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(1881) 300
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Roq nette: In

teurerin wieder zu erkennen, welche jüngst in Ems hatte von sich reden machen. Das war das hochblonde reiche Haar, die dunklen Augen und Brauen man vergaß dieses eigenthümliche Gesicht nicht, wenn man es auch nur einmal gesehen hatte; das war auch noch derselbe un­scheinbar schwarze Anzug! Paul erschrak. Wie war es erklärlich, dieses übel be­leumdete Mädchen hier und in der Ge­sellschaft Konradinens zu sehen. Er hatte nur einen kurzen Moment, die beiden Gestalten ins Auge zu fassen, denn sie erhoben sich, vielleicht ohne seine Nähe bemerkt zu haben, schlugen die entgegen­gesetzte Richtung durch das dichte Unter­holz des Waldes ein und verschwanden seinen Blicken. Paul gerieth in eine immer heftigere Bewegung. Nun siel ihm auch das Violinspiel, welches er vernommen, wieder ein, und er erschrak bei der Vermnthung, daß das in Ems zusammen genannte junge Bagabonden- paar unter den Gästen der Oberförsterei zu verstehen sei. Aber wie in aller Welt konnten sie in das bisher reine Haus aus­genommen werden? Waren sie abgerissen und bettelnd gekommen, und hatte man ihnen aus Mitleid eine Zuflucht gewährt? Aber das war wieder nicht zu denken, wenn die Tochter des Hauses mit der Fremden wie mit einer Freundin ver­kehrte. Eins stand ihm fest: wie die jungen Leute auch in das Haus gelangt sein mochten, die Familie kannte den Ruf des Mädchens nicht, sie wußte nicht, in welchen! Verhältniß es zu dem jungen Menschen gestanden. Paul hätte unver­züglich umkehren mögen, um die Familie zu warnen, den Ruf Konradinens zu wahren, der durch die Nähe einer solchen Person nur gefährdet werden konnte. Aber dann fiel ihm wieder die Zurück­haltung der Oberförsterin ein, mit der sie von ihren Gästen sprach, die Bedeu­tung, die der Oberförster der Rückkehr des

ga Svendson. 659

Freiherrn von Troll beizulcgen schien. Da war ein Geheimniß welches ihn mehr und mehr zu beschäftigen begann. Um­kehren, den unbefugten Warner spielen, durfte er doch nicht, da man ihn nicht in das Geheimniß gezogen hatte. Aber er wollte wiederkehren, bald, morgen schon, denn er fühlte auch wieder eine Verpflichtung, seine Freunde über das fahrende Volk, welches sich in irgend einer annehmbaren Weise eingeschlichen haben mochte, aufzuklären und das Haus vor Unannehmlichkeiten zu bewahren. Daß diese jungen Leute auch wohl besser, daß sie gar Geschwister sein könnten, fiel ihm nicht ein, nachdem der Leumund für sie bereits ein anderes Verhältniß ge­funden hatte, und auch Andere würden vielleicht nicht daraus gekommen sein, da eine Spur von Aehnlichkeit zwischen Bei­den nicht leicht zu entdecken war. Es ging Paul in seiner Beurtheilung, wie es auch sonst zu gehen pflegt. Anstatt die vom Vorurtheil übel Beleumundeten in der als gut erkannten Gesellschaft auch sofort in einem reinigenden und besseren Lichte zu sehen, fürchtet man von dem Einfluß der ersteren für diejenigen, welche man schätzt. Der Macht des Bösen wird eine größere Bedeutung beigelegt als der Macht des Guten.

Da nun die Begebenheiten dieser Ge­schichte sich dauernd in dem Waldgebiete von Eisenthal abspielen werden, uni sie bis zum Ausgang nicht wieder zu ver­lassen, ist es nöthig, das Haus und die Persönlichkeiten etwas näher zu betrachten. Die Oberförsterei lag in dem ebenen Grunde eines waldigen Thalkessels, der durch die leichteren Anhöhen der thürin­gischen Vorberge gebildet wurde. Der hohe Wuchs der Edeltannen, gemischt mit Eichen und Buchen, ließ die Umrisse der Hügelreihen schon als Gebirgslinien er­scheinen. Das Hans selbst stammte aus derJagdzeit", wie man sagte, nämlich

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