Jllustrirte Deutsche Monatshefte.
636
wo ihm das Material ganz zur freien Verfügung gestellt sein wird.
Die Schlußfolgerungen im letzten Abschnitt befassen sich mit dem „Ursprung der Meteorite", mit der „Erdbildung" und mit der „Zukunft unseres Planeten". Hiermit wird die philosophische Naturforschung nicht bloß gestreift, es wird vielmehr ihr Gebiet sicheren Schrittes betreten, und zwar von einem Boden aus, dessen Festigkeit durch die photographischen Abbildungen auf einer Gesteinbasis von mikroskopisch geprüfter Untrüglichkeit verbürgt ist. Die hehre Gedankenbahn aus einem so beschaffenen Grnndbau in astronomische Zeit- und Raumsernen unterhält in maßloser Dehnbarkeit den stetigen Zusammenhang zwischen ihren Endpunkten, der sinnlichen Greifbarkeit einerseits und einer idealen Schlußfolgerung andererseits, deren Halt die irdische Wirklichkeit ist.
Auf diesem Gebiete trifft nun Hahn un- vermuthet einen Kampf- und Forschungsgenossen, welcher gleich ihm den Wall, an dem die Fluthen der Schöpfungstheorien sich bisher alle gestaut haben, durchbrochen hat. Es ist Preuß, der seine Lehre als eine durchaus neue, cousequente und in sich widerspruchsfreie bezeichnet, ein Vorzug, den auch Hahn für die seinige in Anspruch nimmt. Es gilt nun, auf dem Wege der Vergleichung nachzuweisen, daß Beide in allen Hauptstücken übereinstimmen und daß die wenigen Ausnahmen erhebliche Schwierigkeiten für eine befriedigende Ausgleichung nicht erkennen lassen.
Der alleinige Punkt, woran die Hebel mit Erfolg angesetzt werden konnten, war der für die Entstehung des organischen Lebens fertig vorausgesetzte unorganische Erdball. Preuß kehrt, wie vordem Co- pernicus, die Sache einfach um und stürzt die Herrschaft des alten Dogmas. Denn das Organische ist älter als die unorganische, durch Umsatz des Organischen entstandene Materie. Das Unorganische ist das Exorganische, nach Hahn's prägnantem Ausdruck „Leben vom Leben begraben".
Die Atomenlehre, welche darauf ausgeht, den Weltproceß zu erklären, müht sich vergeblich ab, weil sie die Entstehung der ersten Organismen von einer unorganischen, mechanisch zu Stande gekommenen Unterlage abhängig macht. Sie zersplittert sich in einander widersprechende Hypothe
sen, bis sie mit ihren Schlüssen sich dadurch in einem Zirkel verfängt, daß sie die Atome selbst gerade mit denjenigen Eigenschaften ausstattet, die sie an den Dingen zu erklären versucht. Dem ungeachtet birgt sie als die Stufe der Er- kenntniß, die den Schritt auf eine höhere ermöglicht, die Vorschule zu der neueu, durch die Meteorite erschlossenen Schöpfungslehre. Ist es ihr doch unverwehrt, den Bann des Zirkels mit einem kühnen Satz über die den Ausweg sperrende Irrlehre zu durchbrechen. Als solche erweist sich nächst dem Dogma von einem ans unorganischer Materie entstandenen Erdball die Begabung der Atome mit Eigenschaften, welche den schon entwickelteren Organismen, so weit diese der bisherigen Forschung als lebende oder als versteinerte bekannt sind, entlehnt wurden.
Welche Wege Philosophen und Physiker auch eiuschlagen mochten, um über die Vorstellung von Atomen sich zu verständigen, sie liefen im besten Falle darauf hinaus, daß die Atome, in Anbetracht der zugestandenen Planmäßigkeit ihrer ununterbrochenen Bewegungen zu moleculareu und Zellenbildungen, die Baumeister des Weltgebäudes und Ursprung des organischen Lebens seien. Zu diesem Zweck hat man sie mit Elasticität, ja mit Empfindung und mit sonst geistigen Zuthaten bedacht. Überschwängliche Vorstellungen dieser Art indessen leiden nicht so sehr an Trübung, daß sie nicht von dem Hintergrund eines ahnungsvollen, an der Wahrheit betheiligten Schanens durchschimmert wären. Da jedoch die Sprache aller sachlichen Bezeichnungen für solche Vorstellungen entbehrt und sogar im bildweisen Ausdruck hinter denselben zurückbleibt, so haben sie einen Spielraum, dessen Weite es erklärt, wenn feste wissenschaftliche Parolen nicht ausgegeben werden können. Unter diesen Umständen macht es keinen wesentlichen Unterschied, ob jenes erste unsagbare „Es" oder Etwas, aus dem die Schöpfung hervortrat, Aether oder sonst wie benannt wird. Hahn bedient sich mit Kant-Laplace des Sprachbehelfs „Dunstnebel", Preuß führt es als „Weltstoff" ein. Da nun die Atome von jeher ebenfalls in der Rolle des Weltstoffes aufgetreten sind, da ferner Preuß nur „organischen" Weltstoff kennt und da die den Atomen beigelegten Eigen-