. Die Stärke dieser Corps, um