Heft 
(1881) 300
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Inga Svendson.

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Roquettc:

erste Eindruck bestürzte ihn geradezu, aber ihre Förmlichkeit und Kühle kamen ihm zu Hülfe. So wußte er seine Bewegung zur Ruhe zu verweisen. Und nun war er von Mittag bis Abend fast unausgesetzt in ihrer Gesellschaft gewesen und hatte sie beobachtet, ohne sich den Anschein zu geben. Sie hat niemals für mich empfun­den, was ich für sie empfand, dachte er; und es ist vielleicht gut so! Oder wäre es ich habe ihr meine Neigung zu verhehlen gesucht, habe au mich ge­halten, daß nicht Worte, nicht Geberden noch Blicke mich verriethen, ich that nichts Uebles, wenn ich mich hastig zurückzog. Doch hat sie mich sicherlich auch nicht er- rathen. Unsere Begegnung mag ihr nichts als eine heitere Erinnerung sein, darum konnte sie den Eltern so unbefangen da­von erzählen. Es ging Roderich eigen. Daß Inga kleine Begebenheiten, die er als Geheimniß in sich geborgen, wie etwas Gleichgültiges weitererzählen konnte, hatte für ihn beinahe etwas Verletzendes. Ihre vermeintliche Kühle that ihm weh, und doch war ja auch sein Wille gewesen, kühl zu erscheinen, ja seine Regung ganz er­kalten zu lassen. Ein gewisser Trotz er­hob sich in ihm, nur erst leise und halb unbewußt, eine gewisse Lust zu vergelten, anzuziehen, zu gewinnen. Aber plötzlich erschrak er vor der Gefährlichkeit solcher Regungen, tadelte und schalt sich selbst, ja, es ballte sich ihm unwillkürlich die Faust gegen die eigenen pflichtwidrigen Gedanken. Die Nachtkühle umschauerte ihn, er schloß die Thür und warf sich noch ein­mal in den Sessel vor dem Tische. Es ist gut so, dachte er. Wir müssen ein­ander fremd bleiben. Und es ist gut, daß Konradine von unserer ersten Begegnung unterrichtet ist. So haben wir ihr nichts zu verschweigen. Und dachte er an Konradine, so trat sie ihm innerlich in keiner Weise zurück, sie blieb ihm so lieb, wie sie ihm immer gewesen war. Nicht

an die Zukunft dachte er, nur an die Gegenwart, und sein Denken war mehr ein unruhig wirkendes Arbeiten der Em­pfindungen, ohne das Festhalten oder Verfolgen eines Gedankens. Eine tiefe Stille aber lag um ihn her, und die Lampe war noch lange das einzige Licht im Hause, ja in dem ganzen von Dunkel­heit erfüllten Waldthale.

Auch über Jnga's Augen kam noch lange kein Schlummer. Auch sie sagte sich: Es muß vergessen werden! In dem ruhigeren Verhältniß zwischen Roderich und Konradine glaubte sie nicht zugleich innere Kühle zu sehen, sondern eine durch den Anstand gebotene Beschränkung, wie sie bei einem nun schon längeren Einver- ständniß durch stillschweigendes Ueberein- kommen Aller aufrecht erhalten wurde. Sie wußte um Konradiuens Liebe, sie er­sah ans so Vielem im Hause, daß die Eltern eine künftige Vereinigung der Kin­der als gesichert annahmen. Konradiuens Brautschatz an feinem Linnen lag fertig und wohlgeordnet in einem der großen Schränke, während in einem anderen allerlei Geräthschasten für den künftigen Haushalt gesammelt wurden. Nicht selten hatte sie dann wohl Bemerkungen gehört wie:Das ist nach Roderich's Geschmack," oder auch:Roderich hat wenig Sinn für diese Dinge." Am häufigsten kamen An­spielungen von Seiten des Vaters. Er schien eine frühe berufliche Stellung für Roderich gar nicht zu wünschen, und aus seinen Bemerkungen war zu entnehmen, daß er damit den Verlust auch der Toch­ter im Hause voraussetzte. Er sagte daun wohl im Gespräch anstatt:Roderich sollte"ihr solltet," oder anstatt: Mau könnte ihn künftig"man könnte euch künftig" in kürzerer Zeit aufsuchen oder dies und jenes zuschicken. So war nach Jnga's Ueberzeugung das Verlöbniß eine stille Thatsache, und daraus hin mußte sie ihre Stellung in der Familie,