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Jllustrirtc Deutsche Monatshefte.
alle die Bäume und Pflanzen! Ich weiß nichts, gar nichts!"
Konradine ergriff lächelnd die Hand der Gefährtin. „Glücklich bin ich!" ent-
lobt sind wir nicht, aber wir wissen auch ohne Worte, wie wir zu einander stehen, und — die Eltern wissen es auch, ohne gefragt zu haben. Meinen Bruder nenne
gegnete sie. „Und Ihnen von Herzen ich ihn zwar, aber — ach! liebe Freun- gut! Aber mein Wissen ist nicht groß, ^ din, ich bin so Plauderhaft! Vielleicht und daß ich diese wenigen botanischen glauben Sie, daß ich Ihnen mein Ver- Namen behalten habe, ist nicht mein Ver- trauen zu früh schenke! Denn Sie selbst dienst! Das kommt von meinem Bruder, i sind so zurückhaltend —!"
Er hat sie mir so oft vorgesagt, sie so oft! Konradine schien über sich selbst etwas ausgesprochen, daß es ein Kunststück ge- ! beschämt, Inga jedoch, einer plötzlichen wesen wäre, sie nicht im Kopse zu be- leidenschaftlichen Regung folgend, fiel ihr
halten! Sie werden unseren Roderich auch kennen lernen. Wir begreifen nicht, wo er so lange bleibt, und erwarten ihn täglich. Einen Tag um den anderen sammle ich einen Strauß zu seinem Empfange und schmücke damit sein Zimmer, und immer muß ich den gewelkten erneuern. Aber was thnt man nicht um so einen schlimmen Bruder! Roderich ist nun einmal ein Mensch, wie es wenige giebt!"
Inga hatte den Namen Roderich nun schon öfter gehört, auch vernommen, daß er Naturforscher sei, eine Bezeichnung, bei welcher in ihrem Herzen stets ein Heller Lichtstrahl ansblitzte, um sofort wie-
um den Hals, indem sie unter Thränen rief: „Ich danke Ihnen! Ich danke Ihnen! Sie überhäufen die Fremde mit Güte! Ich will das Vertrauen erwidern, sobald — sobald ich ein Glück zn bekennen habe!" Konradine, überrascht durch diese Heftigkeit der Empfindung, erhob sich, in der Hoffnung, Inga durch Zerstreuung zu beruhigen. „Gehen wir heim!" sagte sie. „Ich zeige Ihnen Roderich's Arbeitszimmer und stelle dort meinen Strauß ans. Sie werden ein merkwürdiges Museum kennen lernen!"
Die beiden Mädchen traten den Heimweg mit sehr verschiedenen Empfindungen an. Konradine bereute in der That, in
der im Dunkel zu Erlöschen. Nach einer ihrem Vertrauen schon so weit gegangen Pause sagte sie: „Ja! Es ist ein Glück, zu sein. Es war geschehen in einer herzeinen Bruder zu besitzen! Mein Rolf ist ^ liehen Regung für Inga, von deren auch gut und brav!" Schönheit sie sich gefesselt fühlte, deren
„Gewiß, liebe Inga!" entgegnete Kon- Geschick — so weit sie es kannte — sie be- radine. „Aber unser Roderich — ich ^ mitleidete, in der sie bereits eine dauernde
will es Ihnen nur bekennen, Sie würden es doch einmal erfahren — Roderich ist nicht eigentlich mein Bruder. Die Eltern haben ihn vor meiner Geburt an Kindes statt angenommen. Aber wir sind als Geschwister ausgewachsen. Seitdem — hat sich Manches geändert." Das junge Mädchen erröthete ein wenig, indem es fortsuhr: „Wir wissen, daß wir nicht Geschwister sind und daß wir — von der Zukunft ein anderes Glück erwarten dürfen. Gesprochen ist noch nichts — ver-
Hausgenossin und Freundin erblickte. Sie war eine glückliche, rückhaltlose Natur. In guten Verhältnissen erwachsen, nirgend durch Regelloses beirrt, nach keiner Richtung mit ihren Wünschen ans Fernliegendes hingewiesen, war sie in ihrem Hause, in ihrem Thale, ihrem Walde überall daheim, und ganz daheim, und selbst das Glück der Zukunft konnte ihr, wie sie meinte, nur aus den heimischen Umgebungen erwachsen. Gleichwohl fühlte sie sich durch das Fremdartige der neuen Freun-