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Jllustrirte Deutsche Monatshefte.
worin er seine Ankunft für einen der nächsten Tage bestimmt meldete. Bevor er aber kam, erschien noch ein Besuch, den man nicht erwartet hatte. Die Gräfin Spach fuhr Nachmittags vor, ohne ihren Gatten, ganz allein. Ließ sie sich im Ganzen selten blicken, so stand sie mit Frau Volkmar doch auf gutem Fuße, neckte den Oberförster gern und nahm seine Neckereien nicht übel auf. Daß sie aber um diese Zeit und allein vorsprach, deutete die Hausfrau als Zeichen besonderer Absichten. Sie und ihre Tochter empfingen die Gräfin, Volkmar gesellte sich auf ein Weilchen zu den Damen. Auguste war klug und gewandt genug, ihre Unterhaltung nach dem Tone des Hauses zu richten. Ueberdies bedurfte es keiner besonderen Anstrengung dazu, denn sie hatte eine Art von Zuneigung zu der Oberförsterin — das Weltkind zu der würdigen Matrone; sie redete ziemlich offen zu ihr und wußte, daß sie immer die Wahrheit zu hören bekam. Nach kurzem einleitendem Gespräch wendete sie sich munter an Volkmar: „Wissen Sie auch, Herr Oberförster, daß ich in diesen Tagen eine Jagd eröffnen werde, gegen welche Sie selbst innerhalb der gesetzlichen Schonzeit keinen Widerspruch erheben dürfen?"
„Die Schonzeit gilt nur noch für Schwarz- und Rothwild," entgegnete der Oberförster; „Feldhühner und Wachteln dürfen Sie schießen."
„O! Feldhühner und Wachteln!" rief Auguste lachend. „Wer denkt an so gewöhnliches Wild? Ich lade zu ganz anderem Pürschgange ein, denn mein Wild ist nichts Geringeres als — der Frosch!"
„Der Frosch? Nun, den haben Sie frei, Frau Gräfin! Gehört nicht unter meine Controle. Wie wollen Sie den aber schießen? Mit Schrot? Kugeln? Büchse? Entenfliute?"
„Brauche nichts von alledem! Wir
haben eine Waffe, die eigens für die Froschjagd erfunden ist, aus Paris erhalten. Es ist eine Armbrust kleinen Kalibers, mit vollgerundetem Lauf. Den Pfeil vertritt ein Bolzen mit Metallspitze, etwa wie eine kleine Lanze, welcher hinausgeschleudert wird. Dieses Geschoß ist durch eine lange seidene Schnur an der Armbrust befestigt, so daß das getroffene Wild wie an einer Angelschnur aus dem Wasser gezogen werden kann. Wir haben neulich schoil unter uns probirt, es geht vortrefflich, und so werden die Jüngerin- nen Diana's sich nächstens vor Nimrod und seinen Gesellen produciren. Sie nehmen doch die Einladung an?"
Der Oberförster lachte und entgegnete, daß er den tollen Sport wohl ansehen möchte. „Aber," fuhr er fort, „wo soll denn die Jagd stattfinden? Graf Spach hat meines Wissens keinen Ueberfluß von Sümpfen aus seinem Gute."
„Leider hat mein dummer Mann keinen Froschteich! So werden wir die Jagd bei dem Baron Bornheim halten. Eigentlich war Paul Schellborn dazu verpflichtet, die Eiuladungen ergehen zu lasten, denn in seinem Park ist ein Froschrevier, wie es für die Jagd nicht besser gedacht werden kann. Paul ist aber ein ebenso ungastlicher als nichtsnutziger junger Cava- lier! In der Eile läßt er eine völlige Umkehr seines ganzen Hauses vornehmen. Gerüste auswendig und inwendig! So, daß er für sich selbst in der Officin ein Unterkommen gesucht hat. Ja, ich vermache, er ließe das Haus ganz niederreißen, um das Fest nur nicht geben zu müssen, und wer weiß, ob er nicht bereits Alles, was in seinem Garten quakt und hüpft, hat anfgreifen und versetzen lassen, damit ein Wildstand bei ihm gar nicht mehr gefunden werde!"
Auguste war in guter Laune und wußte durch ihren Jagdplan besonders den Oberförster zu belustigen. Als dieser in