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luft empfand er als wohlthätige Kühlung. Da fiel ihm ein, er könnte Paul Schell- born einen Gegenbesuch machen. Es war ihm plötzlich angenehm, ein Ziel zu haben, und so ließ er sein Rößlein traben. Bald sah er denn auch die Gerüste um das Hans und die Verwüstung, die der Neubau in der Gartenumgebung angerichtet hatte. Paul sprang ihm ans der Thür eines Wirthschaftsgebändes mit herzlichem Gruß entgegen. „Das ist brav von dir!" rief er. „Jetzt, wo alle Nachbarn mich fliehen und ich Niemand einladen kann, ist dein freiwilliger Besuch mir eine um so größere Freude!" Er führte seinen Gast in die Wohnung, in der er sich vorläufig nntergebracht hatte, und zwar in ein Zimmer, das gut und bequem genug ansgestattet war, in welchem aber auch Alles zusammengerafft stand, was ein junger Gutsherr und Jagdliebhaber um sich her braucht. „Es ist beinah ein Museum wie deins!" sagte er lachend. „Nur enger und weniger wissenschaftlich. Geht bei mir jetzt auch Vieles drunter und drüber, so ist mein Keller wenigstens in Ordnung, daß ich einen Gast, der sonst fürlieb nimmt, bewirthen kann. Du sollst dich Wundern, wie glänzend ich mich nach dieser Richtung ansgestattet habe!" Er hieß den Diener verschiedene Sorten zur Prüfung auftragen.
Roderich war es recht, daß Paul in gesprächiger Art auch in der Unterhaltung den Wirth machte. Er selbst fragte nach einigen Nachbarn, auch nach der Gräfin Spach, die er in der Jugend als Auguste von Troll gekannt, jetzt aber seit langer Zeit nicht gesehen hatte. „Sie war dir sehr zugethan!" sagte er. „Oder sie ist es auch wohl noch?" Paul lachte. „Sie kokettirt gern in der Gesellschaft!" entgeg- nete er. „Jetzt ist sie ärgerlich auf mich, auf die ganze Nachbarschaft. Aus der vielbesprochenen Froschjagd ist nämlich nichts geworden. Die Damen haben sich bei den Vorbereitungen dermaßen vernn-
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einigt, ja gezankt, daß keine mehr mit der anderen etwas zu thun haben wollte. ! Auguste hat sich übrigens noch am vernünftigsten dabei benommen." Roderich konnte die Gräfin nicht leiden, Paul aber vertheidigte sie. „Sie ist viel besser, als sie sich giebt, und Spach hat mehr Einfluß auf sie, als Beide vor den Leuten zeigen. Max ist ein guter Kerl und mehr als das, aber er hat bisher nicht recht den Drang gezeigt, als Herr aufzutreten. Thäte er es, ich glaube, sie wäre ganz zufrieden damit. Es wird wohl anders werden, wenn sie erst Mutter geworden ist. Er erzählte mir neulich mit großer Genugthnung, daß Aussicht dazu sei." — Nach einer Weile brachte Roderich das Gespräch auf den Neubau des Hauses. Er kenne den alten Familienkasten gar nicht wieder, sagte er; da wären Seitenflügel, ein neues Stockwerk, ein großes Portal mit Säulen und Freitreppe; das müsst ein schloßartiges, bedeutendes Bauwerk geben. Paul holte mit Vergnügen die Risse und Pläne herbei und begann sie zu erklären. Da war eine schöne Vorhalle, ein großer Saal und Wohnräume in großer Anzahl. „Bravo! du richtest dich auf eine starke Familie ein!" rief der Gast. Paul war einmal beim Auskramen und brachte Abbildungen für das Mobiliar, Tapetenmuster, ja ganze Bücher voll Proben zu Möbelstoffen, die man ihm geschickt hatte. Die beiden jungen Männer lachten selbst über ihre Beschäftigung, als sie in den letzteren blätterten. „Die Auswahl wirst du schließlich doch deiner künftigen Braut und Frau überlassen!" sagte Roderich. Paul aber, der ein paar Gläser Wein getrunken und sich in Erregung gekramt und gesprochen hatte, fühlte sein Herz weit werden und erklärte dem Freunde, daß er Konradinen liebe und sie einst heimzuführen hoffe.
Es war, als ob ein Vorhang vor Ro- derich's Augen zerrisst und ihm eine Aus-
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